| # taz.de -- US-Präsident Donald Trump im Kongress: Rede zur Spaltung der Nation | |
| > Attacken, Verteidigung, Behauptungen: Trump bleibt in der „State of the | |
| > Union“-Rede bei seinen Leitmotiven. Überraschend sind allein die Gäste. | |
| Bild: Bleibt sich treu: Trump am Dienstag kurz vor seiner Rede | |
| Washington taz | Es würde eine Rede der Einheit werden, hatte das Weiße | |
| Haus angekündigt. Aber kaum trat US-Präsident Donald Trump am Dienstagabend | |
| für seine zweite Rede zur Lage der Nation vor den Kongress, attackierte er | |
| DemokratInnen, Frauenrechtlerinnen und SozialistInnen. | |
| Jenen, die eine Amtsenthebung gegen ihn betreiben, warf er eine Art | |
| nationalen Verrat vor. Sie würden, so Trump, sowohl das Wirtschaftswachstum | |
| als auch den Frieden gefährden. Aber sein Hauptthema war wie üblich: die | |
| Mauer. „Ich werde sie bauen“, versicherte er, „Mauern funktionieren. Sie | |
| retten Leben“. | |
| Nach zwei Jahren im Amt trat der US-Präsident politisch angeschlagen vor | |
| den Kongress. Zum Jahreswechsel hatte er sich mit dem längsten | |
| Regierungsstillstand der US-Geschichte selbst eine Niederlage bereitet. Er | |
| sperrte mehr als 800.000 Bundesbeschäftigen für 35 Tage den Lohn, um die | |
| Zustimmung zu seiner Mauer zu erzwingen. | |
| Als die DemokratInnen dennoch bei ihrem Nein blieben, brach er die | |
| unpopuläre Aktion ab. Seither droht er mit einem neuen Shutdown | |
| beziehungsweise der Ausrufung des „nationalen Notstands“, sollte er das | |
| Geld nicht bis zum 15. Februar bekommen. | |
| ## DemokratInnen in der Mehrheit | |
| Hinzu kommt, dass Trump am Dienstag erstmals vor einem Kongress sprach, | |
| dessen Mitglieder mehrheitlich DemokratInnen sind. Seit Januar hat seine | |
| Partei nicht mehr die Mehrheit im Repräsentantenhaus. In den kommenden zwei | |
| Jahren wird er gezwungen sein, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Andere | |
| US-Präsidenten haben unter solchen Umständen die Hand ausgestreckt und | |
| Kompromissbereitschaft signalisiert. | |
| Doch Trump gestaltete seine Rede, als hätte er weiterhin keine Opposition. | |
| Statt versöhnliche Worte zu wählen, beharrte er auf den Leitmotiven, die er | |
| seit Beginn seines Wahlkampfes bemüht. Damals bezeichnete er Mexikaner | |
| pauschal als Dealer und Kriminelle und zeichnete ein apokalyptisches Bild | |
| von einem „amerikanischen Blutbad“. | |
| Während der Präsident am Dienstag sprach, fanden in mehreren Städten der | |
| USA Demonstrationen gegen ihn statt. Und in zahlreichen Bars, die | |
| gewöhnlich die Rede zur Lage der Nation übertragen, blieb der Bildschirm an | |
| diesem Dienstag schwarz. | |
| Im Kongress hatten sich die meisten Frauen der demokratischen Fraktion weiß | |
| gekleidet. Mit der Farbe der [1][Suffragetten] wollten sie ihren Unmut über | |
| Trump zeigen und zugleich den hundertsten Jahrestag des Frauenwahlrechts | |
| würdigen. | |
| Als der Präsident erwähnte, dass jetzt mehr Frauen als je zuvor im Kongress | |
| säßen, kam in den weißen Rängen kurz Stimmung auf. Doch schnell übertönten | |
| „USA, USA!“ skandierende republikanische Männer die Demokratinnen. | |
| ## Die Aha-Momente waren rar | |
| Den längsten Teil seiner Rede widmete Trump der Lage an der US-Südgrenze. | |
| Dort ist die Einwanderung von Papierlosen zwar seit Jahren rückläufig, doch | |
| der Präsident bestand darauf, dass eine „Bedrohung für die nationale | |
| Sicherheit“ vorliege. | |
| Trump behauptete zudem, dass eine durchgängige Mauer die Sicherheit der | |
| US-BürgerInnen verbessern würde. Auch das widerspricht den Statistiken, | |
| denen zufolge ImmigrantInnen seltener straffällig werden als | |
| US-Staatsangehörige. Als „Beleg“ für seine Behauptung hatte Trump eine | |
| Familie auf die Gästetribüne geladen, deren Großeltern von einem | |
| papierlosen Einwanderer ermordet worden waren. | |
| Die Bedrohung im Süden und die Gäste, die Trump auf die Besuchertribüne | |
| geladen hatte, waren die einzigen Aha-Momente der eineinhalb Stunden langen | |
| Rede. Unter den Gästen waren zwei Holocaustüberlebende sowie Teilnehmer der | |
| Landung der Alliierten in der Normandie im Juni 1944. | |
| Als Trump dem 81-jährigen Judah Samet, der sowohl den Holocaust als auch | |
| den [2][Anschlag auf eine Synagoge in Pittsburgh] im vergangenen Herbst | |
| überlebt hat, zum Geburtstag gratulierte, brandete ein „Happy Birthday“ | |
| auf. „Für mich“, kommentierte Trump, „hätten sie das nie getan“. | |
| ## Treffen mit Kim in Vietnam | |
| Den Shutdown erwähnte Trump mit keinem Wort. Stattdessen lieferte er ein | |
| Sammelsurium von mindestens 29 Themen. Sie reichten von der Drogenepidemie | |
| in den USA bis zu Programmen gegen Krebs bei Kindern, von der | |
| Strafjustizreform bis zu den Afghanistan-Verhandlungen. | |
| Unter anderem brüstete sich Trump mit dem relativ guten Zustand der | |
| US-Wirtschaft – wobei die positiven Trends ausnahmslos bereits unter seinem | |
| Amtsvorgänger Barack Obama begonnen hatten. Und er behauptete ohne jeden | |
| Beleg, ohne ihn befänden sich die USA heute im Krieg mit Nordkorea. Er | |
| kündigte zudem an, dass er sich Ende Februar, dieses Mal in Vietnam, erneut | |
| mit Kim Jong-un treffen will. | |
| Die Demokratin Nancy Pelosi, die als Sprecherin des Repräsentantenhauses | |
| und Gastgeberin direkt hinter Trump saß, zeigte mit kleinen | |
| Gesichtsregungen, wie wenig sie von Trumps Auftritt hielt. Neben ihr, | |
| hinter der anderen Schulter von Trump, saß Vizepräsident Mike Pence, der | |
| fast jeden Satz des Präsidenten beklatschte. | |
| Auf der Besuchertribüne waren neben Trumps Gästen auch solche, die von | |
| demokratischen Abgeordneten eingeladen worden waren. Unter ihnen mehrere | |
| Transgender-Menschen, die Trump aus dem Militär ausschließen will, sowie | |
| eine Mexikanerin ohne Papiere, die jahrelang auf Trumps Golfplatz in New | |
| Jersey gearbeitet hatte. Erst im Januar wollen die Betreiber plötzlich | |
| gemerkt haben, dass mindestens zwölf der Angestellten keine Papiere hatten. | |
| Sie wurden kollektiv gefeuert. | |
| 6 Feb 2019 | |
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| Dorothea Hahn | |
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