# taz.de -- Kommentar Trumps „State of the Union“: Braucht kein Mensch | |
> Der US-Präsident ist höchst ungeschickt durch die Themen gestolpert, denn | |
> er kann nur provokante Soundbites. Alles andere überfordert ihn. | |
Bild: Trump im US-Kongress: Schon blöd, wenn man eine Rede halten muss, aber n… | |
US-Präsident Donald Trump ist kein guter Redner. Er ist ein effektiver | |
Produzent von Soundbites, kleinen provokativen Versatzstücken, über die | |
sich seine Fans freuen und seine Gegner ärgern. Eine komplette Trump-Rede | |
bei einer seiner Wahlveranstaltungen ist niemals kohärent, sie hat keinen | |
Anfang und kein Ende, Trump stolpert sich durch seine Themen, lässt sich | |
davontragen von Lügen, Beschimpfungen und unausgegorenen Gedanken und ist | |
dabei ganz im Einklang mit seiner ihn feiernden Basis. | |
Bei der [1][jährlichen Rede „zur Lage der Union“] geht das so nicht. Selbst | |
Trump braucht ein Skript, muss ablesen, muss irgendwie staatsmännisch | |
wirken. Das ist so gar nicht Seins. Selbst gute Redner scheitern mitunter | |
an den Erwartungen, die allein das Setting weckt: Beste Fernsehzeit, alle | |
Sender übertragen live, der gesamte Kongress muss zuhören. Wenn ein | |
Präsident – bekanntermaßen waren das bislang immer nur Männer – also | |
Bedeutendes zu sagen hat, dann ist diese Rede die beste Gelegenheit. | |
Hat Trump aber nicht. Obwohl er, wie die US-Medien sofort errechneten, mit | |
knapp eineinhalb Stunden eine der längsten „State of the Union“-Reden aller | |
Zeiten hielt, bleibt nur eine einzige harte Nachricht übrig: Trumps | |
geplantes [2][zweites Gipfeltreffen mit Nordkoreas Diktatur Kim Jong Un] am | |
27. Februar in Vietnam. | |
Ansonsten: Hohle Aufrufe zur nationalen Einheit, wie sie ein | |
Zufalls-Redegenerator hätte erzeugen können, gemischt mit Trumps | |
altbekannten Standardpositionen. Wo andere zumindest versucht haben, die | |
Vision ihrer Präsidentschaft zu erklären, bleibt bei Trump: Ich bin toll, | |
so gut war noch keiner, alle Ermittlungen gegen mich sind eine unbotmäßige | |
Hexenjagd und gefährden den Wohlstand der USA, und außerdem will ich die | |
Mauer zu Mexiko gegen die Invasion der kriminellen Migrant*innen und werde | |
sie auch bekommen. | |
Das überrascht zwar nach zwei Jahren Trump-Regierung niemanden mehr. | |
Schrecklich anzusehen ist allerdings, wie er es trotz dieses Irrsinns | |
geschafft hat, die republikanische Partei geschlossen hinter sich zu | |
bekommen. Nicht durch seine holprigen Reden, sondern durch deren | |
Komplizenschaft verändert Trump kontinuierlich die USA und letztlich die | |
Welt. Nicht, weil er überzeugt, sondern weil er es kann. | |
Das Ergebnis: [3][Konservative Mehrheit im Obersten Gerichtshof], | |
Steuerumverteilungen von unten nach oben, Auszehrung der | |
Gesundheitsversorgung, exorbitant steigende Militärausgaben, Verprellung | |
der Verbündeten, Rückzug aus internationalen Abkommen und so weiter. Trump | |
und die Republikaner walzen liberale Fortschritte in atemberaubender | |
Geschwindigkeit nieder. Das alles irgendwann rückgängig zu machen, wird für | |
jeden Nachfolger ganz schön schwierig. Und genau deshalb ist Trump der | |
unumstrittene Führer der Republikaner geworden. | |
Die Tradition der jährlichen Rede zur Lage der Nation beschwört einen Geist | |
von überparteilicher Beflissenheit beim Dienst am Volk, der längst der | |
Vergangenheit angehört. Spätestens seit Newt Gingrichs konservativer | |
Revolution gegen den damaligen Präsidenten Bill Clinton Mitte der | |
1990er-Jahre bekämpfen sich beide Seiten bis aufs Messer. | |
Bei Trump hätte die eigentlich „Rede zu meiner Befindlichkeit und der Lage | |
meiner Präsidentschaft“ heißen müssen. Und so etwas braucht kein Mensch. | |
6 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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