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# taz.de -- Nockherberg 2018: Jetzt trinken wir nochmal auf Horst
> Beim Starkbieranstich geht es um die CSU-Rivalen Seehofer und Söder, na
> klar. „El Marco“ als neuer Zampano schickt Horst in die Wüste.
Bild: Stephan Zinner als Markus Söder (r.) und Christoph Zrenner als Horst See…
München taz | Am Schluss ist er dann doch sentimental geworden, der
Seehofer. Nein, nicht wegen seines anstehenden Abschieds aus Bayern.
Sondern wegen Luise Kinseher, die kurz zuvor ihren eigenen Abgang verkündet
hatte. Achtmal hat sie hier auf dem Nockherberg die Mama Bavaria gegeben,
den Politikern die Leviten gelesen. Jetzt steht sie nach dem Schauspiel mit
Seehofer auf der Bühne und hört sich die Wehmut des Ministerpräsidenten an.
Der schwärmt von ihr, spricht gar von einer über die Jahre entstandenen
Bindung, bis die Kabarettistin ihm schließlich die Hand auf den Arm legt
und sagt: „Alles Gute in Berlin! Ich bleibe in Bayern.“ Und dann, zu
schnell, als dass Kinseher die Flucht hätte ergreifen können, beugt sich
Seehofer zu ihr herab und umarmt sie zum Abschied. Als er von dannen zieht,
fragt ein Journalist: „War das jetzt zu viel?“ Kinseher antwortet bestimmt:
„Ja.“
Aber so ist es auf dem Nockherberg. Dieses eigenartige einmal im Jahr
stattfindende Schauspiel hat seine eigenen Regeln. Nähe und Distanz, Gaudi
und Ernst, alles verschwimmt. Kurz zuvor hat sich Seehofers Nachfolger
Markus Söder – wie jedes Jahr – mit seinem Double Stephan Zinner und zwei
steinernen Masskrügen ablichten lassen und ein paar Meter weiter herzt die
bayerische SPD-Chefin Natascha Kohnen das ihre.
## Fastenpredigt und Singspiel
Kurze Erklärung für die, die man hier Preißn nennt: Eigentlich geht es bei
der Veranstaltung um Bier, genau genommen den Salvator, einen Doppelbock
mit fast acht Prozent Alkohol. Doch seit 1891 ist die Starkbierprobe
zugleich auch Schauplatz der Fastenpredigt und mittlerweile auch des
Singspiels. Und ein Straßenfeger: Rund zwei Millionen Zuschauer zählt der
Bayerische Rundfunk jedes Jahr an diesem Abend. Politiker, vor allem
anwesende, werden hier „derbleckt“ – wie es im bairischen Fachjargon hei�…
Es ist Hofnarrentum, Wahrheit, die nicht wehtut. In Wirklichkeit tut sie es
natürlich das eine oder andere Mal doch, aber dann gilt die eiserne Regel:
es auf keinen Fall zeigen!
Der Wilde Westen, Texas, muss im diesjährigen Singspiel als
Projektionsfläche für das Schauspiel herhalten, das bayerische Politiker
daheim und im Bund bieten. In der Ferne heult ein Kojote. Oberbürgermeister
Dieter Reiter residiert in der Town Hall, ein Kaktus dient als Maibaum, der
Totengräber als finsterer Einflüsterer. „Alles für Dahingeschiedene“ hat
der Bestatter im Angebot – wie man das abkürzt, liegt auf der Hand. „Die
glorreiche 7“ soll das Städtchen vor den Indianern schützen. Die Heimat
muss schließlich verteidigt werden. Heimat ist ein zentrales Motiv der
Story. „Dahoam ist die Heimat zu Hause“, singt Reiter. „Zuhaus’ ist dah…
zuhaus’ is daheim – zwengs am Reim.“ Kohnen sagt: „Ich habe meine Heimat
echt supergern.“ Und Söder resümiert: „Wer seine Heimat liebt, versiegelt
sie.“
An der Spitze des Heimatschutzes, klar, eben dieser Söder: El Marco, seines
Zeichens Revolver-, vor allem aber Maulheld. Aber dann ist da noch der
andere, „der von früher“, den man irgendwie nicht los wird. Irgendwann
greift El Marco zur Gitarre: „Sieh es ein, alter Chorst, du musst jetzt
gehen“, singt er. „Du durftest viel erreichen, nun solltest du dich
schleichen.“
Das Singspiel hat es nicht leicht in diesem Jahr. Die Maßstäbe, die der
bayerische Erfolgsregisseur Marcus H. Rosenmüller und sein kongenialer
musikalischer Partner Gerd Baumann in den vergangenen Jahren gesetzt haben,
sind sehr hoch. Die neuen Macher Richard Oehmann und Stefan Betz liefern
mit „Die glorreiche 7“ ein solides und vergnügliches Stück ab, wenn auch
weniger vielschichtig und musikalisch in einer anderen Liga. Ein bisschen
„Schuh des Manitu“, ein bisschen Bauerntheater.
Am Ende haben sie dafür einen wirklich überraschenden Gastauftritt in
petto: Da fallen nämlich tatsächlich die Indianer in Reiters Städtchen ein,
und zwar in Person des Halbblut Apanatschi – gespielt von Uschi Glas, die
dieselbe Rolle schon vor über 50 Jahren in einem der Winnetou-Filme
gespielt hat. Diesmal allerdings ist das Halbblut eine
Immobilien-Heuschrecke. „Heimat muss man sich halt auch leisten können“,
sagt sie.
Es gab so einige Überraschungen an diesem Abend, etwa auch dass Seehofer
und Söder jetzt befreundet seien, wie Kinseher in ihrer Fastenrede
berichtete. „Nicht miteinander, aber es ist schon mal ein Anfang.“ Zum
neuen Bundesheimatminister Seehofer meint sie: „Ich frag mich nur – wie
geht es da einem Oberlausitzer? Der Oberlausitzer denkt sich doch – kaum
ist der Russe weg, kommt der Bayer!“ Und dann heben alle im Saal noch
einmal die Krüge. „Jetzt trinken wir alle noch einmal auf den Horst“, sagt
Mama Bavaria. „Was Besseres kommt nicht nach.“
1 Mar 2018
## AUTOREN
Dominik Baur
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Markus Söder
Horst Seehofer
CSU
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CSU
Bundesregierung
Schwerpunkt Landtagswahlen
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