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# taz.de -- Mutmaßlich rechter Terror 1991: Anklage wegen Brandanschlags
> 1991 wurde ein Flüchtlingsheim in Saarlouis angezündet, ein Mann aus
> Ghana starb. Jetzt wurde Anklage gegen einen mutmaßlichen Neonazi
> erhoben.
Bild: Aufklärung gefordert: Antifa-Demo für Samuel Yeboah in Saarlouis im Sep…
Frankfurt/Main taz | Bald ist es 31 Jahre her, dass Samuel Yeboah nach
einem Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft im saarländischen
Saarlouis starb. Der damals 27 Jahre alte Geflüchtete aus Ghana schlief in
der Nacht zum 19. September 1991 gemeinsam mit 20 weiteren Asylsuchenden in
dem Haus, als das Feuer gelegt wurde. Yeboah erlag am selben Tag seinen
schweren Verbrennungen, zwei weitere Bewohner verletzten sich schwer, als
sie sich mit einem Sprung aus dem Fenster retteten.
Nun hat die Bundesanwaltschaft Anklage gegen Peter Werner S. erhoben, der
damals das Feuer gelegt haben soll. Der inzwischen 50-Jährige war ein
ortsbekannter Neonazi – er hatte zeitweise Kontakt zum späteren
NSU-Terroristen Uwe Mundlos sowie der „Kameradschaft Horst Wessel“ – und
wurde bereits kurz nach der Tat verdächtigt. [1][Er sitzt seit April in
Untersuchungshaft]. Die saarländischen Strafverfolgungsbehörden hatten 2020
überraschend die bereits 1992 eingestellten Ermittlungen [2][wieder
aufgenommen].
Dem Verdächtigen soll vor dem Oberlandesgericht Koblenz der Prozess gemacht
werden. In der Anklage wirft ihm die Bundesanwaltschaft Mord, Mordversuch
in 20 Fällen sowie Brandstiftung mit Todesfolge und versuchter Todesfolge
vor. Nach Durchsuchungen im Wohnhaus von S., nach umfangreichen
Zeugenbefragungen und Ermittlungen ist die Behörde überzeugt, S. den
Anschlag auf das Heim nachweisen zu können.
Demnach haben sich S. und seine Kumpel am Abend des 18. September in einer
Kneipe über die rassistischen Ausschreitungen im sächsischen Hoyerswerda
unterhalten. S. habe sich offenbar ermutigt gefühlt, etwas Ähnliches gegen
das Asylbewerberheim im ehemaligen Hotel „Weißes Rößl“ im nahen Stadtteil
Fraulautern zu unternehmen. Wenig später habe er im Treppenhaus des
vierstöckigen Gebäudes aus einem Plastikkanister Benzin ausgeschüttet und
angezündet.
## Die Behörden versagten
Auf dem Friedhof „Neue Welt“ in Saarlouis erinnern ein Urnengrab und ein
Gedenkstein an Samuel Yeboah. Beharrlich fordern seit dessen Tod der
saarländische Flüchtlingsrat, die Antifa Saar und die Aktion Dritte Welt
die Aufklärung des Brandanschlags. Nach der Festnahme des Tatverdächtigen
sagte Ursula Quack vom Flüchtlingsrat der taz: „Jetzt bestätigt sich das,
was wir schon immer gesagt haben und was in Saarlouis über all die Jahre
verleugnet wurde: Es war ein rassistischer Mordanschlag.“ Die frühe
Einstellung der Ermittlungen bleibt für sie ein Skandal. „Affinität im
Denken“ zu den Tätern aus dem rechten Umfeld bescheinigte sie den damals
verantwortlichen Ermittlern.
Auch der Buchautor und Ausstellungsmacher Bernd Rausch hatte die
mangelhafte Aufklärung einer Reihe von augenscheinlich rechtsextrem
motivierten Taten im Saarland der 90er Jahre immer wieder angeprangert.
Unter anderem wurde im November 1990 ein [3][Bombenanschlag auf die
damalige Geschäftsstelle der PDS/Linke Liste] nur durch Zufall verhindert.
Er hoffe jetzt auch auf Ermittlungsergebnisse zu diesem Anschlag, sagte
Rausch am Dienstag der taz: Die Aufklärung des Mordes an Yeboah müsse der
Beginn einer strukturellen Untersuchung des „Nazi-Spuks“ des gesamten
Jahrzehnts im Saarland sein, dem Rausch mehr als ein Dutzend Gewalttaten
zuordnet.
Dass die Behörden versagt haben, steht inzwischen fest. Der saarländische
Landespolizeipräsident Norbert Rupp erklärte zum Mordfall Yeboah: „Ich
entschuldige mich dafür, dass offensichtlich auch Defizite in der damaligen
Polizeiarbeit zur Einstellung der Ermittlungen geführt haben.“ So etwas
dürfe sich „nicht wiederholen“ – die Polizei habe inzwischen Schwachstel…
beseitigt und „Qualitätsstandards“ eingeführt.
3 Aug 2022
## LINKS
[1] /Brandanschlag-im-Jahr-1991-in-Saarlouis/!5845925
[2] /Mutmasslicher-Nazi-Terror-1991/!5748014
[3] /Versuchter-Anschlag-auf-PDS-Buero-1990/!5772698
## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
Brandanschlag
Anklage
Rechtsextremismus
Saarland
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