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# taz.de -- Minderheiten in Indien: Indien greift in Verwaltung islamischer Sti…
> Indiens Regierung erhöht ihren Einfluss auf gestiftete Grundstücke.
> Muslimische Gruppen sprechen von einem Angriff auf ihre Selbstverwaltung.
Bild: Der indische Premierminister Narendra Modi (BJP) spricht während einer W…
Mumbai taz | In der Landesvertretung des muslimisch geprägten indischen
Unionsterritoriums [1][Jammu und Kaschmir] kam es am Montag zu einem großen
Streit. Auslöser war der „Waqf Act“, ein Gesetz, das die staatliche
Kontrolle über muslimische Stiftungen (Waqf) deutlich ausweitet. Bislang
wurden sie von eigenen Gremien zwar auf staatlicher Ebene, aber meist
autonom innerhalb der muslimischen Gemeinschaft verwaltet. Das soll sich
nun ändern.
Im Parlament in Delhi wurde die Reform, die im August eingereicht wurde,
mit verbalem Schlagabtausch diskutiert. Die [2][hindunationalistische
Regierungspartei BJP] von Premierminister Narendra Modi warb zunächst im
Unter-, dann im Oberhaus für das Gesetz – und setzte sich durch. Weite
Teile der Opposition, die bei den vergangenen Wahlen als India Alliance
gegen die BJP antraten, kamen zusammen. Sie konnten die Verabschiedung
jedoch nicht verhindern. Proteste folgten. Inzwischen hat Indiens
Präsidentin Droupadi Murmu (BJP) das Gesetz unterzeichnet.
Nach eigener Aussage will die Regierung mit dem „Waqf Act“ für mehr
Transparenz sorgen. Es geht um Vermögenswerte in Milliardenhöhe, häufig in
Form von Grundstücken, die von Muslim:innen nach dem Tod gestiftet
werden. Als Waqf deklariertes Eigentum darf in Indien nicht verkauft
werden. Die Grundstücke werden als Moscheen, Friedhöfe oder Waisenhäuser
genutzt und unterliegen nach dem Waqf-Gesetz von 1995 der Kontrolle
staatlicher Gremien, die vor allem mit muslimischen Vertreter:innen
besetzt werden.
## Zukünftig auch Nicht-Mulism:innen in Stiftungsräten
Das neue Gesetz würde dem Staat unter anderem mehr Entscheidungsgewalt bei
der Dokumentierung und Verwaltung von Waqf-Eigentum ermöglichen. Die
Opposition sieht darin einen gezielten Eingriff in die Selbstbestimmung der
muslimischen Minderheit, die in Indien auf über 200 Millionen Menschen
geschätzt wird.
Scharfe Kritik ruft vor allem eine Klausel hervor: Nur Muslim:innen, die
seit mindestens fünf Jahren praktizieren, dürfen künftig Stifter sein.
Gleichzeitig dürfen Frauen nicht mehr vom Erbe ausgeschlossen werden. Zudem
sollen künftig auch Nicht-Muslim:innen – etwa Richter:innen oder
Abgeordnete – in Stiftungsräte berufen werden.
Die Kolumnistin Rana Ayyub sprach von einer „Legitimierung antimuslimischer
Politik“. Auch [3][Arshad Madani], Präsident einer der größten islamischen
Organisationen des Landes, bezeichnete das Gesetz als „gefährliche
Verschwörung“ und will vor Gericht ziehen, um die Verfassungsmäßigkeit
prüfen zu lassen. Damit ist er nicht allein.
Mallikarjun Kharge, Chef der oppositionellen Kongresspartei, warf der BJP
unterdessen vor, sie wolle Minderheitenrechte beschneiden. Asaduddin
Owaisi, Chef der muslimischen AIMIM-Partei, sprach sogar von einem
„gezielten Angriff“.
## Oppositionsführer: Präzedenzfall gegen Minderheiten
Die Regierung verteidigte ihr Vorhaben als notwendigen Schritt:
[4][Minderheitenminister Kiren Rijiju] (BJP) betonte, dass die Anzahl von
Liegenschaften im Besitz muslimischer Stiftungen stark gestiegen sei. Wenn
diese Grundstücke ordnungsgemäß verwaltet würden, „würde das nicht nur d…
Leben von Muslimen verbessern, sondern auch das Schicksal der Nation
verändern“. Mufti Shamoon Qasmi (BJP) betonte, das Gesetz könne armen
Muslim:innen helfen.
Kritiker:innen befürchten in dem Änderungsgesetz einen weiteren
Schritt, religiöse Minderheiten unter stärkere staatliche Kontrolle zu
bringen. Ein weiterer Streitpunkt ist, dass die Regelung ausschließlich
muslimische Stiftungen und nicht jene anderer Religionsgemeinschaften
betrifft.
[5][Oppositionsführer Rahul Gandhi (Kongress)] warnte, es werde nicht lange
dauern, bis der RSS – das paramilitärische, ideologische Rückgrat der
regierenden BJP – nach dem Waqf-Gesetz auch gegen Christen vorgehen werde.
Muslime seien das erste Ziel, so Gandhi, aber die wahre Gefahr sei der
Präzedenzfall, der geschaffen werde, um gegen Minderheiten vorzugehen. Den
einzigen Schutz garantiere die Verfassung Indiens. Wie sich das Gesetz
praktisch auswirkt, ist offen. Eine politische Botschaft sehen darin schon
jetzt viele.
8 Apr 2025
## LINKS
[1] /Regionalwahl-in-Indien/!6041705
[2] /Nach-den-Wahlen-in-Indien/!6012012
[3] https://x.com/ArshadMadani007/status/1909066658439974955
[4] https://x.com/ians_india/status/1907334905862000721
[5] /Kampf-der-Opposition-in-Indien/!5949231
## AUTOREN
Natalie Mayroth
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