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# taz.de -- Libanesischer Ex-Geheimdienstchef: „Wie ein kleiner Gott“
> Im libanesischen Bürgerkrieg ließ Assaad Chaftary foltern und morden.
> Heute setzt er sich für Frieden und Versöhnung ein.
Bild: Beirut heute: Soli-Proteste für das syrische Volk
An viele Muslime erinnert sich Assaad Chaftary nicht, wenn er an seine
Schulzeit im Beirut der sechziger und siebziger Jahre zurückdenkt. Mitten
in der libanesischen Hauptstadt, im Stadtteil Gemmayze, war er umgeben von
Christen, ging in eine christliche Schule und sonntags in die Kirche. Im
Gespräch mit der sonntaz blickt der ehemalige Milizionär auf die Jahre vor
Ausbruch des libanesischen Bürgerkriegs (1975-1990) zurück.
"Krieg beginnt nicht erst, wenn die Leute anfangen aufeinander zu
schießen", erzählt Chaftary, sondern wenn sich Angst und Vorurteile breit
machen. Die Muslime, erinnert er sich, seien für ihn "Araber aus der Wüste"
gewesen. Als ungebildet, arm, dreckig und faul habe er sie damals
betrachtet.
Als der Krieg 1975 ausbrach, begann für den 20-jährigen Chaftary eine
Karriere in den Forces Libanaises, einer der bedeutendsten Milizen des
Bürgerkriegs. Immer weiter konnte er sich hocharbeiten, bis er schließlich
an der Spitze des Geheimdienstes der Miliz angekommen war.
"Ich dachte ich wäre ein kleiner Gott", sagt der heute 58-Jährige, "denn
ich entschied, was richtig und was falsch war". Wer gefoltert, getötet oder
freigelassen werden sollte, lag in seinen Händen. "Sogar die Christen
rivalisierender Parteien sollten denken wie ich", blickt er zurück. "Sonst
musste ich sie bestrafen."
## Bestraft wurde er nie
Selbst bestraft wurde der ehemalige Milizionär für seine Taten nicht. Nach
Ende des Kriegs im Jahr 1990 erließ die libanesische Regierung eine
Amnestie für die Kriegsverbrecher. Viele Milizenführer gingen in die
Politik. Nicht jedoch Chaftary: Ihn plagte das Gewissen. Im Jahr 2000
schließlich wandte er sich an die Presse und bat seine Opfer öffentlich um
Verzeihung. Es war ein einmaliger Schritt in einem Land, das den blutigen
Bürgerkrieg bislang nicht aufgearbeitet hat.
Heute, über zwei Jahrzehnte nach Ende des Kriegs, hat Chaftary Angst, dass
die junge Generation seine Fehler wiederholt. Dass die Spannungen zwischen
Angehörigen unterschiedlicher Religionsgruppen im Libanon nun wieder
zunehmen, ist für Chaftary "wie ein Déjà-vu". Mit wenigen Worten könne
heute ein Politiker oder ein religiöser Gelehrter die Jugend aufstacheln.
Die jungen Libanesen, befürchtet er, seien auf dem besten weg zu einem
neuen Bürgerkrieg. Wie Chaftary zu einem Friedensaktivisten wurde und warum
er heute trotzdem im Waffenhandel arbeitet, lesen Sie im Gespräch in der
[1][aktuellen sonntaz]. Am Kiosk, [2][eKiosk] und im [3][Wochenendabo]. Für
Fans und Freunde: [4][facebook.com/sonntaz]
9 Feb 2013
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## AUTOREN
Jannis Hagmann
Jannis Hagmann
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Bürgerkrieg
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Flüchtlinge
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Schwerpunkt Deniz Yücel
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