# taz.de -- Kommentar BDS: Die Diskursverschiebung | |
> Die Bundestagsfraktionen möchten mit einem Antrag gegen die | |
> Boykottbewegung BDS vorgehen. Doch damit verhindern sie eine wichtige | |
> Diskussion. | |
Bild: Proteste gegen den Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu… | |
Auf den ersten Blick kann man voll und ganz zustimmen: In allen Formen | |
müsse Antisemitismus verurteilt und bekämpft werden, heißt es in dem | |
interfraktionellen [1][Antrag, der noch diese Woche im Bundestag | |
beschlossen werden soll]. Doch der Text hat es in sich. | |
Erstens sollen der Boykottbewegung gegen Israel BDS („Boykott, | |
Desinvestitionen und Sanktionen“) in Deutschland Räumlichkeiten verweigert | |
werden. Das Argument: BDS sei antisemitisch. Das verkennt die Heterogenität | |
der Bewegung. Ohne Frage finden sich abscheuliche Antisemiten in ihren | |
Reihen (etwa jene, die das SS-Logo verwendeten, um gegen den ESC Stimmung | |
zu machen). Doch auch Menschenrechtler, Gewerkschaftler und Berufsverbände | |
in Palästina und in Israel haben den BDS-Aufruf von 2005 unterschrieben | |
oder unterstützen Teile des Forderungskatalogs. | |
Dass deutsche Politiker bereit sind, Boykottaufrufe pauschal zu ächten und | |
die Meinungsfreiheit massiv einzuschränken, erschreckt. [2][Nicht nur die | |
EU], auch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und | |
Entwicklung (BMZ) stellte 2017 in einem Vermerk noch fest: „Die | |
BDS-Bewegung ist aus Sicht der Bundesregierung nicht per se antisemitisch. | |
Daher ist es aus Sicht der Bundesregierung von der Meinungsfreiheit | |
gedeckt, sich für BDS auszusprechen.“ | |
Zweitens fordern Union, SPD, FDP und Grüne in ihrem Antrag, dass keine | |
öffentlichen Gelder an Boykottunterstützer fließen. Hier geht es um Gelder, | |
die etwa über politische Stiftungen oder kirchliche Hilfswerke an | |
Partnerorganisationen in Nahost gehen. Zwar ist nicht mehr, wie von der FDP | |
gewollt, pauschal von „Organisationen“ die Rede, sondern nur noch von | |
„Projekten“. Doch der Trend ist klar. | |
Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit in den besetzten palästinensischen | |
Gebieten stellt das vor erhebliche Probleme. Selbst die FDP-nahe | |
Friedrich-Naumann-Stiftung [3][arbeitet mit den Menschenrechtlern von RCHRS | |
zusammen], die [4][Verbindungen zu BDS] haben. | |
Der Antrag ist Ausdruck und Motor einer Diskursverschiebung. Er verhindert | |
eine Diskussion über Menschenrechte in Israel und Palästina; den dringend | |
notwendigen Kampf gegen Antisemitismus in Deutschland bringt er nicht | |
voran. | |
15 May 2019 | |
## LINKS | |
[1] /Antrag-zu-BDS-Kampagne/!5595802 | |
[2] /Vorwurf-aus-Israel/!5571474 | |
[3] https://www.freiheit.org/content/palaestinensische-gebiete | |
[4] https://bdsmovement.net/call | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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