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# taz.de -- Nach Corona-Ausbruch in Schlachthof: Kritik an Boykott von Tönnies
> Verbraucherschützer haben sich gegen einen Boykott von Fleisch des
> Tönnies-Konzerns ausgesprochen. Die gesamte Branche müsse sich ändern.
Bild: Viele haben sich angesteckt: Arbeiter des Tönnies-Schlachthofs in Rheda-…
Berlin taz | Verbraucherschützer, Gewerkschafter und SPD-Politiker lehnen
einen Boykott des Fleischkonzerns Tönnies wegen des [1][Corona]-Ausbruchs
in dem Unternehmen ab. „Bei Westfleisch oder Müller-Fleisch haben sich
ebenfalls Hunderte Arbeiter angesteckt“, sagte Matthias Wolfschmidt,
Strategiedirektor der Konsumentenorganisation Foodwatch, am Montag der
taz. „Auch bei den anderen Konzernen wird mit Werkverträgen gearbeitet und
ist Ausbeutung von Mensch und Tier leider eher die Regel als die Ausnahme“,
ergänzte Thomas Bernhard, Referatsleiter Fleischindustrie bei der
Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Bundesarbeitsminister
Hubertus Heil (SPD) erklärte im [2][ARD-„Morgenmagazin“]: „Es ist insges…
in dieser Branche etwas umzukrempeln und aufzuräumen.“
Anton Hofreiter, Co-Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion, hatte sich
am Wochenende für einen Boykott von Tönnies-Produkten ausgesprochen,
nachdem im Stammwerk des Unternehmens im westfälischen Rheda-Wiedenbrück
mehr als 1.300 Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet wurden. Die
großen Supermarktketten „[3][sollten Tönnies-Produkte aus ihrem Angebot
nehmen]“, sagte Hofreiter der Bild am Sonntag. Am Montag wollte er auf
taz-Anfrage nicht mehr explizit Tönnies-Ware boykottiert wissen, sondern
nur noch allgemein „Produkte, die unter solchen Bedingungen entstanden
sind“.
„Da wird von schwerwiegendem politischen Versagen abgelenkt, sei es bei
Gesetzen zur Leiharbeit, zum Tierschutz oder den Kontrollen“, erläuterte
Verbraucherschützer Wolfschmidt. Es sei absurd, dass die kommunalen
Behörden überwachen müssten, ob sich milliardenschwere Schlachtkonzerne an
Gesundheits- und Tierschutzvorschriften halten. „Der Landrat hat ein
Interesse an Gewerbesteuern von den Unternehmen. Die Schließung wegen
Verstößen gegen den Infektionsschutz führt zu einem klassischen
Interessenkonflikt.“
Das Bundeskabinett hat bereits im Mai ein Verbot von Werkverträgen beim
Schlachten und Zerlegen zum 1. Januar 2021 angekündigt. Bisher werden
Gewerkschaftern zufolge in großen Schlachthöfen bis zu 80 Prozent der
Mitarbeiter von Subunternehmern beschäftigt, die über Werkverträge
beauftragt werden. So entledigen sich die Fleischkonzerne der Verantwortung
für Bezahlung unter dem Mindestlohn, mangelnden Arbeitsschutz oder
Unterbringung in zu kleinen Wohnungen. Die meisten Beschäftigten kommen
etwa aus Rumänien.
## Schweine können 14 Tage länger auf Höfen bleiben
Heil verlangte zu prüfen, ob Tönnies die Kosten etwa für die
gesundheitliche Behandlung der Menschen übernehmen muss. Der
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnte vor einem freien Reiseverkehr
der Menschen aus der Region um den Tönnies-Schlachthof. „Ich bin sicher,
dass deutlich mehr Menschen außerhalb der Mitarbeiterschaft inzwischen
infiziert sind“, sagte Lauterbach der Rheinischen Post.
Bis vergangenen Mittwoch schlachtete Tönnies in Rheda täglich rund 20.000
Tiere. „Die gemästeten Schweine werden jetzt erst mal bei den Landwirten
bleiben“, sagte der taz Bernhard Schlindwein, Vize-Hauptgeschäftsführer des
Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands. „14 Tage sind bei vielen
Betrieben kein großes Problem“, so Matthias Quaing, Marktreferent der
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands. Die Bauern
versuchten, die Tiere nun anderweitig zu verkaufen. Schlindwein rechnet
aber damit, dass die derzeit vergleichsweise hohen Preise sinken. Die Tiere
zu töten, ohne ihr Fleisch zu verarbeiten, ist Quaing zufolge kein
„vernünftiger Grund“ gemäß Tierschutzgesetz und deshalb verboten.
22 Jun 2020
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Coronavirus/!t5660746/
[2] https://www.tagesschau.de/multimedia/video/video-718987.html
[3] https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/toennies-fleisch-boykotti…
## AUTOREN
Jost Maurin
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