# taz.de -- Nach Überflutungen in Libyen: Totenzahl in Darna steigt weiter | |
> Laut UN sind mindestens 11.300 Menschen gestorben, 10.100 werden | |
> vermisst. Die schlechte Versorgung mit Trinkwasser bereitet weitere | |
> Sorgen. | |
Bild: Darna: Ein Retter arbeitet an einem beschädigten Gebäude | |
DARNA afp | Mehr als 21.000 Tote und Vermisste, gewaltige Zerstörung und | |
ernsthafte Probleme bei der Trinkwasserversorgung – eine Woche [1][nach der | |
Überflutung von Darna] ist die Lage in der libyschen Küstenstadt weiterhin | |
katastrophal. Die UNO hob ihre vorläufigen Angaben zur Opferzahl in der | |
Nacht zum Sonntag deutlich an: Demnach [2][starben in der | |
100.000-Einwohner-Stadt] mindestens 11.300 Menschen, etwa 10.100 Menschen | |
würden noch vermisst. | |
Das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Hilfe (Ocha) berief sich bei | |
den Angaben auf Informationen des libyschen Roten Halbmonds. Es sei damit | |
zu rechnen, dass die Opferzahl im Zuge der unermüdlichen Suche nach | |
möglichen Überlebenden weiter steige, hieß es weiter. Nach Angaben der | |
Internationalen Organisation für Migration (IOM) waren wegen der | |
Überflutungen mindestens 40.000 Menschen im Nordosten Libyens auf der | |
Flucht. | |
Das Sturmtief „Daniel“ hatte am Sonntag vergangener Woche [3][heftige | |
Überschwemmungen im Osten Libyens] angerichtet. Die Küstenstadt Darna wurde | |
besonders schwer getroffen, da dort zwei Flussdämme brachen. Die Wucht der | |
Wassermassen war mit der eines Tsunamis vergleichbar. Außerhalb von Darna | |
zählte die UNO weitere 170 Todesopfer. | |
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte zuletzt erklärt, dass in dem | |
Katastrophengebiet bislang 3958 Todesopfer geborgen und identifiziert | |
worden seien. 9000 weitere Menschen würden noch vermisst. Der | |
Gesundheitsminister der Regierung in Ostlibyen, Othman Abdeldschalil, hatte | |
am Samstagabend von mindestens 3252 Toten gesprochen. | |
Bei den Überflutungen waren zahlreiche Menschen ins Mittelmeer gerissen | |
worden. Ein Teil der Stadt wurde unter Schlammmassen begraben. Weiterhin | |
werden täglich Dutzende Leichen aus dem Wasser oder unter Trümmern und | |
Schlammmassen herausgezogen. Eilig vorgenommene Beerdigungen erschweren die | |
Zählung und Identifizierung der Opfer. | |
Maltesische Rettungskräfte entdeckten laut der Zeitung „Times of Malta“ | |
hunderte Leichen in einer Bucht. „Es waren wahrscheinlich 400, aber es ist | |
schwer zu sagen“, sagte Einsatzleiter Natalino Bezzina der Zeitung, ohne | |
den genauen Fundort zu nennen. Die Bucht sei wegen heftigen Winds schwer | |
zugänglich. Sein Team habe aber bei der Bergung einiger Dutzend Todesopfer | |
helfen können. | |
Ein libysches Einsatzteam auf einem Schlauchboot berichtete in einem in | |
Online-Netzwerken verbreiteten Video, es habe in der Region Om-al-Briket | |
etwa 20 Kilometer östlich von Darna „vielleicht 600 Leichen“ im Meer | |
entdeckt. Unklar war, ob es sich um die selbe Stelle handelte, von der auch | |
die maltesischen Einsatzkräfte sprachen. | |
Ocha erklärte, die humanitäre Lage in Darna sei weiterhin „besonders | |
schlimm“. Es gebe ernsthafte Probleme bei der Trinkwasserversorgung und | |
mindestens 55 Kinder seien durch verseuchtes Trinkwasser vergiftet worden. | |
Nach Angaben des UN-Koordinierungsbüros besteht in der Umgebung von Darna | |
außerdem die Gefahr, durch Landminen verletzt oder getötet zu werden, die | |
durch die Überschwemmungen in Bewegung geraten oder freigespült worden | |
sind. | |
Gesundheitsminister Abdeldschalil wies Gerüchte über eine mögliche | |
Evakuierung von Darna zurück. Es würden nur „bestimmte Gebiete“ der Stadt | |
„isoliert“, um die Rettungsarbeiten zu erleichtern, erklärte er. Als Schutz | |
vor Seuchen würden täglich Wasserproben genommen und analysiert. | |
Die Hilfsorganisation Islamic Relief erklärte, in Darna bestehe das Risiko | |
einer „zweiten humanitären Krise“. Es gebe eine „wachsende Gefahr von du… | |
Wasser übertragenen Krankheiten“ wie die Cholera. Außerdem mangele es in | |
Darna an Nahrungsmitteln, Unterkünften und Medikamenten. „Die Stadt riecht | |
nach Tod“, sagte Salah Abulgasem von Islamic Relief. | |
Die Organisation Ärzte ohne Grenzen verlegte unterdessen Teams in den Osten | |
des Landes, um dort die Wasser- und Sanitärversorgung zu überprüfen. Bei | |
solch einer Katastrophe „können wir uns wirklich Sorgen wegen | |
wasserbedingter Krankheiten machen“, sagte die medizinische Koordinatorin | |
Manoelle Carton. | |
Sie sprach von einer „chaotischen“ Lage in Darna. Angesichts von | |
zahlreichen Freiwilligen aus Libyen und dem Ausland sei eine „Koordination | |
der Hilfe dringend erforderlich“. Auf dem Flughafen von Bengasi, mehr als | |
300 Kilometer westlich von Darna, trafen derweil weitere Einsatzkräfte und | |
Hilfsgüter für die Hochwasseropfer in Darna und Umgebung ein. | |
Die US-Diplomatin und ehemalige UN-Gesandte für Libyen, Stephanie Williams, | |
forderte im Onlinedienst X (ehemals Twitter) die Schaffung eines | |
„gemeinsamen nationalen/internationalen Mechanismus, um die (Hilfs-)Fonds | |
zu beaufsichtigen“. Sie verwies auf die „räuberische“ herrschende Klasse… | |
Libyen, die dazu neige, „unter dem Vorwand der Souveränität“ die | |
Hilfsaktionen „nach ihren Interessen“ zu steuern. | |
17 Sep 2023 | |
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