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# taz.de -- Olympiadebatte, Teil 1: Turnen in schimmeliger Halle
> Der Breiten- und Schulsport in Deutschland braucht einen Schub. Aber kann
> Olympia, ein kommerzialisiertes Event, so ein Impulsgeber sein?
Bild: Kann man beinahe riechen: müffelnde Sportschuhe in abgewrackten Turnhall…
Wäre es nicht wunderbar, wenn Sport in Deutschland endlich mal wieder etwas
mehr in den Fokus rücken würde? Mal wieder mehr als nur Fußball, Formel 1
und was das Fernsehen sonst noch werbeträchtig sendet. Sport als
gesamtgesellschaftliches Ereignis. 1972 hat Deutschland es geschafft, mit
den Spielen in München zu zeigen, dass den Deutschen eine Transformation zu
einer weltoffenen und modernen Gesellschaft gelungen ist. Die alten Spiele
von Berlin 1936 waren überwunden.
Angesichts der beklemmenden Phänomene, die durch deutsche Straßen pilgern,
täte der Geist von Olympischen Spielen im Sinne der Freundschaft, Toleranz
und Verständigung unserer Gesellschaft vielleicht gut. Die Debatte um
Olympische Spiele in Deutschland ist auch immer eng mit der Frage nach dem
Nutzen für den deutschen Sport insgesamt verbunden. Die Spiele sollen als
Motor der Innovation für den Sport dienen. Sei es die Sanierung von
Sportstätten bis hin zu Kinderturnen. Alle, also wirklich alle sollen davon
profitieren.
Schulsport nicht mehr nur als störendes Umziehen in stinkigen Umkleiden zu
sehen, um sich dann die verbleibenden 40 Minuten in Vierziger-Gruppenstärke
an fünf Turnmatten anzustellen mit einem Lehrkörper, der das Chaos zu
beherrschen versucht, das wäre schon mal etwas. Jedes zweite Kind kann in
Deutschland nicht mehr richtig schwimmen. In NRW wurde die Rolle vorwärts
gerade aus dem Lehrplan genommen, da das Verletzungsrisiko für die
Halswirbelsäule zu hoch sei. Bäder werden geschlossen, Sportstätten
vergammeln. Das alles sollen Olympische Spiele in Berlin oder Hamburg
ändern. Können sie das überhaupt? Wollen das die Verantwortlichen
überhaupt, ist die bessere Frage.
Seit Jahren sind die Probleme bekannt. Seit Jahren werden sie ignoriert
oder kleingeredet. Sport wird in unserer Republik oft nur als Zeit- und
Kostenfaktor gesehen. Als eine Art Luxus zwischen Effizienz und
Effektivität. Oder als öde Reproduktion des ohnehin in der Gesellschaft
viel zu präsenten Leistungsgedanken. Es gibt eine klassische linke
Sichtweise, die den Sport ablehnt, weil da ja nur der Leistungs- und
Wettbewerbsgedanke vorherrsche.
## Sport als Schlüssel für gesellschaftliche Probleme
Kommen wir doch mal alle auf den Teppich und schauen wir uns an, was Sport
alles bewegen kann. Nichts verbindet so viele Lebensbereiche wie Sport. Er
kann ein Schlüssel sein, um Probleme unserer Gesellschaft anzugehen. Es
gibt mittlerweile haufenweise seriöse Studien, die sich mit der geistigen
Entwicklung von Kindern befassen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass
körperliche Betätigung und die damit verbundenen kognitiven Anforderungen,
die an die Kinder gestellt werden, die geistige Entwicklung der Kinder
positiv beeinflussen. Sport und das Vereinsleben sind für Kinder und
Jugendliche ein Bereich, in dem sie soziale Kompetenzen vermittelt bekommen
sollen und im besten Falle auch anzuwenden lernen.
Dazu benötigen wir nicht zuletzt gute Trainer und Trainerinnen. Seit den
Spielen 1992 höre und lese ich von der Traineroffensive des deutschen
Sports. Ich frage mich langsam: Wann kommt die endlich bei uns an? Viele
meiner Trainerkollegen im Sport berichten über Arbeitsbedingungen, die
definitiv als prekär zu bezeichnen sind. Wer möchte es da Kollegen
verdenken, die Angeboten aus dem Ausland den Vorzug geben oder sich gleich
komplett in andere Arbeitsbereiche verabschieden?
Ein weiteres Stichwort wäre dann noch Gesundheit. Unser Gesundheitssystem
ächzt unter immensen Kosten der sogenannten Zivilisationskrankheiten.
Sport, sei es in der Schule oder in Vereinen, kann einen Teil dazu
beitragen, Kindern ein besseres Verständnis von gesunder Ernährung, einem
realistischen Körperbild und Training zu vermitteln.
Um all die positiven Dinge zu nutzen, die Sport bewirken kann, brauchen wir
einen Auslöser. Fraglich ist nur, ob ein Ereignis wie das kommerzialisierte
Event der Olympischen Spiele wirklich geeignet ist, diesen Wandel in der
Wahrnehmung zu schaffen. Oder ob es auch hier nur um den schönen Schein
geht, in dem sich die üblichen Politiker, Funktionäre und Geschäftemacher
in den nächsten neun Jahren sonnen dürfen.
9 Mar 2015
## AUTOREN
Imke Duplitzer
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