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# taz.de -- Krieg in Nahost: Israel bombardiert Schutzzone
> Mindestens 19 Menschen sind bei einem israelischen Angriff im
> Gazastreifen gestorben. Darunter sollen mehrere hochrangige
> Hamas-Angehörige sein.
Bild: 9.9.2024: Palästinenser suchen unter Trümmern nach vermissten Personen
Die israelische Luftwaffe hat in der Nacht auf Dienstag eine humanitäre
Schutzzone im Süden des Gazastreifens bombardiert. Auf Pressefotos sind
tiefe Krater im sandigen Boden und zahlreiche zerstörte Zelte zu sehen,
zwischen denen Frauen und Kinder nach Habseligkeiten suchen. Das von der
Hamas geleitete Gesundheitsministerium in Gaza meldete 19 Tote, am Morgen
hatte ein Sprecher des Zivilschutzes noch von 40 Toten gesprochen.
Nach Angaben von Israels Armee wurden bei dem Angriff bei Chan Yunis
mehrere hochrangige Hamas-Angehörige getötet. Sie seien an dem [1][Überfall
auf Israel am 7. Oktober] beteiligt gewesen. Die Zivilschutzbehörde sagte,
eine Warnung sei dem Angriff nicht vorausgegangen. Die Opferzahlen der
Zivilschutzbehörde unterscheiden nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten.
Die Hamas selbst bestritt, dass sich Kämpfer in der humanitären Zone
aufgehalten hätten. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
„Ich bin mitten in der Nacht vom Geräusch der Raketen aufgewacht“, sagte
eine Bewohnerin der Schutzzone al-Mawasi bei Chan Junis der taz. Sie habe
fünf oder sechs Explosionen gehört und Brände gesehen, berichtet die junge
Frau, die mit ihrer Familie in einem Zelt rund 300 Meter von der
Einschlagstelle lebt. „Danach habe ich mehr als eine Stunde lang die
Sirenen der Krankenwagen gehört.“
## Im Gebiet al-Mawasi
Al-Mawasi ist ein vor dem Krieg kaum bewohnter sandiger Küstenstreifen, den
die israelische Armee im Oktober 2023 zur „humanitären Zone“ erklärt und
die Bevölkerung von Gaza seitdem mehrfach aufgefordert hatte, sich dorthin
zurückzuziehen. 86 Prozent des Gazastreifens ließ Israel den Vereinten
Nationen zufolge evakuieren. Nun drängen sich auf dem Gebiet al-Mawasi laut
Hilfsorganisationen mehr als 380.000 teils mehrfach vertriebene
Palästinenser in Zelten zusammen.
„Wir haben zu acht in einem Zelt ohne Toilette gelebt“, sagt die 23-jährige
Dima, die bis vor wenigen Wochen mit ihrer Familie in al-Mawasi war, aus
dem benachbarten Chan Yunis am Telefon. „Oft gab es kein Wasser, und wir
mussten mehrere Kilometer laufen, um etwas zu essen zu finden.“
Medizinische Versorgung gebe es nicht.
Der Angriff in der Nacht ist nicht der erste in al-Mawasi. Trotz der
Ausweisung als humanitäre Schutzzone hat die Armee das Gebiet immer wieder
beschossen. Im April etwa feuerte ein israelischer Panzer auf ein Wohnhaus
der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Dabei wurden zwei Menschen
getötet. Ein Luftangriff im Juli soll mutmaßlich den militärischen
[2][Anführer der Hamas in Gaza, Mohammed Deif, getötet] haben. Dabei
starben nach Angaben des Gesundheitsministeriums mindestens 92 Menschen.
Seit Kriegsbeginn sollen mehr als 41.000 Menschen in Gaza getötet worden
sein.
Die humanitäre Situation bleibt katastrophal. UN-Generalsekretär António
Guterres sagte am Montag, er habe „noch nie solch ein Ausmaß an Tod und
Zerstörung gesehen“. Am Dienstag soll die dritte Phase einer
[3][Polio-Impfkampagne in Nordgaza] starten, nachdem kürzlich der erste
Fall von Kinderlähmung seit 25 Jahren gemeldet worden war. Die Vereinten
Nationen wollen in lokal beschränkten Kampfpausen insgesamt rund 640.000
Kinder impfen. Am Sonntag war die zweite Phase mit rund 256.000
verabreichten Impfdosen in Südgaza abgeschlossen worden.
## Das Ende einer militärischen Formation?
Während der Pausen waren die Kämpfe im Rest des Gebiets weitergegangen.
Israel hat das Gebiet seit Kriegsbeginn abgeriegelt. Hilfsorganisationen
warnen seither, dass nicht ausreichend humanitäre Hilfe nach Gaza gelangt.
Israels Verteidigungsminister Joav Gallant erklärte in einer
Pressekonferenz am Dienstag: „Die Hamas existiert nicht mehr als
militärische Formation.“ Er drängte erneut auf ein Abkommen für einen
Waffenstillstand und die Freilassung der verbliebenen Geiseln. Seit Monaten
stocken die Verhandlungen wegen immer neuer Forderungen von
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und der Hamas. Israel müsse sich
anderen Sicherheitsrisiken zuwenden, forderte Gallant.
Auch der Oppositionsführer Benny Gantz forderte bei einer Konferenz in
Washington, Israel solle seinen Fokus auf die Hisbollah und die
libanesische Grenze verlagern. Der Iran und seine Stellvertreter in der
Region seien „das wahre Problem“. Nissim Vaturi, ein Abgeordneter der
Regierungspartei Likud, ging noch einen Schritt weiter und sagte, ein
ausgewachsener Krieg mit der Hisbollah sei „eine Frage von Tagen“. Der
Beiruter Vorort Dahiyeh, eine Hochburg der Hisbollah, werde „aussehen wie
Gaza“, sagte er dem israelischen Sender KAN.
Ein hochrangiger US-Vertreter warnte am Montag vor „katastrophalen und
unabsehbaren Konsequenzen“ eines ausgewachsenen Krieges zwischen Israel und
der Hisbollah. „Am Ende könnte Israel einen hohen Preis zahlen, ohne seine
Ziele zu erreichen“, zitierte der Axios-Journalist Barak Ravid den
US-Beamten.
10 Sep 2024
## LINKS
[1] /Schwerpunkt-Nahost-Konflikt/!t5007999
[2] /Angriff-bei-Chan-Junis/!6020904
[3] /-Nachrichten-im-Nahost-Krieg-/!6033521
## AUTOREN
Felix Wellisch
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Israelische Armee
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Gaza
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