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# taz.de -- Podiumsdiskussion zum Israel-Boykott: Neues Minenfeld, alter Konfli…
> An der Berliner Volksbühne wurde am Donnerstag über den Israel-Boykott
> der Lobby-Organisation BDS diskutiert. Eine mühselige Debatte.
Bild: Krater einer Hisbollah-Rakete, abgefeuert aus dem Libanon, eingeschlagen …
Immerhin, die Diskussion blieb zivilisiert. Obwohl zum Auftakt der
Gesprächsreihe „Popkultur und Identität“ im Roten Salon der Berliner
Volksbühne am Donnerstagabend die Debatte „Boykott der Boykotteure?“ zum
Thema Israelboykott des BDS stattfand – ein Reizthema.
Neben Musikkurator Christian Morin saßen András Siebold, künstlerischer
Leiter des Hamburger Theaters Kampnagel, der Autor Aram Lintzel, die
Berliner Musikerin Barbara Morgenstern und der Londoner A&R-Manager Martin
Goldschmidt vom Label Cooking Vinyl, der in Ramallah das Musikfestival
P.M.X. organisiert, auf dem Podium.
Anlass ihres Gesprächs war die Boykott-Kampagne der Anti-Israel-Lobby BDS,
die im Sommer 2017 zu Eklats bei zwei von Morin mit-geplanten
Veranstaltungen in Berlin geführt hatte. Zunächst brachte BDS arabische,
britische und finnische MusikerInnen dazu, dem Festival Pop-Kultur in
Berlin fernzubleiben, weil auf dessen Homepage die israelische Botschaft
als Partner genannt worden war (diese hatte sich an Reisekosten einer
Künstlerin beteiligt).
Im Zuge dessen entschied sich die britische Künstlerin Kate Tempest, ein
mit Berliner MusikerInnen arrangiertes Auftragswerk abzusagen, das sie in
der Volksbühne aufführen sollte. Tempest unterstützt die Kampagne von BDS.
Im Vorfeld ihres Auftritts fühlte sich die Britin durch eine
[1][spiegel.de-Kolumne von Sybille Berg] beleidigt. Morin sprach von einer
Spirale, die sich mittels der sozialen Medien immer weiterschrauben würde.
Es gehe in der Debatte keineswegs um die Lösung des Nahostkonflikts. Jetzt
käme es darauf an, Wege zu finden, um aus der Sackgasse zu kommen.
## Besonders starker Druck
Dem entgegnete András Siebold, dessen Theater eng mit arabischen Künstlern
zusammenarbeitet, dass der politische Konflikt im Nahen Osten in der
hiesigen Kulturlandschaft immer aufgeheizter debattiert wird,
selbstverständlich auch, weil Araber ihre ablehnende Haltung gegen Israel
nicht verbergen, wenn sie auf die Bühne gingen, was wiederum besorgte
BesucherInnen auf den Plan rufe. Kampnagel veranstaltete etwa ein Konzert
mit dem Trio Joubran, drei Palästinensern aus Nazareth.
Selbst Details in der Ankündigung ihres Auftritts hätten sein Haus vor
Probleme gestellt: Die Musiker wehrten sich dagegen, als Israelis
bezeichnet zu werden. Siebold wies darauf hin, dass arabische Künstler bei
Auftritten hierzulande „unter besonderem Druck“ stünden.
Diesen Druck spürt auch Barbara Morgenstern, die als Chorleiterin mit Kate
Tempest auf der Bühne hätte stehen sollen, nur anders. Morgenstern, in
deren Chor Araber und Israelis singen, fand erstaunlich, welche Mächte
hinter der Boykott-Kampagne des BDS stünden und wie leicht diese „ein neues
Minenfeld“ in Deutschland eröffnen konnten.
## Keine Gesinnungsprüfung
Trotz allem bezeichnete Aram Lintzel den „Boykott der Boykotteure“, also
die Idee, britische Künstler zu boykottieren, die den BDS unterstützen, als
Schwachsinn. Er sieht auch keinen Sinn darin, diese einer Gesinnungsprüfung
zu unterziehen. Man müsse die politische Auseinandersetzung suchen, um die
Schlaufen zu unterbrechen.
Lintzel wies auf die doppelten Standards von BDS, wie die Organisation es
vermeide, Aussagen zu Hisbollah und Hamas zu treffen. Wie sie das
Existenzrecht von Israel „als Problem an sich“ ansieht. Als Einziger sprach
Lintzel Antisemitismus an: die Umdeutung von Boykott durch den BDS, obwohl
der Boykott jüdischer Geschäfte durch die Nazis ein Schritt Richtung
Holocaust war.
Der Manager Martin Goldschmidt, der regelmäßig in die Palästinensergebiete
reist und dort ein Musikfestival veranstaltet, warb darum, sich mit der
palästinensischen Perspektive auseinanderzusetzen. Er sprach vom
Gazastreifen „als größtem Gefängnis der Welt“, wolle die Hoffnung auf ei…
Lösung des Konflikts aber nicht aufgeben. Oftmals käme diese unerwartet,
siehe das Karfreitagsabkommen, das den Nordirland-Konflikt 1998 beendet
habe.
Dann sagte er jedoch, wenn das Logo der israelischen Botschaft von der
Homepage des Festivals Pop-Kultur entfernt würde, gäbe es keinen Ärger
mehr. Vom common ground, dem gemeinsamen Nenner, war am Donnerstag häufig
die Rede. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg, wie die mühsame Debatte und
ihr magerer Erkenntnisgewinn zeigten.
19 Jan 2018
## LINKS
[1] http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/selbstueberschaetzung-ein-wort-un…
## AUTOREN
Julian Weber
## TAGS
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