| # taz.de -- Neue Zahlen zum Höfesterben: Weniger Bauern trotz Subventionen | |
| > Die verbleibenden Höfe sind so groß wie nie zuvor, zeigt die neue | |
| > Agrarstatistik. Immer noch müssten die meisten Tiere dauerhaft im Stall | |
| > leben. | |
| Bild: Ferkel im Stall: Immer weniger Bauern halten immer mehr Schweine | |
| Berlin taz | Trotz milliardenschwerer Agrarsubventionen müssen immer mehr | |
| Bauernhöfe schließen. Die verbleibenden werden stetig größer, halten ihre | |
| Tiere meist unter umstrittenen Bedingungen, und der Frauenanteil ist extrem | |
| niedrig. Das zeigen erste Ergebnisse der alle zehn Jahre stattfindenden | |
| [1][Landwirtschaftszählung], die das Statistische Bundesamt am Donnerstag | |
| veröffentlicht hat. | |
| Demnach sank die Zahl der Höfe in Deutschland von 2010 bis zum vergangenen | |
| Jahr um 12 Prozent auf 263.500. Das bedeutet nicht, dass es hierzulande | |
| bald keine [2][Landwirtschaft] mehr gibt, wie teilweise bei Bauernprotesten | |
| gewarnt wird. Denn die Agrarfläche sank nur um 1 Prozent, stagnierte | |
| statistisch gesehen also. Die Tierbestände schrumpften lediglich gering. | |
| Die übrigen Betriebe übernehmen die Äcker, Weiden und Tiere der | |
| geschlossenen Höfe weitgehend. Deshalb hatten Schweinehalter im vergangenen | |
| Jahr im Schnitt 827 Schweine – rund 80 Prozent mehr als vor zehn Jahren. | |
| Die Fläche des durchschnittlichen Bauernhofs stieg um 13 Prozent auf 63 | |
| Hektar. „Damit sind die Betriebe so groß wie nie“, sagte Christoph Unger, | |
| Vizepräsident des Statistischen Bundesamtes. | |
| Das Höfesterben trägt dazu bei, dass der Reichtum ungleicher verteilt wird. | |
| Je größer die Betriebe sind, desto weniger Arbeitsplätze pro Hektar bieten | |
| sie auch. Von März 2019 bis Februar 2020 waren 936.900 Arbeitskräfte in der | |
| Landwirtschaft tätig. Das sind 13 Prozent weniger als vor zehn Jahren. | |
| Nur 32 Prozent aller Rinder werden auf der Weide gehalten. 2020 standen 79 | |
| Prozent der Schweine auf Vollspaltenböden, 12 Prozentpunkte mehr als | |
| zuletzt. Solche Böden sind perforiert, damit die Exkremente in einen | |
| Behälter darunter fallen können. Sie erhöhen aber das Verletzungsrisiko der | |
| Tiere. Immer noch haben die meisten Legehennen nie Auslauf im Freien. | |
| Trotz der Kritik an artenarmen „Maiswüsten“ bauen die Landwirte 26 Prozent | |
| mehr Silomais für Rinder oder Biogasanlagen. Diese Pflanze belegt 20 | |
| Prozent der Ackerfläche. Nur Getreide bekommt mehr Hektar. | |
| Diese Entscheidungen treffen vor allem Männer: Lediglich jeder neunte | |
| Betrieb wird von einer Frau geführt. Dieses Frauendefizit wird noch lange | |
| bestehen. Von den designierten HofnachfolgerInnen sind nur 17 Prozent | |
| weiblich. Immerhin sind das etwas mehr als 2010. | |
| Die Daten zeigen aber auch, wie viel die Europäische Union durch ihre | |
| jährlich rund 55 Milliarden Euro Agrarsubventionen bewirken kann: Vor allem | |
| seit die EU den Anbau von Hülsenfrüchten wie Klee, Erbsen und Sojabohnen | |
| fördert, ist deren Anbaufläche um 36 Prozent gestiegen. Solche Pflanzen | |
| reichern Nährstoff im Boden an, sodass zum Beispiel auf Kunstdünger | |
| verzichtet werden kann. Zu diesem Ziel tragen auch Zwischenfrüchte wie | |
| Klee, Senf oder Grünroggen bei, die nach der Ernte einer Hauptfrucht und | |
| vor der Aussaat der nächsten auf einem Feld angebaut werden. Sie werden | |
| ebenfalls von der EU begünstigt und vergrößerten prompt ihr Fläche um 66 | |
| Prozent – aber auf niedrigem Niveau: Hülsenfrüchte und Zwischenfrüchte gibt | |
| es immer noch auf nur 20 Prozent der Äcker. | |
| Ebenfalls auf niedrigem Niveau, aber stark gewachsen ist der Ökolandbau: | |
| Seine Fläche legte um 69 Prozent zu. Doch der Anteil am Agrarland insgesamt | |
| beträgt nur ein Zehntel. | |
| ## Agrarministerin Klöckner kritisiert Umweltschützer | |
| Auf der Agrarmesse Grüne Woche verteidigte Bundeslandwirtschaftsministerin | |
| Julia Klöckner die Bauern gegen Kritik von Umwelt- und Tierschützern. Die | |
| Branche verändere sich, sagte die CDU-Politikerin. „Es ist aber nie genug“, | |
| bemängelte Klöckner. Kritiker würden die Leistungen der Bauern nicht | |
| anerkennen, etwa dass sie weniger Pestizide einsetzten. | |
| Bestimmte Gruppen folgten in der Debatte einem „Wunschgefühl nach heiler | |
| Welt“. Die Diskussion sei oft durch eine städtische Sicht geprägt. Tier- | |
| und Umweltschutz müssten mit Ökonomie verbunden werden, und | |
| Ernährungssicherheit sei keine Selbstverständlichkeit. Klöckner betonte, | |
| „dass die CDU/CSU an der Seite der Bauern ist“. | |
| Das Agrarbündnis, ein Zusammenschluss von 26 Organisationen aus | |
| Landwirtschaft, Umwelt-, Tier- und Verbraucherschutz wies den Vorwurf der | |
| Ministerin zurück. „Wir kritisieren nicht die Bäuerinnen und Bauern in | |
| Deutschland, sondern die politischen Rahmenbedingungen“, sagte Phillip | |
| Brändle, Pressesprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft. | |
| Klöckner wolle von ihrer eigenen Verantwortung ablenken. Auch wenn | |
| beispielsweise die Überdüngung marginal gesunken sei, „es reicht eben | |
| nicht“. Klöckner müsse endlich eine Abgabe auf Fleisch und eine | |
| Subventionsreform durchsetzen, mit der Bauern eine tierfreundlichere | |
| Haltung finanzieren könnten. Keinesfalls würden zu wenige Nahrungsmittel | |
| produziert, sondern sie würden nicht richtig verteilt, ergänzte Antje | |
| Kölling, Abteilungsleiterin beim Bioverband Demeter. | |
| 21 Jan 2021 | |
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| [1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressekonferenzen/2021/LZ2020/lz2020-uebe… | |
| [2] /Landwirtschaft/!t5007831 | |
| ## AUTOREN | |
| Jost Maurin | |
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