# taz.de -- LSBTIQ+ Aktionsplan vorgestellt: Den Regenbogen stärker machen | |
> Bei der Auftaktveranstaltung zum „Berliner LSBTIQ+ Aktionsplan 2023“ wird | |
> dieser gefeiert. Und einige der insgesamt 340 Maßnahmen vorgestellt. | |
Bild: Gleich geht's los: Am S-Bahnhof Raoul-Wallenberg-Straße treffen sich Tei… | |
BERLIN taz | Es ist definitiv ein Wohlfühltermin für Cansel Kiziltepe, die | |
SPD-Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt | |
und Antidiskriminierung: Am Dienstagnachmittag findet in der Schankhalle | |
Pfefferberg die Auftaktveranstaltung zum „[1][Berliner LSBTIQ+ Aktionsplan | |
2023]“ statt. Kiziltepe bekommt wohlwollenden Beifall, als sie die „viele | |
Arbeit“ erwähnt, die der Aktionsplan gemacht habe – sie spricht aber auch | |
vom „großen Handlungsbedarf, der nach wie vor besteht“. Beschlossen hat der | |
Senat den Aktionsplan bereits am 19. Dezember vergangenen Jahres. | |
Bei dem Aktionsplan geht es um Selbstbestimmung und Akzeptanz | |
geschlechtlicher und sexueller Vielfalt. Mit diesem Maßnahmenkatalog sollen | |
alle in Berlin lebenden Menschen, „unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer | |
sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität oder ihrem | |
Geschlechtsausdruck die Chance auf gleichberechtigte gesellschaftliche und | |
demokratische Teilhabe“ erhalten. | |
Max Landero, Staatssekretär für Integration, Vielfalt und | |
Antidiskriminierung, würdigt die Rolle, die die Vorgängerregierung in der | |
Realisierung des Aktionsplanes spielte. Passenderweise sitzt Klaus Lederer | |
von der Linken im Publikum, „einer der Gründungsväter“, wie Landero ihn | |
bezeichnet. Der ehemalige Kultursenator ist heute queerpolitischer Sprecher | |
der Linken und deshalb eingeladen. Mit ihm im Kinosaal der Eventlocation in | |
Prenzlauer Berg versammelt sind Vertreter:innen der queeren Community, | |
von Projekten und Vereinen, aber auch Mitarbeitende der zuständigen | |
Senatsverwaltungen und Kommunalpolitiker:innen. | |
Die Auftaktveranstaltung dient gewissermaßen der Selbstbestätigung. Sie | |
soll den Rahmen bieten, um den Aktionsplan zu reflektieren, sich bei allen | |
Beteiligten zu bedanken, natürlich das Ergebnis zu feiern, sich zu | |
vernetzen und über die Umsetzung zu sprechen – Letzteres bei Sekt, Saft und | |
Häppchen. Beim Empfang wird deutlich: Man kennt sich, und ist längst im | |
Gespräch, die Berliner queeren Projekte sind gut vernetzt. | |
## Dritte aktualisierte und erweiterte Auflage | |
Der Aktionsplan 2023 ist die dritte aktualisierte und erweiterte Auflage | |
des LSBTIQ+ Aktionsplans, den der Senat im Jahr 2010 erstmals beschlossen | |
hat – damals bundesweit einmalig. Inzwischen haben andere Bundesländern | |
nachgezogen; demnächst wird das sogar Bayern tun. 2019 wurde der Plan in | |
zweiter Auflage mit 92 Maßnahmen und zahlreichen Untermaßnahmen erneut | |
verabschiedet. | |
Nun also die dritte Auflage mit „mehr Maßnahmen als je zuvor“, betont | |
Kiziltepe. Mit dem Aktionsplan solle die „Regenbogenhauptstadt Berlin als | |
weltoffene Metropole und pulsierende Großstadt weiter gestärkt werden“. | |
Deshalb finden sich insgesamt 340 (!) Maßnahmen in einem 61 Seiten starken | |
Papier beziehungsweise PDF. Diese Maßnahmen „in 11 queerpolitischen | |
Handlungsfeldern“ stellen, so formuliert es Kiziltepe, „Richtlinien der | |
Regierungspolitik“ dar. | |
Aber was bedeutet das konkret? Das machen einzelne Beispiele aus dem schier | |
überbordenden Katalog deutlich. Da ist zum Beispiel Maßnahme 127 aus dem | |
Bereich „Altern und Pflege“. Die für LSBTIQ+ Belange und Soziales | |
zuständige Senatsverwaltung, heißt es dort, „geht auf die Bezirke zu und | |
regt an, in den Publikationen, die sich an die ältere Bevölkerung richten, | |
auch berlinweit ausgerichtete Informationen zu Angeboten für queere | |
Senior*innen grundsätzlich aufzunehmen, um diese insbesondere in den | |
Außenbezirken breiter bekannt zu machen“. | |
Sperrig klingt so etwas – typisch Verwaltung eben, könnte man meinen. Aber | |
diese Zeilen sind, wie der gesamte Aktionsplan, das Ergebnis eines langen | |
Prozesses von anderthalb Jahren voller Abstimmungen, wie immer wieder von | |
verschiedener Seite betont wird. | |
## Ein Plan für die Zukunft | |
Andere Einzelmaßnahmen decken die Bereiche „Gesundheit“, „Bildung, Jugend | |
und Familie“ oder „Prekäre Lebenslagen und Wohnungslosigkeit“ ab. Dass | |
Themen wie Armut und Einsamkeit in so einem Maßnahmenkatalog eine Rolle | |
spielen, ist neu. | |
Das gilt auch für die verstärkte Aufmerksamkeit, die auf die Außenbezirke | |
gelenkt werden soll. Denn auch dort leben queere Menschen – und nicht nur | |
in den szenerelevanten Innenstadtbezirken. Vanessa Krah, | |
[2][Queerbeauftragte des Bezirks Marzahn-Hellersdorf], begrüßt das Ansinnen | |
auf einem Panel über LSBTIQ+ Personen in prekären Lebenslagen, und sie | |
berichtet von den Bedarfen queerer Menschen in ihrem Bezirk: Dort gebe es | |
kaum entsprechende Angebote und Treffpunkte, sagt sie, das müsse geändert | |
werden. „Wir haben ein Problem mit der Sichtbarkeit.“ Der Aktionsplan, so | |
ihre Hoffnung und die von vielen im Saal, könnte das ändern. | |
„Nicht heute oder morgen werden wir alles umsetzen können“, sagt Lydia | |
Malmedie, die das Ganze koordiniert hat, bei der Vorstellung des | |
Aktionsplans. „Das ist ein Plan für die Zukunft, für die kommenden Jahre.“ | |
Und was meint Ed Greve vom [3][Migrationsrat Berlin]? „Das ist am Ende ein | |
bisschen wie beim Tauziehen“, sagt er der taz. „Die Bildungsverwaltung will | |
zum Beispiel in einer Maßnahme alle Erzieher:innen und Lehrer:innen | |
fürs LSBTIQ+Thema sensibilisieren. Aber das macht sie ja nicht selbst, | |
dafür braucht die Verwaltung Träger wie uns, die vom Senat beauftragt mit | |
Workshops zum Beispiel an Schulen gehen.“ Das sei am Ende auch eine Frage | |
des Geldes, sagt er – und macht sich auf zum Buffet. | |
7 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://kritisches-netzwerk.de/sites/default/files/berliner_lsbtiq_aktionsp… | |
[2] https://www.berlin.de/ba-marzahn-hellersdorf/politik-und-verwaltung/beauftr… | |
[3] https://www.migrationsrat.de/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Hergeth | |
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