# taz.de -- Polizei in Mexiko: Schlecht bezahlt und gefährlich | |
> Viele mexikanische Polizisten arbeiten mit der Mafia zusammen. Dennoch | |
> erhielten sie Waffen von Heckler & Koch aus Deutschland. | |
Bild: Sogar der mexikanische Präsident hält die Hälfte der Polizisten in sei… | |
Wie die deutsche Regierung verhindern kann, dass deutsche Gewehre in Mexiko | |
in die falschen Hände kommen? Alejandro Cerezo hat darauf eine klare | |
Antwort. „Einfach keine Waffen mehr liefern“, sagt der mexikanische | |
Menschenrechtsaktivist, der in diesem Jahr den Aachener Friedenspreis | |
erhalten hat. | |
Für ihn ist klar: „Viele Polizisten arbeiten mit der organisierten | |
Kriminalität zusammen.“ Lokale, bundesstaatliche und föderale Beamte seien | |
in die Kartelle eingebunden, weiß er. Demnach verwundert es nicht, dass bei | |
der Festnahme von 25 kriminellen Polizisten aus dem Bundesstaat Guerrero, | |
die mit Marihuana gehandelt hatten, im April 2010 vier [1][G36-Gewehre von | |
Heckler & Koch] gefunden wurden. | |
In letzter Zeit sei aber vor allem die Bundespolizei, also der offizielle | |
Empfänger der gesamten Waffenlieferung aus dem Schwarzwald, durch hohe | |
kriminelle Energie aufgefallen, erklärt Cerezo. Der 30-Jährige verweist auf | |
eine Schießerei auf dem Flughafen von Mexiko-Stadt, bei der im Juni drei | |
Männer erschossen wurden. Täter und Opfer gehörten der föderalen Polizei | |
an. Ebenso jene 18 Personen, die im August außerhalb der Hauptstadt Schüsse | |
auf ein Fahrzeug der US-Botschaft abgegeben haben. | |
Nicht nur wegen solcher Vorfälle trauen die wenigsten Mexikanerinnen und | |
Mexikaner der Polizei über den Weg; selbst Präsident Felipe Calderón hält | |
die Hälfte der Beamten für korrupt. Die unteren Ränge erhalten einen sehr | |
geringen Lohn und sind deshalb darauf angewiesen, Bestechungsgeld zu | |
kassieren. Nur jedes zehnte Opfer eines Verbrechens geht zur Polizei, um | |
Anzeige zu erstatten. Schließlich sind die Beamten für viele gewalttätige | |
Angriffe selbst verantwortlich. In fast allen Regionen werden | |
Oppositionelle, Indigene und Kleinbauern willkürlich inhaftiert, gefoltert | |
oder verschwinden in den Händen der Sicherheitskräfte. | |
## 5.055 Beschwerden in 3 Jahren | |
Warum die deutschen Waffen dennoch an 28 Bundesstaaten geliefert werden | |
durften und das Bundesausfuhramt nur Chihuahua, Guerrero, Chiapas und | |
Jalisco ausschloss, ist schwer nachvollziehbar. In Veracruz agieren lokale | |
Beamte mit Kriminellen zusammen, um durchreisende MigrantInnen auszurauben. | |
In Oaxaca starben im Jahr 2006 mindestens 25 Demonstranten, viele von ihnen | |
durch Polizeikugeln. In Baja California verschwand letztes Jahr ein Mann, | |
nachdem er von Polizeibeamten festgenommen worden war. Im Dezember 2011 | |
wurden zwei demonstrierende Studenten in der Stadt Chilpancingo von | |
Polizisten erschossen. | |
5.055 Beschwerden gegen Polizisten und Soldaten gingen zwischen 2006 und | |
2009 bei der Nationalen Menschenrechtskommission ein. Genau in dieser Zeit | |
genehmigte das Bundesausfuhramt den Waffenexport aus Oberndorf. | |
Angesichts zunehmender Gewalt durch Polizeibeamte fordert die Deutsche | |
Menschenrechtskoordination Mexiko, die zahlreiche große NGOs vertritt, | |
einen generellen Exportstopp für Kriegswaffen in das Land. Die Ausfuhr sei | |
mit deutschen und europäischen Richtlinien nicht zu vereinbaren. Die | |
Bundesregierung verabschiedete bereits im Jahr 2000 Grundsätze für den | |
Export von Kriegswaffen. Demnach dürfen die Behörden ein Geschäft nicht | |
genehmigen, wenn hinreichender Verdacht besteht, dass die Waffen repressiv | |
gegen die Bevölkerung eingesetzt oder für andere Menschenrechtsverletzungen | |
missbraucht werden könnten. | |
Trotz dieser Vorgaben stellte die schwarz-gelbe Koalition 2011 in einer | |
Antwort auf eine kleine Anfrage der Linken klar: „Eine vollständige | |
Einstellung von Waffenlieferungen ist gegenüber Mexiko derzeit nicht | |
beabsichtigt.“ | |
22 Nov 2012 | |
## LINKS | |
[1] /Deutsche-Waffen-in-Mexiko/!105969/ | |
## AUTOREN | |
Wolf-Dieter Vogel | |
Wolf-Dieter Vogel | |
## TAGS | |
Mexiko | |
Waffenexporte | |
Heckler & Koch | |
Drogenkrieg | |
Mafia | |
Nachrichtenagentur | |
Heckler und Koch | |
Mexiko | |
Mexiko | |
Mexiko | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neue Nachrichtenagentur in Mexiko: Eigene Stimme für indigene Frauen | |
Die Nachrichtenagentur „Notimia“ kämpft gegen Diskriminierungen in der | |
Berichterstattung. Bei rund 68 Sprachen in Mexiko kein einfaches Ziel. | |
Illegale Waffengeschäfte mit Mexiko: Die Bauernopfer wehren sich | |
Heckler & Koch feuerte zwei Mitarbeiter, die ganz allein für illegale | |
Waffenlieferungen nach Mexiko verantwortlich sein sollen. Jetzt reagieren | |
die Geschassten. | |
US-Autor über Mexikos Drogenproblem: Amerika ist schuld | |
Der US-amerikanische Erfolgsautor Don Winslow über das verlogene Verhältnis | |
seines Landes zu einem globalen und im Kern innenpolitischen Problem. | |
Neuer mexikanischer Präsident im Amt: Straßenschlachten zum Start | |
In Mexiko kehrt die Partei der Institutionalisierten Revolution an die | |
Macht zurück. Präsident Peña Nieto wurde mit Protesten und Ausschreitungen | |
empfangen. | |
Deutsche Waffen in Mexiko: Zielsicher in die Krisenregion | |
Tausende Sturmgewehre von Heckler & Koch sind widerrechtlich in vier | |
mexikanische Bundesstaaten geliefert worden. Das sagt die | |
Staatsanwaltschaft. | |
Wahlergebnis in Mexiko: López Obrador fordert Annullierung | |
Der Linkskandidat wirft der Ex-Staatspartei PRI Stimmenkauf und zu hohe | |
Ausgaben vor. Aktivisten versuchen eine eigene Stimmzählung im Netz zu | |
organisieren. | |
Mexikos Präsident: Neues, altes Gesicht | |
Enrique Peña Nieto ist neuer Präsident Mexikos. Obwohl er als frisches | |
Gesicht präsentiert wird, ist er doch eng verbunden mit den alten, | |
korrupten Eliten. |