| # taz.de -- Olympia-Umfrage von Forsa: 55:64 – ein Ergebnis wie bestellt | |
| > Mit der Olympia-Umfrage betraute der DOSB ausgerechnet Forsa. Das | |
| > Institut steht seit Jahren wegen seltsamer Zahlen in der Kritik. | |
| Bild: Immer noch da: Osttor des Olympiastadions in Berlin | |
| Mehr als 50 Prozent für Berlin und Hamburg, die Hansestadt mit leichtem | |
| Vorsprung – so lauteten seit Wochen taz-interne Prognosen für das Ergebnis | |
| der Olympia-Umfrage des Deutschen Olympischen Sport-Bundes (DOSB). Weil es | |
| das ideale Resultat für den Verband ist: eines, mit dem der DOSB eine | |
| Entscheidung für beide Städte begründen und Jubel allerorten verkünden | |
| kann. In Hamburg sind nun angeblich 64 Prozent für die Spiele 2024, in | |
| Berlin 55 Prozent. | |
| Die Sportfunktionäre haben die Umfrage bei Forsa in Auftrag gegeben – einem | |
| Meinungsforschungsinstitut, das die taz schon mal als die Bild unter den | |
| Demoskopen bezeichnet hat. Beweise für Manipulationen bei Forsa gibt es | |
| nicht, aber das Misstrauen gegen die Zahlen des Instituts ist in den | |
| letzten Jahren in dieser Zeitung so gewachsen, dass das Inlandsressort | |
| grundsätzlich keine Zahlen von Forsa-Wahlumfragen veröffentlicht. | |
| Der lautstarke Forsa-Chef Manfred Güllner ist SPD-Mitglied, ein Anhänger | |
| der Agenda-Politik Gerhard Schröders. In Interviews lässt er kaum ein gutes | |
| Haar an innerparteilichen Kritikern eines wirtschaftsfreundlichen Kurses. | |
| Ausgerechnet unter dem SPD-Mann Güllner aber steht die Partei in | |
| Forsa-Umfragen seit Jahren so schlecht da wie bei keinem anderen | |
| Meinungsforschungsinstitut. | |
| Derzeit liegt sie bei 24 Prozent – 1 bis 1,5 Prozent unter den Werten von | |
| Infratest dimap, Emnid, der Forschungsgruppe Wahlen und Allensbach. | |
| „Güllner und die SPD – das ist die Geschichte einer enttäuschten Liebe“, | |
| schreibt der Medienjournalist Stefan Niggemeier. Seit dem Ende der | |
| Schröder-Ära hätten die Forsa-Zahlen für die SPD unter denen der | |
| Konkurrenzinstitute gelegen. | |
| Auffällig sind die SPD-Zahlen vor der Bundestagswahl 2013: Zwischen dem 19. | |
| Juni und dem 4. September lagen sie konstant bei 22 oder 23 Prozent. Das | |
| Emnid-Institut sah die SPD in diesem Zeitraum in neun von elf Umfragen bei | |
| 25 oder 26 Prozent, nur zweimal knapp darunter. Forsa hielt die | |
| Niedrigbewertung der SPD aber nicht durch: In den drei letzten Umfragen vor | |
| der Wahl stiegen die Sozialdemokraten zunächst auf 25, schließlich, zwei | |
| Tage vor dem Wahltermin, auf 26 Prozent. | |
| ## Das WASG-Dilemma | |
| Tatsächlich kam die SPD bei der Wahl auf 25,7 Prozent. Hatte Forsa also die | |
| zu niedrigen SPD-Zahlen kurz vor der Wahl den realistischen Werten | |
| angepasst, damit die Diskrepanz zwischen Umfragewerten und Ergebnis nicht | |
| auffiel? Oder hatte umgekehrt das Emnid-Institut die SPD den Sommer über zu | |
| hoch bewertet und lag kurz vor der Wahl eher zufällig richtig? | |
| Sicher ist jedenfalls, dass Forsa nicht zum ersten Mal weit niedriger als | |
| andere Institute bewertet hatte, um dann kurz vor der Wahl Richtung | |
| späteres Wahlergebnis umzuschwenken. 2006 betraf das die Berliner WASG, die | |
| damals in Konkurrenz zur Linkspartei antrat. Offensichtlich im guten | |
| Glauben hatten die WASGler ein halbes Jahr vor der Wahl eine Umfrage bei | |
| Forsa aufgegeben. Ergebnis: 10 Prozent konnten sich vorstellen, die Partei | |
| zu wählen. | |
| Damit ging die WASG an die Öffentlichkeit, Güllner warf ihr daraufhin in | |
| der taz vor, „getrickst“ zu haben. Schließlich hätten die Befragten nicht | |
| angegeben, die Partei sicher zu wählen, sondern nur von einer möglichen | |
| Entscheidung „irgendwann mal“ gesprochen. In den Monaten danach wurde die | |
| WASG in den Veröffentlichungen der Forsa-Umfragen in der Berliner Zeitung | |
| nicht mehr aufgeführt oder landete bei 1 Prozent, während sie Emnid bei 3 | |
| bis 5 Prozent führte. Eine acht Tage vor der Wahl veröffentlichte | |
| Forsa-Umfrage wies dann 2 Prozent aus. WASG-Wahlergebnis: 2,9 Prozent. | |
| Bei Wahlumfragen werden die Ergebnisse der telefonischen Befragungen nie | |
| eins zu eins veröffentlicht. Die Institute gewichten sie mit vermuteten | |
| langfristigen Trends und anderen eher subjektiven Einschätzungen. Hier | |
| liegt das größte Einfallstor für Fehler in den Umfragen. Bei Befragungen zu | |
| einzelnen Sachthemen ist der Manipulationsfaktor geringer, er liegt etwa in | |
| der Reihenfolge der Fragen oder der Auswahl der Angerufenen. | |
| Dennoch hat die taz mit ihrer internen Prognose recht behalten: Die 55 | |
| Prozent für Berlin und 64 für Hamburg sind ein Ergebnis wie vom DOSB | |
| bestellt. Die Frage, warum er Forsa mit der Umfrage betraute, beantwortete | |
| der DOSB bis Redaktionsschluss nicht. | |
| 10 Mar 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Reeh | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| Hamburg | |
| Berlin | |
| Forsa | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| Schwerpunkt Olympische Spiele 2024 | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Machtkampf beim IOC: Riskanter Alleingang | |
| Thomas Bach, Chef des Internationalen Olympischen Komitees, wird für seine | |
| Reformagenda hart attackiert. Und erhält reichlich Rückendeckung. | |
| Die Spiele in Berlin: Keine Eile, mehr Weile | |
| Führender Sportbund-Funktionär rät zur Vorsicht bei der Bewerbung für die | |
| Olympischen Spiele. | |
| Kolumne Über Ball und die Welt: Blatter will britisches Nationalteam | |
| Die Fifa will bei Olympia ein Fußball-„Team GB“. Das hat ökonomische | |
| Gründe, denn die Marke „englische Nationalmannschaft“ ist viel zu teuer. | |
| Kommentar Weltsportevent: Olympia braucht eine andere Vision | |
| Seit 1896 begleiten Zweifel die Olympischen Spiele: zu teuer, zu megaloman, | |
| zu fremdgesteuert. Ein verquaster Olympismus kann nicht die Lösung sein. | |
| Ergebnisse der Olympiabefragung: Hamburg deklassiert Berlin | |
| Die Befragung unter je 1.500 Menschen ergibt in Berlin 55 Prozent | |
| Zustimmung, in Hamburg 64 Prozent. Bündnis „NOlympia“ prophezeit Senat | |
| "schwere Zeiten“. | |
| Wirtschaftsforscher über Olympia: „Berlin wird nicht gewinnen“ | |
| Bewerbung für die Sommerspiele 2024 mit Berlin oder Hamburg? Zwei Ökonomen | |
| streiten über den wirtschaftlichen Nutzen des Events. | |
| Olympiadebatte, Teil 1: Turnen in schimmeliger Halle | |
| Der Breiten- und Schulsport in Deutschland braucht einen Schub. Aber kann | |
| Olympia, ein kommerzialisiertes Event, so ein Impulsgeber sein? | |
| Kommentar zur Olympia-Bewerbung: Die genialen Dilettanten | |
| Der Senat hat die Spiele und vor allem den dafür nötigen Bürgerentscheid im | |
| September nie gewollt. Das hat sich in den vergangenen Monaten immer wieder | |
| gezeigt. |