Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Obdachlosigkeit in Berlin: Sonnencreme für Obdachlose
> Hitze kann für obdachlose Menschen lebensbedrohlich werden. Der Senat
> stellt eine Million Euro für Hitzehilfeprojekte bereit. Bald wird
> aufgestockt.
Bild: Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) besucht das Gangway-Projekt am Alex
Berlin taz | Temperaturen bis zu 35 Grad, dann [1][plötzlich starke
Unwetter und Regenfälle.] Für Menschen, die kein Zuhause haben, waren die
Wetterbedingungen in Berlin in den letzten Wochen lebensbedrohlich.
[2][Ohne sicheren Rückzugsort kann nicht nur Kälte, sondern auch Hitze
tödliche Auswirkungen haben.]
Deshalb arbeitet der Straßensozialarbeitsverein Gangway daran, Obdachlose
vor der Hitze zu schützen. In Gebieten, in denen besonders viele Menschen
von Obdachlosigkeit betroffen sind, verteilen die
Sozialarbeiter*innen Wasser, Sonnencreme und Hygieneprodukte. „Das
ist ein Angebot, das in erster Linie Überlebenshilfe bedeutet“, sagt Juri
Schaffranek, Teamleiter von Gangway.
Mindestens drei Mal in den letzten Wochen sei eine obdachlose Person
aufgrund der Hitze so akut in Lebensgefahr geraten, dass ein Krankenwagen
gerufen werden musste. Schwerpunkte der Arbeit von Gangway sind die Gegend
um den Bahnhof Zoo, am Alexanderplatz und in Charlottenburg. 16
ausgebildete Sozialarbeiter*innen sind dort regelmäßig in
Zweierteams im Einsatz.
Der Senat fördert dieses und weitere Projekte mit 1 Million Euro. Weitere
Angebote, die gefördert werden, sind zum Beispiel der Duschbus für Frauen
oder der Tagestreff am Containerbahnhof. Im Tagestreff können obdachlose
Menschen sich auch tagsüber vor Unwettern oder starker Sonneneinstrahlung
schützen, wenn andere Notunterkünfte noch geschlossen haben.
## Mehr Geld für die Unterstützung von Obdachlosen
Berlins Senatorin für Arbeit und Soziales Cansel Kiziltepe (SPD) kündigt
an, dass für die Unterstützung von Obdachlosen im nächsten Jahr 3 Millionen
Euro zur Verfügung stehen werden. Das sei das Ergebnis der kürzlich
beendeten Haushaltsverhandlungen. Außerdem appelliert sie an die
Berliner*innen, die Hitzehotline zu wählen, wenn obdachlose Menschen
aufgrund der Hitze in Gefahr sind. „Die Hotline ist leider noch kaum
bekannt“, sagt Kiziltepe. Das müsse sich dringend ändern. Momentan würden
höchstens drei Anrufe pro Tag dort eingehen.
Juri Schaffranek von Gangway betont, wie wichtig es sei, obdachlose
Menschen zu fragen, ob und welche Hilfe sie benötigen. „Uns fällt immer
wieder auf, dass mit den Menschen gar nicht gesprochen wird“, erzählt er.
In medizinischen Notfällen sei es selbstverständlich wichtig, sofort einen
Krankenwagen zu rufen. Doch in anderen Situationen sollten Menschen erst
einmal Kontakt aufnehmen und nach konkreten Bedürfnissen fragen.
[3][In diesem, wie auch im letzten, Sommer können Menschen in einer
Notunterkunft in Schöneberg Schutz vor der Hitze finden.] Auch tagsüber
können sie sich dort aufhalten. Außerdem können die Duschen genutzt werden.
Fehlende Möglichkeiten, sich in Sanitäranlagen abzukühlen, seien eines der
Hauptprobleme, erklärt Schaffranek. Deshalb habe der Verein versucht,
Freibäder anzufragen. „Dort könnten obdachlose Menschen, nachdem die
anderen Besucher*innen gegangen sind, die Sanitäranlagen nutzen und
sich abkühlen.“ Doch die Bezirksämter hielten den Vorschlag laut
Schaffranek nicht für realistisch. Es gebe Bedenken wegen der
Hygienevorschriften.
## Forderung nach Soforthilfe
Schaffranek lässt das Argument nicht gelten: „Es geht hier um Soforthilfe.
Ich kann jetzt nicht ein halbes Jahr auf Hygieneauflagen warten.“ Auch
Sportvereine habe er angefragt. Dort wurden ebenfalls von den Ämtern
„Steine in den Weg gelegt“. Senatorin Kiziltepe versichert, dass sie die
Vorschläge des Vereins unterstützt und sich dafür einsetzen will, dass
diese umgesetzt werden können.
In den letzten anderthalb Jahren hätten die Sozialarbeiter*innen von
Gangway einen starken Anstieg an Obdachlosigkeit unter Jugendlichen
beobachtet. Lucia Preininger, Sozialarbeiterin bei Gangway, erklärt sich
die Entwicklung mit der voranschreitenden Gentrifizierung in den Bezirken.
Immer mehr Familien und junge Menschen können sich die Mieten nicht mehr
leisten und würden dann auf der Straße landen, so Preininger.
Die Arbeit sei wichtig, aber frustrierend, so Sozialarbeiter Phillip
Bauminger. „Wir können nur Symptombekämpfung machen“, sagt er. Das
eigentliche Problem hinter der Hitzebedrohung von obdachlosen Menschen sei
natürlich die Obdachlosigkeit selbst. Und die zu bekämpfen ist deutlich
schwieriger und langwieriger, als Wasserflaschen und Sonnencreme
auszuteilen.
27 Jul 2023
## LINKS
[1] /Unwetter-in-Berlin/!5946355
[2] /Hitzehilfe-fuer-Obdachlose-in-Berlin/!5869631
[3] /Obdachlose-in-der-Hitze/!5867331
## AUTOREN
Kajo Roscher
## TAGS
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Hitze
Wohnungslosigkeit
Wohnungslosigkeit
Hitzewelle
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Schwerpunkt Obdachlosigkeit in Berlin
Obdachlosigkeit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Wohnungslosigkeit in Berlin: Ein Haus für die Würde der Trinker
In Kreuzberg wird ein besonderes Wohnheim für Obdachlose 25 Jahre alt: in
der Nostitzstraße wird Alkoholsucht akzeptiert. Das klappt erstaunlich gut.
Lauterbach präsentiert Hitzeschutzplan: App-Warnung bei Lebensgefahr
In Deutschland sterben jährlich Tausende an extremer Hitze. Um die Zahl zu
senken, legt Gesundheitsminister Karl Lauterbach einen Hitzeschutzplan vor.
Obdachlosigkeit in Berlin: Mehr als ein Bett
In einer 24/7-Unterkunft in Berlin-Kreuzberg können Frauen auch tagsüber so
lang bleiben, wie sie wollen. Trotz Erfolg ist das Projekt gefährdet.
Obdachlose Menschen in Berlin: Mehr als eine Zählung
Die Union für Obdachlosenrechte Berlin stellt am Montag Ergebnisse einer
Befragung von Wohnungs- und Obdachlosen vor. Das Motto: Erzählen statt
Zählen.
Obdachlose in der Hitze: Schutzlos auf dem Asphalt
Der Sommer bringt obdachlose Menschen in Lebensgefahr. In Berlin
organisieren Stadt und Vereine Angebote der Hitzehilfe. Doch das reicht
nicht.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.