# taz.de -- Krise in Bosnien und Herzegowina: Drohende Sanktionen wirken | |
> Bundesaußenminister Maas hat EU-Sanktionen gegen Serbenführer Dodik ins | |
> Spiel gebracht. Vor allem Ungarn, Polen und Slowenien sperren sich | |
> dagegen. | |
Bild: Fordert eine härtere Gangart gegen den serbischen Nationalisten Milorad … | |
SARAJEVO taz | Um der [1][Krise in Bosnien und Herzegowina] zu begegnen, | |
hat der noch amtierende Bundesaußenminister Heiko Maas EU-Sanktionen gegen | |
den führenden Politiker der serbischen Teilrepublik, [2][Milorad Dodik], | |
ins Spiel gebracht. Dodik hatte in den letzten Wochen immer wieder mit der | |
Abspaltung des von Serben kontrollierten Landesteils vom Gesamtstaat | |
Bosnien und Herzegowina gedroht und damit Angst vor einem neuen Krieg in | |
dem Balkanland geschürt. | |
Man müsse perspektivisch über eine härtere Gangart nachdenken, sagte der | |
SPD-Politiker am Montag am Rande eines Treffens der EU-Außenminister in | |
Brüssel. Sanktionen sollten diejenigen treffen, die staatliche Strukturen | |
infrage stellten und mit Hass versuchten, Menschen gegeneinander | |
aufzuhetzen, erklärte Maas. | |
Beschlüsse wurden auf der Außenministerkonferenz der EU-Staaten jedoch | |
nicht gefasst. Doch immerhin ist Bewegung in die Diskussion über Sanktionen | |
geraten. So werden Sanktionen gegen Personen, die Dodik zuarbeiten, und vor | |
allem Firmen, die der politischen Führung der serbischen Teilrepublik | |
nahestehen, von Parlamentariern ins Auge gefasst. | |
Die EU-Abgeordneten Tineke Strik von den Grünen und Dietmar Köster von den | |
Sozialdemokraten, die vergangene Woche Sarajevo besuchten, wollen noch | |
weiter gehen: Sie brachten ein Reiseverbot für Dodik in die Europäische | |
Union und das Einfrieren von Vermögen ins Spiel. Der neue Hohe | |
Repräsentant, Christian Schmidt, schlug die Streichung von Finanzhilfen der | |
EU vor. Allerdings müssten 15 der 27 EU-Staaten für Sanktionen stimmen, um | |
sie einzuführen, erklärte die Niederländerin Strik. | |
## Uneinigkeit in der EU | |
Schon jetzt ist die EU über die Frage der Sanktionen gespalten. Vor allem | |
der ungarische Außenminister Péter Szijjártó soll am Montag in Brüssel | |
Maas harsch widersprochen haben, berichten Medien aus Sarajevo. Es zeichnet | |
sich ein Kern von autokratisch regierten EU-Staaten ab, die mit den | |
[3][serbischen Nationalisten] sympathisieren. Neben Ungarn sind dies Polen | |
und Slowenien, die vor allem in Russland ihren Verbündeten suchen. | |
Verkompliziert wird die Lage noch durch Kroatien, das die kroatischen | |
Nationalisten in der Herzegowina unterstützt, die mit Dodik eng | |
zusammenarbeiten. | |
Auch bei den EU-Spitzen ist die Position gegenüber den serbischen | |
Nationalisten nicht eindeutig. So soll sich der EU-Außenbeauftragte Josep | |
Borrell gegen Sanktionen ausgesprochen haben. Borrell müsste qua Amt die | |
Sanktionen vorschlagen. Deutschland, Großbritannien und die USA setzen | |
hingegen auf eine schärfere Gangart. | |
Die Haltung dieser wichtigen Staaten scheint schon Wirkung zu zeigen. Dodik | |
hat die Parlamentssitzung des serbischen Teilstaates, die die Loslösung der | |
Republika Srpska vom Gesamtstaat beschießen sollte, auf Anfang Dezember | |
verschoben. Die meisten Menschen in Bosnien und Herzegowina, allen voran | |
Bosniaken, nichtnationalistische Parteien und die Minderheiten des Landes, | |
scheinen sich langsam [4][aus der Schockstarre zu befreien]. | |
In Sarajevo wird über eine Großdemonstration der pro-bosnischen Bevölkerung | |
diskutiert, allerdings mit dem Vorbehalt, nicht Öl ins Feuer schütten zu | |
wollen. Der Vizechef der Sozialdemokraten, der Serbe Vojin Mijanović, will | |
eine „Bewegung für den Staat“ ins Leben rufen, die in ganz Bosnien und | |
Herzegowina aktiv werden soll. Nach der Niederlage der | |
bosniakisch-muslimischen Nationalpartei SDA bei den Gemeindewahlen | |
entwickeln sich die nichtnationalistischen Sozialdemokraten zur stärksten | |
Partei in Bosnien und Herzegowina. | |
17 Nov 2021 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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