| # taz.de -- Kolumne Russisch Brot: Nichts als graue Haare | |
| > Jelena Välbe ist die streitbare Chefin des russischen Skiverbands. Sie | |
| > hat eine ganz spezielle Sicht auf das Thema Doping. | |
| Bild: Nicht unbedingt im Kampf gegen Doping aufgefallen: Jelena Välbe | |
| Jelena Välbe ist Präsidentin des russischen Skiverbands. Als Langläuferin | |
| hat sie für die Sowjetunion und Russland drei Olympische Goldmedaillen, 14 | |
| Mal WM-Gold geholt und 45 Weltcuprennen gewonnen. Seit 2010 ist die heute | |
| 50 Jahre alte Frau an der Spitze des Skiverbands. Am vergangenen Wochenende | |
| platzte sie beinahe vor Stolz. Am Holmenkollen in Oslo standen nach dem | |
| 50-Kilometer-Rennen die Namen vor vier russischen Athleten ganz oben auf | |
| der Ergebnisliste. Alexander Bolschunow hatte vor Maxim Wyleschanin, Andrej | |
| Larkow und Ilja Semkow gewonnen. Vier Russen waren auf norwegischem Boden | |
| vor den üblichen norwegischen Dominatoren ins Ziel gekommen. | |
| Über deren Erfolge lästert Välbe schon seit Längerem. Am Rande der | |
| nordischen Ski-WM in Seefeld wunderte sie sich öffentlich über die vielen | |
| Asthmatiker im norwegischen Team. In der Tat verfügen etliche norwegische | |
| Langläufer über medizinische Ausnahmegenehmigungen, die ihnen die Einnahme | |
| von Asthmamitteln erlaubt. „Das ist legales Doping“, hatte Välbe in Seefeld | |
| gesagt und betont, dass im russischen Team keine Asthmatiker unterwegs | |
| seien. Als sie noch gelaufen sei, habe es so etwas nicht gegeben, da seien | |
| nur gesunde Leute im Weltcup am Start gewesen. | |
| Als Aktivistin im Kampf gegen Doping war Jelena Välbe bis dato nicht | |
| unbedingt aufgefallen. In die russische Staatsdopingaffäre, die auch | |
| etlichen ihrer Langläufer die Startberechtigung für die Olympischen Spiele | |
| in Pyeongchang gekostet hat, ist sie angeblich nicht verwickelt gewesen. | |
| Wenn Proben manipuliert worden sein, dann sei das ohne Wissen der Sportler | |
| geschehen, sagte sie: „Keiner hat darum gebeten.“ Und den Kronzeugen in der | |
| Dopingaffäre, den früheren Chef des Moskauer Analyselabors Grigori | |
| Rodtschenkow, hat sie als Landesverräter bezeichnet. All die Fragen dazu | |
| hätten sie ergrauen lassen. Das war für Välbe wahrscheinlich das Schlimmste | |
| am russischen Staatsdopingskandal. „Ich muss mir doppelt so oft die Haare | |
| färben wie davor“, hat sie einmal gesagt | |
| Und wenn es doch mal zu einem Dopingfall gekommen ist, den auch sie nicht | |
| verleugnen konnte, dann meinte sie, das sei eben so. Und man solle ihr ein | |
| Land nennen, in dem es keinen Dopingfall gegeben habe. Die [1][aktuelle | |
| Blutdopingaffäre] um den deutschen Arzt Mark Schmidt dürfte sie demnach | |
| nicht gewundert haben. Ob sie wohl wusste, welche Rolle der estnische | |
| Langlauftrainer Mati Alaver darin spielte, würde gewiss auch die Ermittler | |
| interessieren. Denn Alaver ist ein alter Bekannter von Välbe. | |
| Um ein Haar hätte sie den Mann, der am Montag in seiner Heimat Estland | |
| festgenommen worden ist, zum Trainer der russischen Langläufer gemacht. | |
| Nach der nordischen Ski-WM 2011 in Oslo sollte er das Team, das ein Jahr | |
| zuvor bei den Spielen von Vancouver doch arg enttäuscht hatte, übernehmen. | |
| Der Platz für Alaver als russischer Trainer war schon geräumt. Es war dann | |
| ein Dopingfall, der dazu führte, dass aus der Zusammenarbeit dann doch | |
| nichts wurde. Alaver wollte den erfolgreichsten Läufer der von ihm | |
| betreuten estnischen Mannschaft bei der WM 2011 noch einmal zu Gold | |
| verhelfen. Doch Doppelolympiasieger Andrus Veerpalu meldete sich kurz vor | |
| dem Sprintwettbewerb ab. Später wurde bekannt, dass schon einen Monat zuvor | |
| bei einer Dopingprobe Wachstumshormone bei Veerpalu gefunden worden waren. | |
| Die Russen suchten sich dann einen anderen Trainer. | |
| Man kann es also durchaus als glücklichen Umstand bezeichnen, dass sich | |
| Välbe nach der Razzia von Seefeld als Unschuldslamm präsentieren konnte. | |
| „Bei uns ist alles ruhig“, sagte sie, als sie auf die Durchsuchungen und | |
| Festnahmen angesprochen wurde. Die Polizei könne kommen, die Türen seien | |
| offen. Offene Türen hätte sich gewiss so mancher auch bei der Aufklärung | |
| des russischen Staatsdopingskandals gewünscht. | |
| 13 Mar 2019 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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