# taz.de -- Neues Siegel für faire Kleidung: Grüner Knopf stößt auf Skepsis | |
> Unternehmen erwägen die Einführung des neuen staatlichen Siegels für | |
> nachhaltige Textilien. Doch hält es auch was es verspricht? | |
Bild: Die Arbeitsbedingungen in der Textilbranche sind oft miserabel | |
Der Grüne Knopf, das neue Siegel für nachhaltige Textilien von | |
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU), ist anscheinend auf der Zielgerade. | |
Erste Unternehmen sagen, dass sie mitmachen oder die Teilnahme ernsthaft in | |
Erwägung ziehen. [1][Der Grüne Knopf] soll in den Geschäften Produkte mit | |
besonderer ökologischer und sozialer Qualität für die Verbraucher*innen | |
sichtbarer machen. | |
„Lidl Deutschland steht der Idee des Grünen Knopfes aufgeschlossen | |
gegenüber“, sagte eine Sprecherin der Discountkette. „Wir können uns | |
vorstellen, ihn umzusetzen“, erklärte die Outdoor-Bekleidungsfirma Vaude. | |
Die Einzelhandelsketten KiK und Tchibo haben unter bestimmten Bedingungen | |
ebenfalls Interesse. Außerdem sollen sich Hess Natur, Otto und Rewe an den | |
vorbereitenden Diskussionen beteiligt haben. Diese Firmen wollten aber | |
keinen Kommentar abgeben. Müller sagte kürzlich, er starte im kommenden | |
Juli mit zunächst zehn Unternehmen. | |
„Der Grüne Knopf ist ein staatliches Meta-Siegel für sozial und ökologisch | |
nachhaltig produzierte Textilien“, heißt es im 36-seitigen Konzept aus dem | |
Entwicklungsministerium, das der taz vorliegt. Darin werden die | |
„Strukturen, Prozesse und Kriterien“ festgelegt. Teilnehmende Firmen müssen | |
einerseits Bedingungen auf Unternehmensebene erfüllen. Diese orientieren | |
sich am Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte. | |
Beispielsweise sollen sie kontrollieren, dass die sozialen Rechte der | |
Beschäftigten auch in ihren ausländischen Zulieferfabriken eingehalten | |
werden. Jedes Unternehmen ist verpflichtet, einen „Beschwerdemechanismus“ | |
einzuführen, damit Arbeiter*innen zu ihrem Recht kommen, keine Angst vor | |
Repressalien haben zu müssen. | |
Zusätzlich sollen die mit dem Grünen Knopf ausgezeichneten Produkte einige | |
Bedingungen erfüllen. In Betracht kommen Kleidungsstücke, die bereits | |
existierende Siegel wie Gots, Best, Fair Wear oder Fairtrade tragen. Gots | |
etwa bescheinigt die ökologische Qualität der Baumwolle. Das | |
Fair-Wear-Siegel besagt unter anderem, dass die Bezahlung der Beschäftigten | |
sich in Richtung existenzsichernder Löhne bewegt. Unklar ist, ob ein Siegel | |
reicht oder ob mehrere Zertifikate für ökologische und soziale Qualität | |
kombiniert werden müssen. | |
## Die Kriterien sind zu vage | |
Aber auch Textilhändler, die existierende Siegel bisher nicht verwenden, | |
können den Grünen Knopf erhalten. Dann sollen sie die Nachhaltigkeit ihrer | |
Produktion einzeln nachweisen. Unter den dafür genannten Kriterien ist von | |
existenzsichernden, also ausreichenden Löhnen jedoch keine Rede. Erwähnt | |
hat das Ministerium nur, dass die „gesetzlichen Mindestlöhne“ der | |
Produktionsländer einzuhalten sind. Diese liegen allerdings oft zu niedrig, | |
um den Arbeiter*innen ein vernünftiges Leben zu ermöglichen. | |
„Die Kriterien sind noch zu vage“, sagte deshalb Gisela Burckhardt von der | |
Kampagne für Saubere Kleidung. Außerdem sei es „nicht akzeptabel“, dass | |
Produkte, die innerhalb der EU gefertigt werden, automatisch den Grünen | |
Knopf erhalten könnten. Burckhardt verwies auf die zum Teil schlechten | |
Arbeitsbedingungen etwa in Bulgarien und Rumänien. Weiter betonte sie, dass | |
Müllers Siegel vorläufig nur für den letzten Schritt der Textilproduktion, | |
die sogenannte Konfektionierung, gelte. | |
Weil das neue staatliche Siegel vornehmlich bescheinigt, dass bereits | |
existierende Zertifikate eingehalten werden, bringt es allein keine | |
zusätzliche ökologische und soziale Qualität. Die Arbeitsbedingungen der | |
Beschäftigten in den Fabriken verbessern sich nicht unbedingt, wenn der | |
Grüne Knopf an einer Jeans hängt. Müllers Siegel kann allerdings dazu | |
beitragen, dass nachhaltige Produkte vermehrt gekauft werden. Dadurch mag | |
sich der Markt für sozial- und umweltverträgliche Textilien vergrößern. So | |
heißt es im Konzept des Ministeriums: „Der Grüne Knopf soll | |
Verbraucher*innen beim Einkauf Orientierung geben.“ | |
12 Apr 2019 | |
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[1] /Tchibo-Managerin-ueber-Textilbuendnis/!5583411 | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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