# taz.de -- Neuwahl von Richtern: Warten am Verfassungsgericht | |
> Die Neuwahl von sechs Richter:innen ist lange überfällig, einen | |
> Rücktritt gab es schon. Offenbar will die CDU der Linken keine | |
> Nominierung zugestehen. | |
Bild: Eingangshalle des Kammergerichtes Berlin | |
BERLIN taz | Das Berliner Landesverfassungsgericht ist seit Monaten | |
unterbesetzt. Wie erst am Freitag vergangener Woche durch einen Bericht des | |
RBB bekannt wurde, hatte Richterin Margarete von Galen bereits im Sommer | |
2023 um ihre Entlassung gebeten. Die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, | |
Cornelia Seibeld (CDU), hatte dem zugestimmt. Seitdem besteht das Gericht | |
nur noch aus 8 statt 9 Richter:innen. | |
Erschwerend hinzu kommt: 5 der 8 Richter:innen führen die Geschäfte seit | |
fast zweieinhalb Jahren nur noch kommissarisch. Ihre siebenjährige Amtszeit | |
endete, ebenso die von von Galen, bereits im Sommer 2021. Doch die Wahl | |
neuer Richter:innen durch das Abgeordnetenhaus – eine Wiederwahl ist | |
nicht vorgesehen – kam seitdem nicht zustande. | |
Bewegung in die Sache kam erst vor wenigen Tagen, als die | |
Fraktionsvorsitzenden von Grünen und Linken in einem Brief an CDU und SPD | |
die lange Hängepartie kritisierten. Sie schrieben: „Wir halten das für | |
nicht tragbar.“ Die Wahl neuer Richter:innen bedarf einer | |
Zweidrittelmehrheit der Stimmen im Abgeordnetenhaus, setzt also eine | |
Verständigung der demokratischen Parteien voraus. „Wir haben erwartet, dass | |
die größte Fraktion im Parlament in dieser Frage alle demokratischen | |
Fraktionen zu einem Gespräch einlädt“, hieß es von Grünen und Linke in | |
Richtung der CDU. | |
Weil sich die CDU-Fraktion aber seit ihrem Wahlsieg im Februar vorigen | |
Jahres nicht rührte, luden die beiden Oppositionsparteien selbst zu einem | |
Treffen für Dienstag dieser Woche ein. Darauf ging die CDU zwar nicht ein, | |
sprach aber nun ihrerseits eine Gegeneinladung aus. Erste Gespräche sollen | |
nach Informationen der taz demnach in der kommenden Woche stattfinden. | |
## CDU zögert | |
Grund für die Verzögerung war zunächst die Wahl zum Abgeordnetenhaus im | |
September 2021. Damals hoffte die CDU darauf, gestärkt aus der Wahl | |
hervorzugehen und womöglich die Besetzung von mehr | |
Richter:innenstellen für sich beanspruchen zu können. Üblich ist, dass | |
sich die Parteien – unter Ausschluss der AfD – auf ein gemeinsames | |
Wahltableau einigen. Die weitere Verzögerung resultierte aus dem Wahlchaos, | |
das schlussendlich zur Neuwahl vor einem Jahr führte. | |
Seitdem wurde die CDU nicht tätig, weil sie dem Vernehmen nach der Linken | |
keinen Wahlvorschlag zubilligen wollte. Schon Ende 2019 hatten die | |
Konservativen ohne Vorankündigung die damalige Linken-Kandidatin [1][Lena | |
Kreck bei der Wahl zur Verfassungsrichterin durchfallen lassen]. Die | |
Strategie der CDU aber geht nicht auf, weil die Grünen, die für eine | |
Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten benötigt werden, sehr wohl finden, | |
dass der Linken die Nominierung für eine der sechs zu besetzenden Stellen | |
zusteht. | |
Zwar ist das Gericht bis zu einer Einigung und einer Neuwahl weiterhin | |
arbeitsfähig, doch bei Verfahrensbeteiligten steigt die Ungeduld. Am | |
Dienstag beschwerte sich das Volksbegehren „Berlin autofrei“ über die | |
„Verzögerung der anstehenden Gesetzesprüfung“. Seit eineinhalb Jahren lie… | |
der [2][durch den Senat für verfassungswidrig beurteilte Volksentscheid], | |
für den in einer ersten Stufe 20.000 Unterschriften gesammelt wurden, zur | |
Prüfung bei Gericht. Berichterstatterin in diesem Fall war ausgerechnet | |
Margarete von Galen. Ein Nachfolger sei aber inzwischen benannt. | |
18 Jan 2024 | |
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## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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