# taz.de -- Oxfam-Studie zum Klimawandel: Arme zahlen am meisten | |
> Laut Oxfam zwingt der Klimawandel jedes Jahr 20 Millionen Menschen zur | |
> Flucht. Entwicklungsländer und NGO fordern einen Klimafonds. | |
Bild: Hurrikan „Maria“ 2017 über der Dominikanischen Republik: Arme Insels… | |
BERLIN TAZ Mit neuen Daten zu Klimaflüchtlingen setzt zu Beginn der [1][25. | |
UN-Klimakonferenz] die Hilfsorganisation Oxfam die Regierungen unter Druck: | |
„Klimabedingte Katastrophen waren in den vergangenen zehn Jahren die | |
Hauptursache für Binnenflüchtlinge. Sie zwangen jedes Jahr 20 Millionen | |
Menschen, ihre Heimat zu verlassen – das ist eine Person alle zwei | |
Sekunden“, erklärt Oxfam zur Vorstellung eines neuen Berichts am Montag. | |
Der [2][Report „Forced from Home“], der am ersten Tag der Klimakonferenz in | |
Madrid veröffentlicht wird, bezieht sich auf Daten des renommierten | |
Internal Displacement Monitoring Centre in Genf, das seit 1998 Daten zu | |
Flüchtlingen sammelt, die innerhalb ihrer Heimatstaaten Zuflucht suchen. | |
Nach diesen Unterlagen ist es heute siebenmal wahrscheinlicher, wegen | |
Wirbelstürmen, Überflutungen und Waldbränden seine Heimat zu verlieren als | |
durch Erdbeben und Vulkanausbrüche. Eine Flucht vor Wetterextremen ist | |
demnach auch noch dreimal wahrscheinlicher als vor einem Konflikt. | |
[3][Betroffen sind demnach besonders arme Bevölkerungen], vor allem Frauen, | |
in armen Staaten. Sie lebten in schlechten Häusern auf unsicheren Böden und | |
ohne rechtliche oder finanzielle Absicherung und müssten zu Millionen bei | |
Unwettern ihre Heimat verlassen, hieß es. Am stärksten gefährdet sind arme | |
Inselstaaten wie Kuba, Dominica und Tuvalu. Dort sei es 150-mal | |
wahrscheinlicher, wegen Klimaschäden seine Heimat zu verlieren als in | |
Europa. | |
Aus diesem Grund hätten im Durchschnitt jedes Jahr zwischen 2008 und 2018 | |
fast 5 Prozent der Bevölkerung vor Unwettern das Weite gesucht. Zum | |
Vergleich: Das wäre so, als würden in Deutschland jedes Jahr 4 Millionen | |
Menschen wegen Umweltextremen umziehen. Ausgerechnet die Staaten, die oft | |
kaum zum Klimawandel beitragen, müssen die Kosten für solche Schäden allein | |
tragen. | |
## Industrieländer sollen zahlen | |
An diesem Punkt drängen die Entwicklungsländer und viele Umwelt- und | |
Entwicklungsgruppen bei der Konferenz in Madrid auf Fortschritte. Sie | |
fordern einen ständigen Fonds, mit dessen Mitteln „Verluste und Schäden“ | |
ausgeglichen werden sollen. Die Zeit dafür ist relativ günstig: Auf dem | |
Programm der Konferenz in Madrid steht eine Zwischenbilanz des | |
[4][Warschau-Mechanismus (WIM)], der diese Probleme ansprechen soll. | |
Bislang gibt es bei den Klimaverhandlungen nur Finanzzusagen an die armen | |
Länder für Emissionsreduzierungen und Anpassungen an den Klimawandel. | |
Ab dem Jahr 2020 sollen die Industrieländer dafür jährlich 100 Milliarden | |
Dollar zur Verfügung stellen. Von einem systematischen Ausgleich für | |
„Verluste und Schäden“ ist bisher nirgendwo die Rede. Den wollen die | |
Entwicklungsländer in Madrid erreichen. Umweltgruppen schätzen, dass zum | |
Ausgleich dieser Schäden eine jährliche Summe von zusätzlichen 50 | |
Milliarden Dollar notwendig wäre. Das Geld soll nach ihren Vorstellungen | |
durch eine neue Steuer auf die Förderung fossiler Brennstoffe und als | |
Schuldenerlass bei einer Katastrophe zusammenkommen. | |
## Die Ärmsten zahlen den höchsten Preis | |
Der Bericht „Forced from Home“ bringt Beispiele aus Ländern wie Pakistan, | |
Simbabwe oder dem Inselstaat Fidschi, wie der Klimawandel bereits jetzt die | |
Länder ökonomisch und finanziell belastet. Nach neuen Daten überschritten | |
die Schäden in der Dekade der 2010er Jahre zum ersten Mal die Schwelle von | |
1 Billion Dollar. Im Schnitt raubten sie den Ländern damit etwa 2 Prozent | |
des Nationaleinkommens, heißt es, für arme Inselstaaten seien es | |
„erstaunliche 20 Prozent“. | |
Chema Vera, Direktor von Oxfam, sagte zu dem neuen Bericht: „Unsere | |
Regierungen tragen zu einer Krise bei, die Millionen von Frauen, Männern | |
und Kindern aus ihren Häusern vertreibt, und die ärmsten Menschen in den | |
ärmsten Ländern zahlen den höchsten Preis.“ | |
2 Dec 2019 | |
## LINKS | |
[1] /COP25-in-Spanien/!5635392 | |
[2] https://www.oxfam.org/en/press-releases/forced-from-home-eng | |
[3] /Kolonialismus-und-Klimakrise/!5638661 | |
[4] https://www.bmu.de/themen/klima-energie/klimaschutz/internationale-klimapol… | |
## AUTOREN | |
Bernhard Pötter | |
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