# taz.de -- Pannen der Polizei beim G20-Gipfel: „Dennoch durchgeführt“ | |
> Der Entzug von Akkreditierungen geschah anhand von Listen, die das BKA | |
> längst zurückgezogen hatte. Die Polizei merkte das zu spät. | |
Bild: Manche PressevertreterInnen kommen bei G20 nicht durch die Absperrung | |
Drei verschiedene Listen, anhand derer Polizeibeamte beim G20-Gipfel in | |
Hamburg JournalistInnen nachträglich ihre Akkreditierung entzogen haben, | |
hätten niemals zum Einsatz kommen sollen. Das wusste selbst das | |
Bundeskriminalamt (BKA). Und zwar bereits an dem Tag, an dem es die Listen | |
ausgegeben hat. Trotzdem wurden sie nicht sofort vernichtet. | |
Das geht aus dem Fall des Greenpeace-Mitarbeiters Karsten Smid hervor. Er | |
war von Phoenix als Klimaexperte für ein Interview angefragt und | |
akkreditiert worden. Smids Name landete auf einer Liste zusammen mit | |
anderen, denen die Akkreditierung nachträglich entzogen werden sollte – | |
laut Bundesregierung wegen „Sicherheitsbedenken“. | |
Smid beantragte später Auskunft bei den Behörden. Wie in anderen Fällen | |
auch waren Daten über ihn bei der Polizei gespeichert – anscheinend ohne | |
rechtliche Grundlage: In den Datenbanken finden sich ein Fall von | |
Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte aus dem Jahr 2010, der wegen | |
Geringfügigkeit eingestellt wurde, sowie ein Fall von Hausfriedensbruch aus | |
dem Jahr 2017, bei dem Smid laut eigener Aussage das besagte Grundstück | |
selbst nie betreten habe. | |
Smids Name stand allerdings nicht auf der viel besprochenen Liste mit mehr | |
als 30 Namen – [1][sondern auf einer von zwei weiteren Listen mit je 82 | |
Namen]. Diese drei Listen waren vom BKA an den Einsatzabschnitt | |
Objektschutz der für den Gipfel eingerichteten „BAO Michel“ übergeben | |
worden. In einem Dokument des Landeskriminalamts (LKA) Hamburg zu Smids | |
Fall, das der taz vorliegt, heißt es, man habe am 7. Juli vom BKA die Liste | |
und die Anweisung erhalten, „die ausgeschlossenen Personen abzuweisen und | |
die Akkreditierung sicherzustellen“. | |
Dann sei deutlich geworden, „dass die Anfertigung der Liste nicht | |
rechtskonform war“ – das BKA zog die Anordnung noch am selben Tag wieder | |
zurück. Diese Anweisung galt für die kurze Liste ebenso wie für die beiden | |
langen. Offensichtlich habe diese Meldung die „vor Ort eingesetzten | |
Polizeibeamten aber nicht erreicht, so dass die o. g. Maßnahme dennoch | |
durchgeführt worden war“. | |
Die Pressestelle der Hamburger Polizei bestätigte, dass es am Abend des 7. | |
Juli eine Anweisung des BKA gegeben habe: Wegen „der fehlenden Einstufung | |
des Dokuments als Versschlusssachenanweisung“ seien die Listen nicht mehr | |
zu benutzen und zu vernichten. „In der Hochphase des Einsatzgeschehens […] | |
gingen im Führungsstab täglich mehrere tausend Einsatzinformationen auf | |
unterschiedlichen Kommunikationswegen ein, die allesamt innerhalb einer | |
sehr kurzen Zeitspanne gesichtet und bewertet werden mussten“, sagte ein | |
Pressesprecher. Deswegen sei die Anweisung „bedauerlicherweise nicht | |
umfassend umgesetzt worden“. | |
## Wo bleibt die Entschuldigung? | |
Als am folgenden Tag bekannt geworden sei, dass die Listen „weiterhin | |
irrtümlich“ benutzt wurden, habe der Führungsstab der Polizei Hamburg | |
Anweisung gegeben, sie „umgehend zu vernichten“. Teilweise habe das BKA sie | |
selbst vor Ort eingesammelt. Zu diesem Zeitpunkt war mehreren Personen die | |
Akkreditierung schon entzogen worden. Das BKA will sich mit Verweis auf | |
laufende Klageverfahren von Betroffenen nicht äußern. | |
Der Rückruf der Listen war bereits Ende August in der Antwort auf eine | |
Kleine Anfrage der Linken in der Hamburger Bürgerschaft thematisiert | |
worden. Offensichtlich hielten es aber weder BKA noch andere | |
Polizeibehörden für nötig, die Panne öffentlich aufzuklären. | |
„Das ist ein absolut dilettantisches Vorgehen“, sagt Smid. Auch sein Anwalt | |
Michael Günther ist entsetzt: „Dass die Polizei dermaßen unprofessionell | |
arbeitet, ist wirklich peinlich.“ | |
Parallel zu dem Entzug der Akkreditierung wurde gegen Smid ein Verfahren | |
wegen des Verdachts der Urkundenfälschung eingeleitet – wegen einer | |
angeblich gefälschten Akkreditierungskarte. Das Verfahren wurde inzwischen | |
auf Verfügen der Hamburger Staatsanwaltschaft eingestellt. „In den Akten | |
findet sich absolut nichts, was auch nur einen Anfangsverdacht stützen | |
würde“, sagt Rechtsanwalt Günther. Wie viele andere Betroffene wartet | |
Kersten Smid bis heute auf die von Bundespressesprecher Steffen Seibert | |
versprochene Entschuldigung. | |
18 Oct 2017 | |
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## AUTOREN | |
Dinah Riese | |
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