# taz.de -- Krieg in der Ukraine: Zwangsevakuierung als letztes Mittel | |
> Die südukrainische Region Cherson ist Ziel russischer Angriffe. Deshalb | |
> sollen rund 800 Kinder mit ihren Familien an sicherere Orte gebracht | |
> werden. | |
Bild: Frau vor einem Laden in Posad-Pokrowske in der Region Cherson | |
BERLIN taz | Der Horror nimmt kein Ende: Die südukrainische Region Cherson | |
war auch in der Nacht zu Mittwoch wieder Ziel russischer Angriffe. Dabei | |
wurden laut Angaben der örtlichen Polizei eine Person getötet, mehrere | |
Menschen verletzt sowie einige Betriebe teilweise zerstört. Die angespannte | |
Lage ist ein Grund dafür, dass jetzt zeitnah rund 800 Kinder und ihre | |
Familien aus 34 Dörfern und kleinen Städten evakuiert werden sollen. | |
Das gab der Leiter der Chersoner Militärverwaltung, Alexander Prokudin, | |
bekannt. Die Entscheidung über eine obligatorische Evakuierung sei | |
getroffen und von den Mitgliedern des Koordinationsstabes zur Durchführung | |
derartiger Maßnahmen auf der Grundlage des geltenden Kriegsrechts | |
befürwortet worden. Betroffen seien Ortschaften, wo die Sicherheitslage am | |
schwierigsten sei. | |
„Die Evakuierung erfolgt kostenlos per Bahn und mit Bussen in die Regionen | |
Chmelnizki, Mikolajiw, Odessa und Lwiw. Außerdem ist geplant, etwa 100 | |
Kinder in einem der Sanatorien in der Region Iwano-Frankiwsk | |
unterzubringen. | |
An den sichereren Zielorten werden die evakuierten Kinder in Begleitung | |
eines Elternteils oder gesetzlichen Vertreters mit Bargeld, kostenloser | |
Unterkunft, humanitärer Hilfe und psychologischer Unterstützung versorgt“, | |
heißt es in einer Mitteilung des Ministeriums für die Wiedereingliederung | |
vorübergehend besetzter Gebiete. Zur Durchführung der Evakuierung aus der | |
Region Cherson wurden drei Sammelstellen und fünf | |
Evakuierungsaufnahmestellen eingerichtet. | |
## Rote Zone | |
Laut dem Leiter der Pressestelle der Militärverwaltung Cherson, Alexander | |
Tolokonnikow, sei eine erste derartige Entscheidung über die Evakuierung | |
aus Orten der „roten Zone“ (höchste Gefahrenstufe wegen andauernden | |
Beschusses) bereits vor einem halben Jahr getroffen worden. Damals sei | |
zuerst ein Einreiseverbot für Kinder in Siedlungen in der roten Zone | |
eingeführt worden. Die nächste Entscheidung sei im September gefallen und | |
der Verteidigungsrat der Ukraine habe die obligatorische Evakuierung von | |
Kindern und Familien aus den 34 Ortschaften am rechten Ufer der Region | |
Cherson angekündigt. | |
Innerhalb eines halben Jahres sind bereits 450 Kinder und ihre Familien | |
evakuiert worden. Doch dieser Prozess muss beschleunigt werden“, sagte | |
Tolokonnikow der taz. [1][Viele wollten jedoch nicht freiwillig ihre | |
Heimatregion verlassen]. Daher sind die Evakuierungen jetzt obligatorisch. | |
Dafür müssten notfalls auch Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet werden. | |
Die Lage im Gebiet Cherson ist nach wie vor kritisch. Ukrainische Medien | |
berichten täglich über Angriffe auf die Stadt Cherson und umliegende | |
Ortschaften. „Die Intensität des Beschusses hat zugenommen. Auf die Region | |
Berislaw zählen wir derzeit bis zu 40 Angriffe innerhalb von 24 Stunden“, | |
so Tolokonnikow. Betroffen sind vor allem Orte entlang des Flusses Dnipro | |
und die Stadt Cherson. | |
Vor einigen Tagen waren in Bilozerka, 12 Kilometer von der Stadt Cherson | |
entfernt, acht Menschen durch nächtlichen Beschuss verletzt worden, | |
darunter ein Kind. Ein 12-jähriger Junge erlitt eine Schrapnellwunde am | |
Bein. Insgesamt waren am vergangenen Montag zwei Menschen getötet und 14 | |
verletzt worden. | |
Im März 2022 hatten russische Truppen die Stadt Cherson sowie das | |
gleichnamige Gebiet besetzt. Im Oktober hatte die ukrainische Armee das | |
rechte Ufer des Dnipro und im November die Stadt Cherson wieder unter ihre | |
Kontrolle gebracht. Seitdem ist die Region täglich russischem Beschuss | |
ausgesetzt. Die russischen Truppen zerstören auch immer wieder gezielt | |
kritische Infrastruktur. | |
26 Oct 2023 | |
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## AUTOREN | |
Yuliia Shchetyna | |
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