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# taz.de -- Kurdenkonflikt in der Türkei: Erdbeben in der Kriegszone
> Die vom Erdbeben betroffene Region ist kurdisches Kernland, hier kämpft
> die Armee gegen die PKK. Vielleicht kann das Erdbeben zu einer Versöhnung
> beitragen.
Bild: Mehr als 270 Menschen starben bei dem Erdbeben im Osten der Türkei.
ISTANBUL taz | Das [1][Erdbeben in Van] kommt zu einem Zeitpunkt, an dem
die gesamte Türkei sowieso bereits in Alarmstimmung ist. Wer die gestrigen
großen Zeitungen in Istanbul durchblätterte, fand neben den Berichten aus
dem Erdbebengebiet große Reportagen über Massenproteste quer durchs Land.
Diese Proteste richten sich gegen die kurdische PKK, die vor einer Woche
bei einem Großangriff 24 Soldaten tötete und damit einen der massivsten
Militäreinsätze der letzten Jahre entlang der türkisch-irakischen Grenze
auslöste.
Diese Grenze ist von Van vielleicht 200 Kilometer entfernt, Van und damit
die gesamte vom Erdbeben betroffenen Region sind kurdisches Kernland. Zwar
redet noch niemand offen darüber, doch aus der Perspektive vieler Türken
ist ein Erdbeben im Kurdengebiet derzeit etwas völlig anderes, als wenn die
Katastrophe im Westen des Landes stattgefunden hätte. Das kommt vor allem
in Internetbeiträgen zum Ausdruck. So twitterten bereits am Sonntagabend
erste User, das Erdbeben sei nichts anderes als die gerechte Strafe Gottes
für die Kurden und die PKK.
Die Stimmung wird auch dadurch angeheizt, dass trotz des Erdbebens in
unmittelbarer Nachbarschaft die Kämpfe zwischen der Armee und der PKK
unvermindert anhalten. Während in der Provinzstadt Van, deren Flughafen aus
politischen Gründen in den letzten Tagen gesperrt war, jetzt die
Hilfstransporte auf diesem Flughafen im Stundentakt landeten, starben in
der benachbarten Provinzhauptstadt Hakkari erneut Soldaten. Aber nicht nur
Soldaten: stolz meldete die Armee am Sonntag zeitgleich mit dem Erdbeben,
ihre Spezialeinheiten hätten in den letzten Tagen 100 Kurden von der PKK
getötet.
Es war deshalb eine wichtige politische Botschaft, dass Ministerpräsident
Recep Tayyip Erdogan mit seiner Frau und seinen wichtigsten Ministern noch
am Sonntagabend das Erdbebengebiet besuchte. Um 21 Uhr landete seine
Maschine in Van, eine Stunde später war er bereits im Hubschrauber auf dem
Weg in die vom Beben am schlimmsten betroffene Stadt Ercis.
## Vorbild: Versöhnung mit Griechenland
Erdogan sprach mit den Leuten, machte Mut und kündigte an, dass die
Menschen versorgt würden. "Gerade jetzt bei Wintereinbruch werden wir
niemanden allein lassen", sagte er in Ercis. Erdogan blieb über Nacht in
Van und besuchte am Montag Verletzte im Krankenhaus. Der Regierungschef
will damit auch deutlich machen, dass die Bürger im Osten genauso
dazugehören wie die im Westen.
So wurden denn auch am Montag Hilfslieferungen aus dem ganzen Land
organisiert. Auf dem Flughafen in Istanbul stapelten sich die Pakete, die
die einzelnen Stadtbezirke gespendet hatten. Gerade jetzt, so die Parole,
gilt es, uneingeschränkte Solidarität zu zeigen.
Vielleicht kann das Erdbeben, so die Hoffnung, letztlich sogar zu einer
Versöhnung zwischen der West- und der Osttürkei beitragen - genauso wie das
schwere Erdbeben am Marmarameer 1999 die Versöhnung zwischen der Türkei und
Griechenland einleitete. Denn die Griechen waren damals mit ihrer Hilfe als
Erste zur Stelle.
24 Oct 2011
## LINKS
[1] /Erbeben-in-der-Tuerkei/!80500/
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Schwerpunkt Deniz Yücel
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