| # taz.de -- Osteuropa-Historiker über Propaganda: „Ähnliche Muster früher … | |
| > Eine Vortragsreihe des Nordost-Instituts beleuchtet Medien und Macht im | |
| > östlichen Europa. David Feest über Propaganda in Geschichte und | |
| > Gegenwart. | |
| Bild: Armee-Werbung in Russland: „Wir haben sie damals gestoppt – und werde… | |
| taz: Herr Feest, was hat sich für Sie als Osteuropa-Historiker seit dem | |
| Einmarsch Russlands in die Ukraine geändert? | |
| David Feest: Der Krieg erschwert das Reisen und die Archivrecherchen. Doch | |
| er führt auch zu einer veränderten Perspektive: Wir werden das | |
| russländische Imperium zukünftig weniger vom Zentrum Moskau aus sehen! | |
| Sie beschäftigen sich in Ihrer Vortragsreihe mit Propaganda, wie hermetisch | |
| sind die Weltbilder, die da vermittelt werden? | |
| Propaganda ist die gerichtete Kommunikation zur Erreichung politischer | |
| Ziele – sie hat ein instrumentelles Verhältnis zur Wahrheit. Bei | |
| Aufenthalten in Russland wurde mir klar: Viele Menschen in Russland leben | |
| nach über 20 Jahren unter Putin in einer anderen Welt als wir im Westen, | |
| sehen vieles durchgehend anders. Uns am Nordost-Institut interessiert, wie | |
| diese von Propaganda geschaffene Welt funktioniert. | |
| Wie sehen Sie das Wechselverhältnis zwischen Krieg und Propaganda? | |
| Was wir jetzt, während des Krieges sehen, ist [1][eine aufgepeitschte Form] | |
| bereits existierender propagandistischer Behauptungen. Der Boden dafür | |
| [2][war längst bereitet.] | |
| Sie haben zur Zwangskollektivierung in Estland gearbeitet und halten einen | |
| Vortrag dazu. Wie versuchte die sowjetische Propaganda nach 1945 dort zu | |
| wirken? | |
| Man hat behauptet, die Kolchos-Ordnung sei effizienter als die | |
| Einzelhof-Landwirtschaft. Gleichzeitig kamen aus den russischen | |
| Grenzregionen hungernde bettelnde Menschen zu den estnischen Bauern. Diese | |
| sogenannten „Sack-Jungs“ dementierten durch ihr Betteln also die laufende | |
| Propaganda und deren falsche Versprechungen. | |
| Was hat die Komposition der achtteiligen Vortragsreihe bestimmt? | |
| Unser Propaganda-Thema umfasst historische, kommunikations- und | |
| kulturwissenschaftliche Aspekte. Wenn wir Polen 1920, Estland 1947 und | |
| Russland 2022 betrachten, ergeben sich ähnliche Muster in Geschichte und | |
| Gegenwart. Die wollen wir sichtbar machen. | |
| Der russische Schriftsteller und Dramatiker Wladimir Sorokin meinte | |
| kürzlich, wenn Russen Ukrainer töten und ihnen Gewalt antun, zeige das, | |
| dass nach 20 Jahren Putin’scher Propaganda die Menschen zu Zombies wurden. | |
| Ich stimme ihm zu. Auch wenn es durch die sozialen Medien kein | |
| Propaganda-Monopol mehr gibt, wird in totalitären Gesellschaften die | |
| Rationalität permanent unterhöhlt. [3][Das betreibt Putin offensiv.] Aber | |
| auch die Herrschenden sind abhängig von Informationen. Und im Krieg | |
| scheinen Informationen noch unsicherer als sonst. Clausewitz hat es | |
| treffend gesagt: „Drei Viertel derjenigen Dinge, worauf das Handeln im | |
| Kriege gebaut wird, liegen im Nebel einer mehr oder weniger großen | |
| Ungewissheit.“ | |
| 1 Nov 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Frauke Hamann | |
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