# taz.de -- Kommentar Midterm-Wahlen in den USA: So gespalten wie das Land | |
> Die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus wird Trump das Leben | |
> zwar schwerer machen. Aber er wird das für sich zu nutzen wissen. | |
Bild: Jubeln nur in Einzelfällen: Leroy Garcia (M.), die siegreiche demokratis… | |
Das Ergebnis der Kongress- und Gouverneurswahlen in den USA ist genauso | |
gespalten wie das Land selbst: Die Demokraten übernehmen die Kontrolle im | |
Repräsentantenhaus, verlieren aber weitere Sitze im Senat und gewinnen nur | |
wenige Gouverneursposten hinzu. Für Präsident Donald Trump, der in zwei | |
Jahren für eine weitere Amtszeit gewählt werden möchte, bedeutet das: | |
weitermachen, weiter polarisieren. | |
Tatsächlich ist es nur ihm und seinem großen Einsatz im Wahlkampf zu | |
verdanken, dass die republikanische Basis nahezu genauso enthusiastisch an | |
den Wahlen teilgenommen hat wie die Gegner des Präsidenten. Ohne Trumps | |
unzählige Wahlkampfauftritte, ohne seine permanenten Angriffe und | |
Provokationen, ohne sein Warnen vor der „Invasion“ der | |
zentralamerikanischen Migrant*innen und dem „sozialistischen Albtraum“, in | |
den die Demokraten angeblich die USA verwandeln würden, wären etliche | |
republikanische Wähler*innen wohl zuhause geblieben. | |
Sicher, die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus wird Trump das | |
Leben schwerer machen als bisher. Haushaltsentwürfe können nur im | |
Repräsentantenhaus verabschiedet werden, mit Hilfe von | |
Untersuchungsausschüssen und Vorladungen können die Demokraten jetzt Trumps | |
Steuerunterlagen einfordern und seine zahlreichen Finanzskandale im | |
Kongress thematisieren. So etwas wie die sogenannte Steuerreform, die er | |
mit der Unterstützung beider Kammern des Kongresses im vergangenen Jahr | |
durchsetzte, wird jetzt nicht mehr ohne weiteres möglich sein. | |
Aber es ist nicht schwer, sich auszumalen, wie Trump die neue Konstellation | |
rhetorisch verarbeiten wird. Schon in den vergangenen zwei Jahren, als die | |
Demokraten gar nicht über Mehrheiten verfügten, um seiner Politik | |
ernsthaften Widerstand entgegenzusetzen, warf er ihnen eine Blockadepolitik | |
vor – also das, was die Republikaner unter Präsident Barack Obama | |
tatsächlich praktizierten. Der Vorwurf könnte gerade für einige der | |
moderaten Demokraten politisch gefährlich werden. Denn auch sie haben | |
gesehen, dass jetzt vor allem jene Demokraten ihren Senatssitz verloren, | |
die aus Staaten kamen, in denen Trump 2016 hoch gewonnen hat und die | |
dennoch etwa gegen die Bestätigung von Trumps Richterkandidaten [1][Brett | |
Kavanaugh] stimmten. | |
Die Republikanische Partei ihrerseits ist mit diesem Wahlzyklus endgültig | |
zur Trump-Partei geworden. In den meisten republikanischen Vorwahlen haben | |
sich seine Kandidaten durchgesetzt. Wo er im Wahlkampf auftrat, hinterließ | |
er eine aufgestachelte und engagierte Wählerschaft, und wer Trump zum | |
Gegner hat, wird nicht wirklich glücklich. Von jenen in Budgetfragen | |
Konservativen etwa, die noch unter Obama permanent gegen Neuverschuldung | |
und Defizite kämpften, ist schon lange nichts mehr zu hören – Trump | |
produziert Haushaltslöcher ungeahnter Tiefe, ohne dass das je zum Thema | |
wird. Seine Methode, lautstark und polternd Politik zu betreiben, | |
funktioniert und hat die Grand Old Party schon jetzt auf eine Weise | |
verändert, die über Trump hinaus fortdauern wird. | |
Trump hat geschafft, was Barack Obama seinerzeit versäumt hat. Auch Obama | |
konnte auf die Energie hoffen, die nur ein Washington-Outsider entfachen | |
kann, der seine eigene Wahl zum Ziel einer Bewegung erklärt, um das | |
verkrustete System zu verändern. | |
Aber während Obama seit seinem Wahlsieg vor genau zehn Jahren keine | |
direkten Kommunikationslinien mehr mit seiner Basis pflegte, erfolglos die | |
Zusammenarbeit mit den Republikanern suchte und über die E-Mail-Verteiler | |
nurmehr in unregelmäßigen Abständen der Aufruf verschickt wurde, für | |
irgendeinen Wahlkampf 5 Dollar zu spenden, pflegt Trump über Twitter und | |
Großveranstaltungen den direkten Draht zu seinen Wähler*innen und bleibt | |
selbst bei den dümmsten seiner Wahlversprechen. Sein rüpelhaftes Auftreten | |
in Washington ist für seine Anhänger der Beweis, dass ihr | |
Anti-Establishment-Kandidat sich nicht verbogen hat. Dass die andere Hälfte | |
des Landes das ganz furchtbar findet, bestätigt sie nur. | |
Für die Demokraten wird es eine wirkliche Herausforderung werden, bis zu | |
den Wahlen 2020 nicht nur eine geeignete Person zu finden, die Trump | |
herausfordern kann, sondern vor allem auch eine Strategie. Die Ergebnisse | |
vom Dienstag jedenfalls sind nicht eindeutig genug ausgefallen, um einem | |
der verschiedenen Flügel der Partei – etwa den 2016 unterlegenen | |
Unterstützer*innen des Linken [2][Bernie Sanders] – ein klares Mandat zu | |
geben. | |
7 Nov 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Brett_Kavanaugh | |
[2] https://act.berniesanders.com | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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