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# taz.de -- Landratswahlen in Sachsen: Stimmen gegen die AfD
> Der „Alle-gegen-die-AfD-Effekt“ hilft der CDU. Im Osten des Landes klauen
> sich rechte Parteien die Stimmen. Die Wahlbeteiligung ist niedrig.
Bild: Feedback zu den Wahlplakaten der AfD gab es in Sachsen auch
Leipzig taz | So hatte die AfD sich das nicht vorgestellt. Bei den
Landratswahlen in ihrem Lieblingsbundesland Sachsen wollte sie
Landratsposten und damit erstmals Regierungsämter erringen – und so der
Welt zeigen, dass sie zumindest noch in Ostdeutschland Erfolg haben kann.
Doch die extrem rechte Partei hat ihr Ziel verfehlt. In keinem der acht
Landkreise, in denen sie Kandidaten aufgestellt hatte, erhielt sie die
meisten Stimmen. In drei Landkreisen [1][landete sie sogar auf Platz drei]
– unter anderem in Mittelsachsen, wo sich die AfD besonders gute Chancen
ausgerechnet hatte.
Damit ist es sehr unwahrscheinlich, dass die AfD im zweiten Wahlgang am 3.
Juli in irgendeinem Landkreis gewinnen wird. Selbst in den erzkonservativen
Landkreisen Bautzen und Görlitz in Ostsachsen stehen ihre Chancen schlecht.
Hier erhielten die AfD-Kandidaten zwar 28 und 35 Prozent der Stimmen und
landeten damit hinter der CDU auf dem zweiten Platz. Doch die dortigen
CDU-Kandidaten haben einen Vorsprung von je zehn Prozentpunkten. Hinzu
kommt der „Alle-gegen-die-AfD-Effekt“, der in Sachsen bislang immer
verhindern konnte, dass die AfD einen Regierungsposten erringt: Ein
Großteil der Wähler:innen gibt demjenigen Kandidaten seine Stimme, der
die besten Chancen gegen die AfD hat – also der CDU.
## CDU gewinnt in acht von neun Landkreisen
Diese CDU, die mit nur einer einzigen Ausnahme seit mehr als dreißig Jahren
[2][alle Landräte in Sachsen] stellt und in den vergangenen Wochen
ordentlich gezittert hat, ist angesichts der Ergebnisse der Landratswahlen
erleichtert: „Die CDU hat die Kommunalwahl klar gewonnen“, sagte der
Generalsekretär der sächsischen CDU, Alexander Dierks, der taz.
In acht von neun Landkreisen bekam die CDU die meisten Stimmen. Doch nur in
den Landkreisen Leipzig, Nordsachsen und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge
gewann sie die absolute Mehrheit – ein deutliches Zeichen, dass sich die
Alleinherrschaft der CDU in Sachsen dem Ende zuneigt.
In allen drei Kreisen, in denen die CDU mehr als 50 Prozent holte, traten
Amtsinhaber an. Das beste Ergebnis erzielte der Christdemokrat Henry
Graichen im Landkreis Leipzig. Er bekam knapp 70 Prozent der Stimmen und
damit mehr als dreimal so viele wie der AfD-Kandidat Jörg Dornau (19
Prozent). Der nordsächsische Landrat Kai Emanuel (parteilos), der für die
CDU antrat, verteidigte sein Amt mit rund 63 Prozent der Stimmen, im Kreis
Sächsische Schweiz-Osterzgebirge kam Landrat Michael Geisler auf 54
Prozent, der AfD-Politiker Ivo Teichmann auf 24 Prozent.
Der einzige Landkreis, in dem die CDU nicht auf Platz eins landete, ist
Mittelsachsen. Hier liegt der parteilose Kandidat Dirk Neubauer mit 41
Prozent der Stimmen klar vor dem CDU-Politiker Sven Liebhäuser (30 Prozent)
und Rolf Weigand von der AfD (28 Prozent). Neubauer wird von SPD, Grünen
und Linken unterstützt. Er ist seit acht Jahren Bürgermeister von
Augustusburg und hat es mit seiner bürgernahen Politik geschafft, die
Kleinstadt bei Chemnitz komplett AfD-frei zu halten – hier gibt es die AfD
im Stadtrat nicht. Neubauers Erfolgsrezept: Bürgerbeteiligung.
## Erschreckend viele Stimmen für die „Freien Sachsen“
„Ich bin unglaublich dankbar für diesen ersten Teilerfolg“, sagt Neubauer
in einem Video auf Facebook, das ihn am Sonntagabend auf dem Marktplatz in
Augustusburg zeigt. Er werde sich nun mit seinem Team zusammensetzen und
überlegen, was in den nächsten drei Wochen bis zum zweiten Wahlgang zu tun
sei. „Ich freue mich total darauf, das wird eine großartige Sache“, sagt
der 51-Jährige in dem Video. „Heute sage ich einfach nur danke, danke,
danke, danke an alle, die mitgemacht und geholfen haben.“ Ob nur Sven
Liebhäuser (CDU) gegen Neubauer antreten wird oder auch der AfD-Politiker
Rolf Weigand, ist noch nicht bekannt.
Erschreckend ist das Abschneiden der rechtsextremen Kleinpartei „Freie
Sachsen“, die maßgeblich die Corona-Proteste in Sachsen anheizte – und
weiterhin anheizt. Sie wird bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet. In
Nordsachsen erhielten die Rechtsextremen 20 Prozent, im Landkreis
Sächsische Schweiz-Osterzgebirge 10,5 Prozent, im Erzgebirgskreis 10
Prozent. Im Erzgebirgskreis kommen AfD und Freie Sachsen zusammen auf knapp
28 Prozent – der CDU-Kandidat Rico Anton erhielt 26 Prozent. Wären die
Freien Sachsen hier nicht angetreten, hätte die AfD mehr Stimmen bekommen
und möglicherweise vor der CDU gelegen. Ob AfD und Freie Sachsen auch im
zweiten Wahlgang jeweils eigene Kandidaten aufstellen, steht noch nicht
fest. Sollten sie sich zusammentun, könnte es knapp werden für die CDU.
Ebenfalls erschreckend ist die niedrige Wahlbeteiligung bei den
Landratswahlen. In jedem der neun Landkreise gingen weniger als die Hälfte
der Wahlberechtigten wählen. Am niedrigsten war die Wahlbeteiligung in den
Landkreisen Nordsachsen (37,5 Prozent) und Zwickau (39 Prozent), am
höchsten im Erzgebirgskreis und im Landkreis Görlitz (je 49,4 Prozent).
Weil in sechs der neun Landkreise kein:e Kandidat:in die absolute
Mehrheit gewann, findet am 3. Juli ein zweiter Wahlgang statt. Dies ist
keine Stichwahl, das heißt, dass theoretisch noch einmal alle
Kandidat:innen antreten können. Im zweiten Wahlgang reicht dann
allerdings die einfache Mehrheit.
13 Jun 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Rieke Wiemann
## TAGS
Schwerpunkt AfD
Rechtsextremismus
Sachsen
Kommunalwahl
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