# taz.de -- Korruption in Nigeria: Stimmenkauf statt Antiterrorkampf | |
> Fast täglich deckt die Regierung des neuen Präsidenten Buhari | |
> Korruptionsfälle auf. Die Vorgängerregierung hat offenbar Mittel | |
> zweckentfremdet. | |
Bild: Präsident Muhammadu Buhari wird vorgeworfen, keine Strategie zur Korrupt… | |
ABUJA taz | Das kleine Erdbeben, das gerade durch Nigeria geht, ist überall | |
spürbar. Denn es vergeht kaum ein Tag, an dem keine neuen Namen auftauchen, | |
die mit Korruption in Verbindung stehen. | |
Bekanntestes Gesicht ist derzeit Sambo Dasuki, der frühere nationale | |
Sicherheitsberater von Expräsident Goodluck Jonathan. Gemeinsam mit fünf | |
Politikern soll er umgerechnet 89,8 Millionen Euro veruntreut haben, wofür | |
sie sich nun vor Gericht verantworten müssen. Die tatsächliche Summe dürfte | |
jedoch viel höher liegen. Ständig geistern unterschiedliche Riesensummen | |
durch die Medien. | |
Anfangs war nur die Rede von einem angeblichen Waffendeal. Mit | |
Phantomverträgen wurden Waffen, Fahrzeuge und Munition für bis zu 2,6 | |
Milliarden Euro gekauft. Doch das Geld wurde nie in den Kampf gegen die | |
Terrorgruppe Boko Haram gesteckt. | |
„Das zeigt, dass die Armee durchaus das Geld für eine bessere Ausrüstung | |
gehabt hätte“, sagt Soji Apampa, Mitgründer der Organisation Integrity, die | |
seit 20 Jahren Instrumente gegen Korrumpierbarkeit entwickelt. | |
## Verstrickungen werden offengelegt | |
Schritt für Schritt werden nun Verstrickungen offen gelegt. Es gibt | |
Verbindungen zu einem Fernsehsender, die Zentralbank ist genauso wie das | |
Finanzministerium unter seiner Exministerin Ngozi Okonjo-Iweala involviert. | |
Diese soll Dasuki umgerechnet 285 Millionen Euro gegeben haben. | |
Das Geld soll aus dem gestohlenen Vermögen von Exdiktator Sani Abacha | |
stammen, das jahrelang auf Schweizer Konten lag. Bedingung sei wohl | |
gewesen, dass damit die Terrormiliz bekämpft wird. Überprüft wurde es | |
nicht. | |
Das gilt als großes Problem. Es gibt so gut wie keine Kontrolle darüber, | |
wer von wem Geld erhielt und wie es später ausgegeben wurde. | |
Apampa schätzt, das große Summen zum Wählerkauf genutzt wurden. Die bisher | |
regierende Demokratische Volkspartei (PDP) und Expräsident Jonathan hätten | |
schließlich alles daran gesetzt, die Wahlen Ende März zu gewinnen. Wer an | |
der Macht ist, sitzt an den Fleischtöpfen. „Aber man hat sich verrechnet“, | |
sagt Apampa. | |
## Nur noch ein Regierungskonto | |
Denn mit Muhammadu Buhari wurde jemand an die Staatsspitze gewählt, der | |
seit Jahrzehnten als Hardliner im Kampf gegen die Bestechlichkeit gilt. In | |
den vergangenen Monaten wurde dem 73-Jährigen zwar vorgeworfen, die Bildung | |
seiner Regierung habe viel zu lange gedauert. Doch setzte er durch, dass | |
die Regierung künftig nur noch ein Konto hat. So wird es schwieriger, Geld | |
verschwinden zu lassen oder etwa Öleinnahmen falsch anzugeben. | |
Zur Taktik der neuen Regierung dürfte es auch gehören, möglichst viele | |
verschwundene Gelder wieder zurückzubekommen. Schließlich ist die | |
Staatskasse leer. Überall im Land wird über ausstehende Löhne geklagt, | |
viele Firmen warten auf Regierungsaufträge. | |
Doch Kritiker werfen Buhari vor, keine Strategie für die | |
Korruptionsbekämpfung zu haben. So wirkt es auch manchmal. Wie aus dem | |
Nichts tauchen plötzlich Namen auf. Doch genau das könnte laut Apampa die | |
Vorgehensweise sein. Wie bei einem Überraschungsangriff des Militärs kann | |
sich niemand vorbereiten. In Abuja wartet man täglich gespannt auf neue | |
Namen. | |
Auffällig ist, dass die Anschuldigungen meist einigermaßen stichhaltig und | |
nicht reine Spekulationen sind. | |
18 Dec 2015 | |
## AUTOREN | |
Katrin Gänsler | |
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