# taz.de -- Präsidentschaftswahl in Malawi: Hoffen und Bangen | |
> Die Wiederholung scheint mit einem klaren Sieg der Opposition zu enden. | |
> Doch Wahlkommission und Regierungspartei zieren sich. | |
Bild: Wähler*innen am Dienstag in Thyolo bei der Stimmabgabe | |
BERLIN taz | Eigentlich war am Donnerstag früh in Malawi alles klar. | |
„Chakwera triumphiert“, schlagzeilte die Zeitung The Daily Times und | |
verkündete damit den Sieg der Opposition bei der Präsidentschaftswahl vom | |
Dienstag. | |
Malawische Websites und Radiostationen gaben reihenweise inoffizielle | |
Ergebnisse wieder: 59,7 Prozent, 60,1 oder auch 61 Prozent für Lazarus | |
Chakwera von der oppositionellen Malawi Congress Party (MCP), nur 38 bis 39 | |
Prozent für Amtsinhaber Peter Mutharika von der regierenden Democractic | |
Progessive Party (DPP). Sogar Mutharikas Pressesprecher gratulierte | |
Chakwera bereits zum Wahlsieg, ebenso Führer von Oppositionsparteien in den | |
Nachbarländern Sambia und Simbabwe sowie in Südafrika. | |
Doch ein offizielles Wahlergebnis ließ auf sich warten. Am Mittag | |
bestätigte Wahlkommissionschef Chifundo Kafale vor Journalisten zwar, die | |
Stimmauszählung sei abgeschlossen, erteilte aber einer raschen | |
Veröffentlichung des Ergebnisses eine Absage: Erst müssten sämtliche | |
Einsprüche der Parteien geklärt werden. Das weckt Befürchtungen, dass an | |
den Zahlen noch etwas gedreht werden soll. Normalerweise erhebt man gegen | |
ein Wahlergebnis erst Einspruch, wenn es vorliegt. | |
Unabhängig davon, wie sie ausgeht, ist Malawis Wahl 2020 ein historisches | |
Ereignis, und deswegen geht es um mehr als um die Frage, wer sie gewinnt. | |
Eigentlich war 2019 [1][Präsident Peter Mutharika] nach fünf Jahren an der | |
Macht bereits wiedergewählt worden – mit genau den 38 Prozent der Stimmen, | |
die er auch jetzt erhalten haben soll. | |
## Abstimmung neu angesetzt | |
Aber laut offiziellem Endergebnis war Oppositionsführer Chakwera bei nur 34 | |
Prozent gelandet. Das [2][Oberste Gericht] annullierte im Februar die Wahl | |
wegen nachträglicher Fälschung der Ergebnisprotokolle und setzte sie neu | |
an. | |
In ganz Afrika wurde dieses mutige Gerichtsurteil als starkes Signal gegen | |
Wahlfälschung bejubelt, und ganz Afrika blickt jetzt gespannt darauf, ob | |
der zweite Durchlauf klappt. Im Fokus steht die Wahlkommission, der das | |
Fiasko von 2019 angelastet wurde und die jetzt einerseits unter Druck | |
steht, eine korrekte Wahl abzuliefern, andererseits aber am liebsten den | |
Vorwurf entschärfen will, sie habe 2019 das falsche Ergebnis fabriziert. | |
Ob Malawi nun ein geordneter Machtwechsel oder eine politische Krise | |
bevorsteht, war am Donnerstagnachmittag offen. Die regierende DPP klagte | |
über Angriffe auf ihre Wahlbeobachter und verlautbarte, sie werde eine | |
Niederlage nicht anerkennen. | |
Die oppositionelle MCP forderte den Präsidenten auf, seine Niederlage | |
einzugestehen, und rief ihre Anhänger dazu auf, erst mal den Sieg nur zu | |
Hause zu feiern, nicht auf der Straße – bei einer Schwangerschaft feiere | |
man ja auch erst nach der Geburt öffentlich. | |
## Finstere Diktatur | |
Mit einem Wahlsieg Chakweras käme in Malawi die Partei zurück an die Macht, | |
die nach der Unabhängigkeit 1964 länger als ein Vierteljahrhundert eine | |
finstere Diktatur unter dem konservativ-christlichen Hastings Banda | |
errichtet hatte. 1994 verlor die MCP Malawis erste freie Wahlen. Sie fand | |
erst eine neue Perspektive, als Chakwera 2013 ihre Führung übernahm. | |
Chakwera war zuvor jahrzehntelang Chef der Pfingstkirche Assemblies of God | |
in Malawi gewesen. Die Assemblies of God sind die größte Pfingstkirche der | |
Welt mit Unterstützern quer durch alle politischen Lager; ihnen gehören | |
unter anderem der australische Premierminister Scott Morrison und wichtige | |
Figuren im Umfeld des brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro, aber auch | |
des äthiopischen Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreisträgers Abiy | |
Ahmed an. | |
Simbabwes Präsident Emmerson Mnangagwa sowie sein Vorgänger Robert Mugabe | |
stehen ihr ebenso nahe wie Simbabwes Oppositionsführer Nelson Chamisa, der | |
Chakweras Wahlsieg jetzt mit den Worten: „Der Herr hat Malawi einen Mann | |
Gottes gegeben“, bejubelt hat. | |
Im Wahlkampf war das Markenzeichen des 65-jährigen Chakwera die Rote Karte, | |
die er in den Himmel streckte als Zeichen, dass die Zeit des 82-jährigen | |
Lazarus Mutharika abgelaufen sei. Seine Anhänger kündigen bereits die Zeit | |
an, Malawi zu „säubern“ und zu „desinfizieren“. Möglicherweise erlebt… | |
Land vorher noch ein schmutziges Nachspiel. | |
25 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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heraus. |