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# taz.de -- Lockdown in Shanghai: Realität schlägt Propaganda
> Das Festhalten an „Null Covid“ ist der größte innenpolitische Fehler von
> Xi.
Bild: Coronatest auf offener Straße in Shanghai
Es ist ein ungeheuerlicher Satz: In Chinas reichster Stadt herrscht Hunger.
Der nicht enden wollende [1][Lockdown in Shanghai] zwingt die 26 Millionen
Bewohner in existenzielle Not. Mindestens ebenso ungeheuerlich ist auch die
Reaktion der Zentralregierung in Peking, die die unmenschlichen
Ausgangssperren angewiesen hat. Und Generalsekretär Xi Jinping hüllt sich
in Schweigen.
Der 68-Jährige schickt Militärstreitkräfte, um die „soziale Stabilität“…
wahren. Doch [2][das brutale Vorgehen] kann nicht verschleiern, was Chinas
Staatsführung seiner Bevölkerung derzeit antut: Sie pfercht die Infizierten
in riesige Quarantänezentren ein, wo sie zu Tausenden ausharren. Ihre
zurückgelassenen Haustiere werden aus Angst vor dem Virus vom
Nachbarschaftskomitee auf offener Straße niedergeknüppelt. Und selbst
Kleinkinder werden im Fall einer Ansteckung von ihren Eltern getrennt.
Über allem steht ein unbeschreibliches Ohnmachtsgefühl, eingesperrt in der
eigenen Wohnung vollkommen von staatlichen Essenslieferungen abhängig zu
sein. Mehr als eine Tüte Gemüse für die gesamte Woche kommt bei den meisten
Leuten jedoch nicht an. Wer seine Vorratskammer nicht vor dem Lockdown
ordentlich gefüllt hat, muss seinen Gürtel nun enger schnallen. Selbst
Unternehmensvorstände und Millionärssöhne versuchen derzeit verzweifelt,
auf dem Schwarzmarkt etwas Reis oder Brot zu ergattern.
## Erinnerungen an Mao Tse-tung
Doch in einer solchen Situation ist auch ihr Geld nutzlos. Das Chaos ruft
bei den Leuten dunkle Erinnerungen wach: In den 60er Jahren löste
Staatsgründer Mao Tse-tung mit seiner fehlgeleiteten
Industrialisierungspolitik die größte Hungersnot des 20. Jahrhunderts aus.
Und nun sorgen sich ausgerechnet die Bewohner in der reichsten Metropole
Chinas erneut um ihre drei Mahlzeiten am Tag.
Das blinde und dogmatische Festhalten an „[3][Null Covid]“ ist Xi Jinpings
bisher größter innenpolitischer Fehler in seiner zehnjährigen Amtszeit. Xi
hat ein repressives Klima der Angst erschaffen, in dem offenbar niemand in
seinem Führungszirkel es wagt, das Offensichtliche auszusprechen: dass die
Lockdown-Politik angesichts der Omikron-Variante nicht mehr die Lösung,
sondern Teil des Problems ist.
Grund für die ausbleibende Kritik sind die totalitären
Unterdrückungsmaßnahmen der Staatsmacht und der Zensurapparat der
Parteiführung. In den Fernsehnachrichten findet das Leid von Shanghai
schlicht nicht statt, und selbst die verzweifelten Hilferufe der Bewohner
in den sozialen Medien werden umgehend gelöscht.
Stattdessen wird die Schuld wie immer beim Ausland abgeladen: Nach
deutschen Schweinshaxen und norwegischem Lachs sind es diesmal
südkoreanische Textillieferungen, die den Corona-Erreger nach Shanghai
gebracht haben. Es ist erschreckend, wie sehr die systematische
Desinformation der chinesischen Regierung bei den Leuten verfängt. Nur die
Betroffenen in Shanghai werden der Partei nie wieder über den Weg trauen.
11 Apr 2022
## LINKS
[1] /Harter-Lockdown-in-Shanghai/!5845630
[2] https://www.youtube.com/watch?v=J7ATy3YzPjg
[3] /Abriegelung-der-Stadt-Xian/!5821942
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
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