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# taz.de -- Justiz in Kamerun: Lebenslänglich für Separatisten
> Zehn Vertreter der anglophonen Minderheit in Kamerun werden wegen
> Anzettelung einer Rebellion und Terrorismus schuldig gesprochen.
Bild: Präsidentenwahl am 7. Oktober 2018: Präsident Paul Biya bei der Stimmab…
Abuja taz | In Kamerun sind Sisiku Ayuk Tabe sowie neun weitere
Separationsbefürworter zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden. Ein
Militärgericht in der Hauptstadt Yaoundé sah es als erwiesen an, dass sie
eine Rebellion anzetteln wollten. Auch wurden sie wegen Terrorismus und
separatistischer Bestrebungen schuldig gesprochen.
Darüber hinaus müssen sie eine Strafe in Höhe von umgerechnet 381 Millionen
Euro zahlen sowie weitere 18,3 Millionen Euro, um entstandene Sachschäden
zu begleichen. Einer der Verteidiger nannte die Richter parteiisch und
kritisierte Unregelmäßigkeiten im Verfahren. Ersten Medienberichten zufolge
steht noch nicht fest, ob die Verurteilten in Berufung gehen.
Zahlreiche Bewohner im anglophonen Teil Kameruns, wo rund 20 Prozent der
25,6 Millionen Einwohner leben, fühlen sich von der Regierung in Yaoundé
seit Jahrzehnten systematisch marginalisiert. Nach ersten Protesten im
Herbst 2016 rief Tabe im Oktober 2017 die Republik „Ambazonia“ aus und gilt
als erster Präsident. International anerkannt ist Ambazonia nicht.
Präsident Paul Biya (86), der seit 1982 an der Macht ist, und seine
Regierung wiesen bisher alle Autonomiebestrebungen zurück. Tabe und 46
weitere Separatisten wurden im Januar 2018 in einem Hotel in der
nigerianischen Hauptstadt Abuja verhaftet und an Kamerun ausgeliefert.
## Halbe Million auf der Flucht
In den anglophonen Regionen Nordwest und Südwest herrschen
bürgerkriegsähnliche Zustände. Nach Angaben des Amtes der Vereinten
Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) sind mehr
als 530.000 Menschen in Kamerun auf der Flucht. Mehr als 35.000 leben im
Nachbarland Nigeria. Die Denkfabrik International Crisis Group (ICG)
schätzt, dass bisher 1850 Menschen ums Leben gekommen sind.
Bereits 2018 hatten die Vereinten Nationen die Auslieferung der 47
Separatisten scharf kritisiert. Im März nannte auch ein nigerianisches
Gericht die Entscheidung „falsch und verfassungswidrig“, was jedoch
keinerlei Konsequenzen hatte.
Nigeria und Kamerun sind direkte Nachbarn und die Regierungen auf gute
Beziehungen angewiesen. Parallel zu Urteilsverkündung veröffentlichte die
Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch einen Bericht zur Situation
im Gefängnis von Yaoundé. Darin heißt es etwa, dass vom 23. Juli bis 4.
August mehr als 100 Personen in Isolationshaft saßen und teilweise auch
gefoltert wurden. Ihnen wird vorgeworfen, die Separatisten zu unterstützen.
Diese Urteil kann auch richtungweisend im Prozess gegen den
Oppositionspolitiker Maurice Kamto sein. Kamto, der bei der
Präsidentschaftswahl 2018 Zweiter wurde, sitzt seit Ende Januar im
Gefängnis und wartet auf das Urteil seines Prozesses. Ihm wird
Vaterlandsverrat und Aufwiegelung vorgeworfen.
20 Aug 2019
## AUTOREN
Katrin Gänsler
## TAGS
Kamerun
Ambazonia
Paul Biya
Uno
Schwerpunkt LGBTQIA
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Schwerpunkt Flucht
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