# taz.de -- Konflikt in Kamerun: Geleugnetes Massaker | |
> Bei einer Armeeoperation in einem Dorf in Kamerun sterben zahlreiche | |
> Menschen. Die Armee schweigt erst – und spricht dann von einem „Unfall“. | |
Bild: Missgeschick oder gezielte Tötung? Kameruns Militär bei einer Patroulli… | |
BERLIN taz | Es gibt zwei Versionen für das, was in den frühen | |
Morgenstunden des 14. Februar im kamerunischen Dorf Ngarbuh passiert ist. | |
Glaubt man Kameruns Armee, spähten vier Soldaten und zwei Gendarmen nachts | |
ein auffälliges Haus aus: „Eine wahre Logistikbasis für illegale Waren, zur | |
Entgegennahme illegaler Waffen und Munition sämtlicher Kaliber und zur | |
Lagerung und zum Verkauf von Betäubungsmitteln“, wie es in der | |
Verlautbarung des Verteidigungsministeriums heißt. | |
Die Spähmission sei beschossen worden. Im darauf folgenden Feuergefecht | |
seien mehrere Benzinkanister explodiert, hätten Hütten in Brand gesetzt und | |
eine Frau und vier Kinder seien gestorben. „Ein bedauerlicher Unfall“, so | |
Armeesprecher Cyrille Atonfack Guemo. | |
Mit dieser am Montag verbreiteten Version trat Kameruns Regierung den | |
Berichten entgegen, die seit Samstag in kamerunischen Medien zirkulierten | |
und bei [1][Kameruns Opposition] für Entsetzen sorgen. | |
Demnach rückten gegen drei Uhr morgens Bewaffnete in Armeeuniformen in | |
Ngarbuh ein und legten Feuer an Häusern von Familien, die Angehörige in der | |
separatistischen Rebellion im Westen Kameruns haben. 13 Häuser seien in | |
Flammen aufgegangen, zwanzig Menschen seien getötet worden, viele davon | |
lebendig verbrannt, gibt die unabhängige Zeitung Mutations Berichte von | |
Augenzeugen wieder und veröffentlicht entsprechende Fotos. | |
## Massaker vertieft Gräben | |
James Nunan, Leiter des humanitären UN-Koordinierungsbüros in Kameruns | |
Nordwestprovinz, bestätigte gegenüber AFP „mindestens“ 22 getötete | |
Zivilisten, davon 14 Kinder. „Die Leute riefen uns an, um zu sagen, dass | |
die Militärs gekommen sind. Sie brechen die Türen auf, schießen auf | |
diejenigen, die da sind, und zünden die Häuser an“, wird ein Bewohner der | |
Gemeinde Ntumbo zitiert, zu der Ngarbuh gehört. Der Menschenrechtsanwalt | |
Agbor Felix Nkongho spricht von 32 Toten. | |
Der Konflikt im [2][anglophonen Westen Kameruns], wo [3][Separatisten eine | |
eigene „Republik Ambazonien“] erkämpfen wollen, hat seit 2016 über 3.000 | |
Tote und 700.000 Vertriebene gefordert. Die jüngste Kraftprobe stellte die | |
Parlamentswahl vom 9. Februar dar: Die Rebellen versuchten, sie in den | |
beiden anglophonen Provinzen zu verhindern, zahlreiche Wahllokale blieben | |
geschlossen. | |
Ein Wahlergebnis liegt noch nicht vor. Wohl aber ein neues Massaker, das | |
die Gräben in Kamerun weiter vertieft. | |
18 Feb 2020 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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