# taz.de -- „Deutsche Welle“ entlässt Kolumnisten: Ein gefährlicher Präz… | |
> Ein brasilianischer Kolumnist kritisiert Präsident Bolsonaro. Die | |
> „Deutsche Welle“ beendet daraufhin die Zusammenarbeit mit ihm. | |
Bild: Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro | |
Im 18. Jahrhundert entwickelte sich der katholische Priester Jean Meslier | |
mit seinen Schriften über Religions- und Herrschaftskritik zu einem der | |
Vordenker der Aufklärung. Drei Jahrhunderte später sorgt die Abwandlung | |
eines seiner Zitate für Aufregung. | |
Mitte Juni schrieb der brasilianische Journalist J. P. Cuenca bei Twitter: | |
„Der Brasilianer wird nicht frei sein, bis man nicht den letzten | |
[1][Bolsonaro] mit den Eingeweiden des letzten Priesters der | |
Universal-Kirche erdrosselt hat.“ Eine plakative Kritik an der engen | |
Beziehung zwischen der Bolsonaro-Regierung und fundamentalistischen | |
Pfingstkirchen. | |
Cuenca erhielt daraufhin Hunderte Morddrohungen, wurde von | |
Bolsonaro-Unterstützer*innen angefeindet. Der Satz sei laut Cuenca als | |
kritische Satire zu verstehen und werde als Abwandlung häufig verwendet. | |
Eine Metapher eben. Dies wollte er in einem Text [2][für die Deutsche | |
Welle] klarstellen, für die Cuenca als Kolumnist tätig war. Doch dazu kam | |
es nicht. Die DW beendete die Zusammenarbeit und distanzierte sich bei | |
Twitter von „Hassdiskurs und Anstiftung zu Gewalt“. Cuenca habe mit seinem | |
Tweet gegen die Werte des Mediums verstoßen. | |
Dieser bezeichnete die Stellungnahme der DW als „verlogen, feige und | |
verleumderisch“ und will nun klagen. Der Sender mit Sitz in Bonn schweigt | |
seitdem. Das brasilianische Presse-Observatorium bezeichnete die | |
Kommunikationspolitik der DW als „katastrophal“. | |
Die Kommunikation ist nicht nur hochgradig unsouverän, sondern sie hat auch | |
einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen. Denn es drängt sich der | |
Verdacht auf, dass der Druck der Rechten ausschlaggebend für die | |
Entscheidung der DW war. Eingeknickt vor dem Bolsonaro-Mob? Vielleicht. Auf | |
jeden Fall zeigt die Episode, [3][wie erfolgreich Diffamierungskampagnen im | |
Netz agieren], um kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. Seit Langem | |
verbreitet das sogenannte Kabinett des Hasses über soziale Medien | |
systematisch Desinformationen und Hetze. Die vorschnelle Distanzierung der | |
DW von ihrem Kolumnisten bestätigt die Strategie der Rechten. | |
So ist es nicht erstaunlich, dass das Ende der Zusammenarbeit von ihnen | |
gefeiert wurde. Eduardo Bolsonaro, Präsidentenspross, schrieb auf Twitter: | |
„Glückwunsch Deutsche Welle. Es gibt noch Hoffnung für einige Teile der | |
Medien.“ | |
Mittlerweile hat sich die Deutsche Welle [4][zu den Vorwürfen in einer | |
Stellungnahme geäußert]. Die Deutsche Welle distanziert sich noch immer von | |
den Äußerungen des freien Mitarbeiters und verweist auf die eigenen | |
journalistischen Richtlinien. Für Gewaltaufrufe gebe es keine | |
Rechtfertigung, heißt es, „aus welcher ‚historischen‘ Verbrämung auch i… | |
sie sich ableiten.“ | |
30 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Proteste-gegen-Brasiliens-Praesidenten/!5687881 | |
[2] /Kritik-an-der-Deutschen-Welle/!5654402 | |
[3] /Krisen-in-Brasilien/!5690138 | |
[4] https://www.dw.com/de/deutsche-welle-in-eigener-sache/a-54011304 | |
## AUTOREN | |
Niklas Franzen | |
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