# taz.de -- Petersberger Klimadialog in Berlin: Die Reichen wollen nicht zahlen | |
> Der Petersberger Klimadialog sollte Vertrauen zwischen Staaten schaffen, | |
> damit es beim Klimaschutz vorangeht. Beobachter:innen sind | |
> enttäuscht. | |
Bild: Hoher Besuch: Kanzler Scholz und Außenministerin Baerbock mit dem ägypt… | |
BERLIN taz | Es gibt keine Klimakrisentreffen mehr, ohne dass das Wetter | |
die Dringlichkeit illustriert: Seit Wochen brennen in Portugal und Spanien | |
ganze Regionen, wird in Italien und Frankreich das Wasser knapp, auch in | |
Deutschland dominieren Hitzewarnungen die Nachrichten – und von Sonntag bis | |
Dienstag trafen sich die für internationale Klimapolitik zuständigen | |
Minister:innen von rund 40 Ländern in Berlin zum jährlichen | |
Petersberger Klimadialog. | |
Ergebnisse gab es keine. Das ist für sich genommen nicht einmal ein | |
Misserfolg, sondern liegt in der Natur der Konferenz. Das beeilte sich | |
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auch bei einer | |
Pressekonferenz im Anschluss an das Treffen zu erklären. | |
Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Petersberger | |
Klimadialog 2010 ins Leben gerufen, der damals auch auf dem | |
namensstiftenden Petersberg bei Bonn stattfand. Die Idee: ein informelles | |
Treffen ohne den Druck, zum Schluss ein präsentables Abschlussdokument | |
vorweisen zu müssen, wie es bei den offiziellen Klimakonferenzen der | |
Vereinten Nationen der Fall ist. | |
Stattdessen sollen sich wechselnde Regierungen zwischendurch einfach mal | |
über die großen Streitthemen austauschen, damit die richtigen Verhandlungen | |
dann einfacher werden. Von einem „Baustein, um Vertrauen zu schaffen“, | |
sprach die Außenministerin. Hat Baerbocks Klimadialog das denn geleistet? | |
Klimaschützer:innen sind enttäuscht. „Der Petersberger Klimadialog | |
bleibt hinter den Erwartungen zurück, jetzt schon Meilensteine für die | |
Klimaverhandlungen im November zu setzen“, beklagte sich Olaf Bandt, Chef | |
des Umweltverbands BUND. | |
## Knackpunkte finanzieller Art | |
„Wir stecken mitten in der Klimakrise, die schon jetzt weltweit | |
millionenfach die Lebensgrundlagen der Menschen zerstört, während | |
gleichzeitig die großen Wirtschaftsmächte beim Klimaschutz weiter viel zu | |
wenig tun“, sagte Jan Kowalzig, Klima-Experte bei der Hilfsorganisation | |
Oxfam. „Notwendig wären echte Impulse für die Klimapolitik gewesen – die | |
sind ausgeblieben“, meinte Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der | |
Umwelt- und Entwicklungsorganisation [1][Germanwatch]. | |
Was die drei meinen, sind vor allem die Verhandlungen über Geld. Denn die | |
Klimaverhandlungen scheitern normalerweise nicht an Beteuerungen der | |
Regierungen, man müsse der Erderhitzung Einhalt gebieten und das möglichst | |
bei [2][1,5 Grad] gegenüber vorindustriellen Zeiten. Das ist mittlerweile | |
Konsens. Die wirklich schwierigen Knackpunkte sind finanzieller Art. Die | |
Industrieländer haben dem Globalen Süden zum Beispiel 100 Milliarden | |
US-Dollar jährlich für Klimaschutz und Klimawandel-Anpassung versprochen, | |
und zwar schon ab 2020. Die Begründung dafür ist, dass die ärmeren Länder | |
erstens zu wenig Geld für diese wichtigen Zwecke haben – aber auch, dass | |
sie kaum zum Problem beigetragen haben. | |
Die Industrieländer haben hingegen beides im Überfluss: Geld und | |
klimaschädliche CO2-Emissionen. Geflossen ist das zugesagte Geld bislang | |
nicht vollständig. Wer daran schuld ist, ist umstritten. Wie die 100 | |
Milliarden zusammenkommen, wurde nämlich nie vereinbart. Und so läppern | |
sich die Summen hier und da zusammen, Regierungen kündigen immer mal wieder | |
Zahlungen an, wenn sich internationale Bühnen zum Thema bieten – wie zum | |
Beispiel der Petersberger Klimadialog. | |
## Unwetter führt zu Schuldenspiralen | |
Dabei ging es diesmal nicht voran. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach | |
zwar in seiner Rede über diese sogenannte Klimafinanzierung – wiederholte | |
aber lediglich noch einmal das Versprechen seiner Vorgängerin Merkel vom | |
vergangenen Jahr, die deutschen Zahlungen bis 2025 von rund 4 Milliarden | |
auf 6 Milliarden Euro zu erhöhen. „Dabei verschweigt er allerdings, dass | |
zumindest 2022 und nach bisherigen Plänen auch 2023 die Gelder im | |
Bundeshaushalt entgegen der Zusage gar nicht wachsen sollen“, kritisierte | |
Oxfam-Experte Kowalzig. | |
Zumindest nur in sehr geringem Maße. Abseits vom Gipfelparkett, in der | |
handfesten, verbindlichen Politik, zeigt sich das Versprechen also bisher | |
noch nicht. Dass es damit gebrochen ist, lässt sich damit allerdings auch | |
wieder nicht behaupten. Konkrete Zwischenschritte bis 2025 hatte Merkel | |
nicht festgelegt. | |
Dass es noch eine eklatante Finanzlücke gebe, kritisierte auch Ägyptens | |
Außenminister Samih Schukri, der als Co-Gastgeber auftrat. [3][Ägypten] | |
wird im November die nächste Klimakonferenz der Vereinten Nationen | |
ausrichten, auf die der Petersberger Klimadialog hingearbeitet hat. Er | |
sprach auch ein weiteres Streitthema an – wieder geht es um Geld. „Verluste | |
und Schäden sind ein dringliches Thema“, sagte er schon am Montag. Wenn die | |
Klimakrise im Globalen Süden für Zerstörung sorgt, etwa durch Unwetter, | |
treibt das die Menschen und Staaten in die Schuldenspirale. | |
Bislang zögern die reichen Länder aber mit Geld-Versprechen, weil sie Angst | |
haben, dass das eine vollumfängliche Haftung für die Klimakrise nach sich | |
ziehen könnte. Nur Schottlands Regierungschefin hat bislang eine | |
symbolische Summe für diesen Zweck versprochen, als sie vergangenes Jahr | |
die Klimakonferenz in Glasgow ausrichtete. Eine systematische Lösung ist | |
außer Sicht. „Viele Länder haben Glasgow frustriert verlassen“, sagte | |
Schukri. „Wir müssen daran arbeiten, in Zukunft, einen produktiveren Weg | |
einzuschlagen.“ | |
19 Jul 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.germanwatch.org/en | |
[2] /CO2-Emissionen-in-Deutschland/!5861856 | |
[3] /Klimawandel-in-Aegypten/!5641292 | |
## AUTOREN | |
Susanne Schwarz | |
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