# taz.de -- Nahostexperte über Angriff auf Israel: „Iran will keinen offenen… | |
> Der Angriff Irans auf Israel habe sich abgezeichnet, sagt Iranexperte Raz | |
> Zimmt. Jetzt sei entscheidend, wie Israel den Spielraum für Reaktionen | |
> nutze. | |
Bild: Attacke: Unterstützer*innen des Regimes in Teheran bei einer Kundgebung … | |
taz: Iran hat sich über viele Jahre ein dichtes Netzwerk aus | |
Stellvertretermilizen in Nahost aufgebaut, über die das Land Einfluss auf | |
die Region ausübt. Was hat Teheran dazu bewegt, diese Strategie zu ändern | |
und [1][das Risiko eines offenen Krieges mit Israel und den USA] zu | |
riskieren? | |
Raz Zimmt: Die Eskalation hat sich länger abgezeichnet. Seit Monaten | |
sterben bei mutmaßlich israelischen Angriffen in Syrien und dem Libanon | |
immer wieder hochrangige iranische Funktionäre. Der Takt und die Härte der | |
Angriffe nehmen zu und in Teheran mehren sich die Stimmen, die für ein Ende | |
der sogenannten strategischen Geduld sind. Der Luftangriff auf Teherans | |
Konsulat in Damaskus am 1. April, bei dem zwei Generäle der iranischen | |
Revolutionsgarden ums Leben kamen, war der Kipppunkt. Danach konnten sich | |
die Hardliner durchsetzen, die für einen direkten Gegenschlag ohne den | |
Umweg über die Stellvertreter in der Region, wie die Hisbollah oder Milizen | |
in Syrien und dem Irak, waren. | |
Was will die Führung in Teheran erreichen? | |
Es ist ein Dilemma: Iran will keinen offenen Krieg mit Israel und den USA | |
und hat sich seit dem Beginn des Gazakriegs zurückgehalten. Gleichzeitig | |
will die dortige Führung ihre militärische Abschreckung wiederherstellen, | |
die Israel in den vergangenen Monaten nicht davon abhalten konnte, | |
iranische Militärs außerhalb Irans anzugreifen. | |
Hat der iranische Schlag in dieser Hinsicht funktioniert? | |
Einerseits ist er gescheitert, weil Israel und seine Verbündeten fast alle | |
Flugkörper abfangen konnten. Andererseits war es möglicherweise gar nicht | |
das Ziel Teherans, Schaden anzurichten. Dafür spricht auch, dass sie nicht | |
auf Bevölkerungszentren gezielt haben. Auch ohne Treffer war der direkte | |
Angriff mit mehr als 300 Drohnen und Raketen so unerwartet und beispiellos, | |
dass er definitiv die israelische Gleichung verändert hat. Das nächste Mal, | |
wenn Israels Armee und Geheimdienste [2][die Tötung eines Iraners planen], | |
müssen sie die Möglichkeit eines direkten Gegenschlags einbeziehen. Diese | |
Botschaft ist angekommen. | |
Die iranische Führung erklärte nach dem Angriff, die Angelegenheit sei | |
„abgeschlossen“. Wie wird Israel darauf reagieren? | |
Die israelische Regierung muss auf solch eine Attacke antworten. Israel | |
steht vor demselben Dilemma wie Iran zuvor. Nicht zu reagieren, stellt die | |
eigene militärische Abschreckung in Frage. Doch einiges spricht gegen einen | |
unmittelbaren Gegenschlag. Da ist zum einen der Druck aus den USA, die | |
einen Gegenangriff nicht unterstützen. Präsident Biden soll das dem | |
israelischen Premier Netanjahu noch in der Nacht am Telefon mitgeteilt | |
haben. Zum anderen ist Israel nach wie vor mitten im Krieg in Gaza und hat | |
dort seine Ziele bisher nicht erreicht. Die israelische Führung hat seit | |
dem Hamasüberfall im Oktober weitestgehend versucht, zusätzliche Fronten zu | |
vermeiden. | |
Welche Stimmen gibt es dazu in der israelischen Führung? | |
Wer sich in dieser Frage wie positioniert, ist schwer vorherzusagen. Die | |
Entscheidung liegt beim fünfköpfigen Kriegskabinett. Extreme Hardliner wie | |
der Sicherheitsminister Itamar Ben Gvir, der bereits öffentlich zu einem | |
Gegenschlag aufgerufen hat, sind dort nicht vertreten. Mitglieder wie der | |
ehemalige Oppositionsführer Benny Gantz oder der frühere Armeechef Gadi | |
Eizenkot haben im Gazakrieg bereits mehrfach moderatere Positionen bezogen. | |
Das muss jedoch nicht für Iran gelten. | |
Ist eine nicht militärische Antwort auf Irans Angriff vorstellbar? | |
Als Israel 1991 von Saddam Hussein aus dem Irak mit Raketen beschossen | |
wurde, hat die Regierung nicht militärisch zurückgeschlagen, dafür gibt es | |
also Beispiele. Doch damals gab es gute Gründe: Unter anderem hätte es die | |
Mitwirkung der arabischen Staaten in der US-Koalition gegen Bagdad | |
gefährdet. Auch diesmal äußern sich die USA deutlich gegen einen | |
militärischen Gegenangriff auf Iran. Dennoch halte ich einen Verzicht auf | |
eine militärische Antwort für unwahrscheinlich. Die israelische Führung hat | |
aber Spielraum: Der Gegenschlag muss nicht sofort stattfinden und er muss | |
sich nicht zwangsläufig gegen Ziele in Iran richten. Möglich wären zum | |
Beispiel weitere Angriffe auf iranische Einrichtungen in Syrien oder | |
Geheimdienstaktionen. | |
15 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Felix Wellisch | |
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