# taz.de -- Parlamentswahl in Schweden: Der missglückte Flirt | |
> Im Vorfeld der Wahlen haben sich die konservativen Parteien den Rechten | |
> zu stark angenähert. Einzig echte Wahlgewinner sind nun die | |
> Schwedendemokraten. | |
Bild: Schwedendemokraten feiern ihren Sieg | |
Sollte man nicht versuchen, die Rechtspopulisten zu „neutralisieren“, indem | |
man ein wenig wird wie sie? Wie die [1][Parlamentswahl in Schweden] | |
beweist, geht dieses Rezept eben nicht auf. Nach dem vorläufigen Ergebnis, | |
das zunächst die amtierenden Sozialdemokraten vorne gesehen hat, sieht es | |
jetzt nach einem Regierungswechsel aus. Das aus vier Parteien bestehende | |
konservative Lager liegt vorne. Wirklich profitiert aber haben nur die | |
rechtspopulistischen [2][Schwedendemokraten]. | |
Der offene Flirt von Konservativen, Christdemokraten und Rechtsliberalen | |
mit den Schwedendemokraten hatte vor allem einen Effekt: Die WählerInnen | |
der Schwedendemokraten sahen sich bekräftigt, dass ihre Lieblingspartei die | |
ganze Zeit schon recht hatte und die anderen Parteien das nun auch endlich | |
eingesehen haben. Und wer unter den AnhängerInnen von Konservativen, | |
Christdemokraten und Sozialdemokraten schon früher nach dieser Partei | |
geschielt, aber noch gezögert hatte, ihnen seine Stimme zu geben, wählte | |
nun doch gleich das Original – wie der massive Stimmverlust aller drei | |
Parteien zeigte. | |
Wer sich beim Thema Law-and-order und Migration mit einer rassistischen, | |
demokratiefeindlichen und illiberalen Partei auf einen Wettbewerb einlässt, | |
hat nicht nur von vorneherein verloren. Er trägt auch dazu bei, dass diese | |
ihrerseits ihre Grenzen immer weiter verschiebt. Man will ja schließlich | |
sein Monopol behalten, wenn die Konkurrenz stetig näher rückt. Das gesamte | |
politische Spektrum wandert so mehr und mehr nach rechts. | |
Vielleicht ist es unvermeidlich, dass es in einer Gesellschaft mit ständig | |
wachsender sozialer Ungleichheit – die ja kein Naturgesetz, sondern | |
Resultat bewusster politischer Entscheidungen ist – ausreichend Nährboden | |
für eine rechtspopulistische Partei gibt, die in der [3][Migration den Kern | |
allen Übels sehen will. Der große Fehler ist jedenfalls die] Annahme, deren | |
Attraktion werde geringer, wenn man ihre Sichtweisen und Rezepte bestätigt. | |
Für den erneuten Stimmenzuwachs der Schwedendemokraten kann sich Jimmie | |
Åkesson in erster Linie bei Schwedens Oppositionsführer Ulf Kristersson | |
bedanken, der ihn als Steigbügel benutzen wollte, um selbst an die Macht zu | |
kommen. In Wirklichkeit hat er dem Projekt dieser Partei für eine | |
„nationalistische Kulturrevolution“ auf den Spuren eines Viktor Orbán nun | |
weiter nach vorne verholfen. Rechtsaußenparteien gewinnen nie die Macht aus | |
eigener Kraft. Dazu bedürfen sie immer der Hilfe anderer. | |
12 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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