# taz.de -- Oligarchie in Ungarn: Regime und Familienunternehmen | |
> Ungarn ist ein postkommunistischer Mafiastaat, den Clan-Loyalität statt | |
> Ideologie zusammenhält. So ein System kann sehr effektiv sein – aber auch | |
> besonders fragil. | |
Bild: Protest vor dem Hauptquartier der Fidesz in Budapest nach dem Rücktritt … | |
„Ich will nicht, dass Ungarn ein Familienunternehmen wird“, sagte Péter | |
Magyar, ein einflussreicher ungarischer Jurist, der bis vor Kurzem zu den | |
innersten Machtzirkeln der Macht in Budapest gehört hatte. | |
Er trat aber von all seinen Posten zurück, nachdem die Staatspräsidentin | |
[1][Katalin Novák ihren Rücktritt wegen des Skandals] um die Begnadigung | |
eines Mittäters in einem Kindermissbrauchsfall bekannt gegeben hatte. Auch | |
die frühere Justizministerin, Judit Varga, die mit Péter Magyar verheiratet | |
war, musste sich aus der Politik zurückziehen, obwohl sie als sichere | |
Spitzenkandidatin der Regierungspartei Fidesz für die kommenden | |
Europaparlamentswahlen galt. | |
Der ganze Skandal wird freilich nicht zum sofortigen Sturz des Regimes | |
führen. Péter Magyar sprach aber etwas an, was das Wesen des Regimes | |
betrifft: Eine mafiaartige Clique bemächtigte sich des ganzen Landes. | |
Ungarn ist im wahrsten Sinne des Wortes keine „Rule of Law“, sondern eine | |
„Rule of Man“, nämlich die formalrechtlich abgesicherte Herrschaft eines | |
einzigen Mannes. | |
[2][Ungarn] lässt sich in diesem Sinne als ein „postkommunistischer | |
Mafiastaat“ beschreiben, wie die These von zwei ungarischen Soziologen, | |
Bálint Magyar und Bálint Madlovics, lautet. Ein „Mafiastaat“ ist nicht ein | |
Staat, wo die Mafia versucht, den Staat zu unterwandern. Ein „Mafiastaat“ | |
ist vielmehr ein Staat, wo die Mafia selbst zum Staat wird, wo das Recht | |
für kriminelle Zwecke gesetzt und angewendet wird. | |
In einem „Mafiastaat“ gibt es keinen Konkurrenzkampf zwischen | |
unterschiedlichen Oligarchen. Alles ist einem einzigen kriminellen | |
Machtzentrum unterworfen. Ein solches System funktioniert „feudalistisch“: | |
Der „Herr“ steht an dessen Spitze, auch die „Oligarchen“ erhalten ihr | |
Vermögen von ihm. Nicht eine Ideologie, sondern die Clan-Loyalität hält das | |
System zusammen. | |
Ein solches System kann zwar sehr effektiv sein. Aber es kann auch sehr | |
rasch zerfallen, wenn diejenigen, die an der Macht sitzen, die Loyalität | |
aufkündigen und ihre Angst überwinden. | |
21 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Péter Techet | |
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