# taz.de -- Olympia-Teilnahme russischer Athleten: Bach und der Bann | |
> Das IOC berät über die Zulassung von Russland und Belarus zu den | |
> Olympischen Spielen von Paris. Im ukrainischen Sport ist man entsetzt | |
> darüber. | |
Bild: Bild ohne Zukunft: Olga Charlan auf der Planche | |
„Wünschen Sie uns viel Glück!“ Mit diesen Worten wandte sich Thomas Bach, | |
der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, in der vergangenen | |
Woche an das Publikum. In der Philharmonie von Essen sprach er zum Thema | |
„Olympia im Spannungsfeld von Sport und Politik“. Im Zentrum seiner | |
Ausführungen s[1][tand die Frage nach der Zulassung von Sportlerinnen und | |
Sportlern aus Russland und Belarus] zu den Olympischen Sommerspielen 2024 | |
in Paris. | |
Die Exekutive des IOC trifft sich in dieser Woche in Lausanne. Am Dienstag | |
steht die Frage der Wiederzulassung von Athletinnen und Athleten aus | |
Russland und Belarus, die seit Beginn des Angriffskriegs ihrer Staaten auf | |
die Ukraine vom internationalen Sportbetrieb weitgehend ausgeschlossen | |
sind, auf der Tagesordnung. Bach ließ keinen Zweifel daran, dass er die Tür | |
für Russinnen und Belarussen öffnen möchte. Er weiß, dass das umstritten | |
ist. Deshalb braucht er die guten Wünsche. | |
Für die über 250 Sportlerinnen und Sportler, die den kriegerischen | |
Angriffen Russlands zum Opfer gefallen sind, stellt sich die Frage nach | |
Glück im Leben nicht mehr. Auf das Schicksal jener Menschen wollte das Team | |
der Degenfechterinnen aus der Ukraine beim Weltcup am Sonntag im | |
chinesischen Nanjing aufmerksam machen. Ein Plakat mit Bildern der ums | |
Leben gekommenen Athletinnen und Athleten wurde ihnen umgehend abgenommen. | |
Mit „Angels of Sports“ war es überschrieben, Engel des Sports. | |
Es war der vielleicht letzte Auftritt ukrainischer Fechterinnen auf der | |
großen Bühne. [2][Mitte März hatte der Internationale Fecht-Verband | |
beschlossen], dass ab April wieder Teams aus Russland und Belarus an | |
Weltcup-Wettbewerben teilnehmen dürfen. „Ich fühle mich leer“, schrieb | |
daraufhin Olga Charlan, eine der erfolgreichsten Säbelfechterinnen der | |
letzten zwei Dekaden, auf Instagram. | |
## Verantwortung der Athleten | |
Der ukrainische Fechtverband machte klar, dass seine Sportlerinnen und | |
Sportler nicht antreten werden, wenn Teams aus Russland und Belarus | |
teilnehmen würden. Charlan, Olympiasiegerin von 2008, hat in diesen Zeiten, | |
in denen „die Bomben auf dein Haus und dein Land fallen, in denen du in | |
Luftschutzkellern leben musst“, kein Verständnis für diejenigen, die sagen: | |
„Athleten sind nicht verantwortlich“, oder: „Wir sind doch alle eine | |
Familie und sollten in Frieden miteinander leben.“ | |
Einer, der genau das predigt, ist Thomas Bach. „Die Geschichte wird zeigen, | |
wer mehr für den Frieden tut. Diejenigen, die versuchen, Grenzen offen zu | |
halten, oder diejenigen, die isolieren und spalten wollen“, hat er in Essen | |
gesagt und dabei den ukrainischen Sportlerinnen und Sportlern die Rolle als | |
Spalter zugewiesen. | |
Einmal mehr überhöht er die Rolle seiner Sportorganisation und inszeniert | |
das IOC als Friedensprojekt. Sein liebstes Beispiel dabei sind die | |
Olympischen Winterspiele von Pyeongchang 2018. [3][Damals trat eine | |
koreanische Mannschaft an], bei der man dem Team des Ausrichters Südkorea | |
noch ein paar Athletinnen aus Nordkorea beigemischt hatte. Ausgerechnet der | |
menschenrechtsverachtende Diktator Kim Yong Un hatte mit der Entsendung von | |
ein paar Sportlerinnen Bachs Idee von den Friedensspielen Nahrung gegeben. | |
Und ausgerechnet die Menschenrechte, um die sich Olympia nie schert, wenn | |
es um die Vergabe von Spielen etwa nach China geht, sind es nun, mit denen | |
das IOC für die Wiedereingliederung von Russinnen und Belarussen in die | |
Sportwelt wirbt. Zwei UN-Sonderberichterstatterinnen bezeichnen es als | |
diskriminierend, Menschen von Olympia auszuschließen, nur weil sie einen | |
bestimmten Pass haben. Alexandra Xanthaki, Sonderberichterstatterin für | |
kulturelle Rechte, und Ashwini K. P., Sonderberichterstatterin für | |
zeitgenössische Formen von Rassismus, Rassendiskriminierung und | |
Fremdenfeindlichkeit, liefern Bach die Argumente für einen Stopp des | |
Russenbanns. | |
## Militär im Trainingsanzug | |
Xanthaki hat ihre Vorstellungen von Diskriminierung über 200 Sportlerinnen | |
und Sportlern aus aller Welt vorgestellt und schreibt auf Twitter, dass es | |
vor allem im Globalen Süden große Zustimmung zu ihren Thesen gebe. Der | |
Großteil der Teams aus Russland und Belarus setzt sich aus Angehörigen von | |
Militär und Polizei zusammen, auch das ist für Xanthaki kein Problem. | |
[4][Wo denn die Grenze sei, wollte der ukrainische Skeletoni Wladislaw | |
Heraskewitsch,] der bei den Spielen in Peking 2022 ein Schild mit der | |
Aufschrift „No war in Ukraine“ in die Kameras hielt und seither als | |
Sportler, Aktivist und freiwilliger Unterstützer der Truppen unterwegs ist, | |
von Xanthaki wissen. | |
Sie hat einen Vorschlag für eine mögliche Regelung: „Alle Athleten, gegen | |
die schwerwiegende und substantielle Vorwürfe erhoben werden, sie hätten | |
Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen, einen Genozid | |
begangen und/oder Propaganda dafür gemacht, sollen ausgeschlossen werden.“ | |
Das müsste eigentlich das Olympia-Aus für die russischen Superzwillinge in | |
der rhythmischen Sportgymnastik, Dina und Arina Averina, bedeuten, die bei | |
der Stadionkundgebung zum Jahrestag der Krim-Annexion 2022 neben Putin mit | |
dem Kriegssymbol „Z“ auf dem Trainingsanzug aufgetreten sind. Man wird | |
sehen. | |
27 Mar 2023 | |
## LINKS | |
[1] /Russische-Sportler-bei-Olympia/!5916630 | |
[2] /Russlands-Rueckkehr-in-den-Weltsport/!5918605 | |
[3] /Olympische-Spiele-in-Suedkorea/!5481197 | |
[4] https://twitter.com/tribunaua/status/1640308405276483586 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
## TAGS | |
Olympische Spiele | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Ausschluss | |
Kolumne Russisch Brot | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Boxen | |
Fechten | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Russische Athleten bei Olympia 2024: Schande oder Chance | |
In Russland wird darüber diskutiert, ob man Sportler zu Olympia nach Paris | |
entsenden soll. Die Bedingungen des IOC gelten vielen als inakzeptabel. | |
Ukrainischer Athlet über IOC und Russland: „Sportler sollen keine Killer sei… | |
Das IOC will russische Athleten wieder zu Wettbewerben zulassen. Der | |
ukrainische Skeletonfahrer Wladyslaw Heraskewytsch kann das nicht | |
nachvollziehen. | |
Russlands Rückkehr in den Weltsport: Comeback als Neutrale | |
Das IOC ist für die Wiederzulassung von Athlet:innen aus Russland. Ob | |
sie zu Olympia nach Paris dürfen, bleibt offen. | |
Krieg in der Ukraine: Aufrüsten für eigene Offensiven | |
Moderne deutsche und britische Kampfpanzer sind in der Ukraine angekommen. | |
Analysten rechnen mit baldigen Offensiven durch Kyjiw. | |
Rückkehr Russlands in den Weltsport: Zwei Hymnen für die Russin | |
Anastasija Demurtschjan wird Boxweltmeisterin und muss zwei Mal zur | |
Siegerehrung. Die Titelkämpfe in Indien enden mit einem Aufreger. | |
Russlands Sport auf dem Weg zu Olympia: Der Traum der Majorin | |
Bald dürfen Russen und Russinnen wieder an internationalen Fechtturnieren | |
teilnehmen. Sportsoldatin Sofja Welikaja freut sich schon. | |
Russische Athleten bei Olympia: Schneller, höher, neutraler | |
Im Weltsport ist der Umgang mit russischen und belarussischen Sportlern | |
sehr unterschiedlich. Das spiegelt sich nun bei der Olympiafrage wider. |