# taz.de -- Solidarität mit Alexei Nawalny: Team Antiputin | |
> Zwei Profisportler fordern die Freilassung von Alexei Nawalny. Auf den | |
> Sport konnte sich Wladimir Putin eigentlich immer verlassen. | |
Bild: Zielsicherer Stürmer und Putin-Kritiker: Artemi Panarin | |
Der russische Sport hat sich am Wochenende beinahe ebenso schlagkräftig | |
gezeigt wie die Sicherheitsbehörden des Landes [1][beim Umgang mit den | |
Demonstranten], die für die Freilassung des russischen Regierungskritikers | |
Alexei Nawalny auf die Straße gegangen waren. Alexander Bolschunow, | |
[2][einer der besten Langläufer der vergangenen Jahre], war so sauer, | |
nachdem ihm sein finnischer Konkurrent Joni Mäki beim Zieleinlauf zum | |
Staffelrennen von Lahti den Weg abgeschnitten hat, dass er zunächst | |
versuchte, ihn mit dem Skistock zu schlagen, und ihn dann nach der | |
Zieldurchfahrt mit einem wuchtigen Bodycheck zu Boden gebracht hat. | |
Im Unterschied zur den Polizisten des Innenministeriums allerdings hat sich | |
Bolschunow für seinen gewalttätigen Einsatz schnell entschuldigt. | |
Eine Entschuldigung erwartet manch russischer Sportfunktionär auch von | |
Artemi Panarin. Der ist einer der besten Eishockeyspieler in der | |
nordamerikanischen Profiliga NHL. Seit 2019 spielt er bei den New York | |
Rangers und eilt dort von Klubrekord zu Klubrekord. Am Wochenende hat er | |
den 100. Scorerpunkt für seinen Klub erzielt. Dafür hat er 73 Spiele | |
gebraucht, eines weniger als einst die Eishockeylegende Mark Messier. | |
Darüber wird in Russland mit gehörigem Stolz berichtet. Genauso über die | |
frische Gehaltsliste der NHL, die Panarin mit 11,5 Millionen US-Dollar | |
Jahresgehalt auf Platz sechs führt. | |
Doch so recht zum Superstar will man Panarin in Russland nicht aufbauen. | |
Kein Wunder: er ist ein ausgewiesener Kritiker von Präsident Wladimir Putin | |
und hat sich nicht erst nach der Verhaftung Nawalnys auf die Seite der | |
sogenannten Kremlkritiker gestellt. | |
## Barfuß gegen Putin | |
Für ein erstes großes Aufsehen sorgte [3][ein Interview], das Panarin 2019 | |
dem Videokanal des Fachportals sports.ru gegeben hat. Während er barfuß | |
durch seine eben erworbene Wohnung am Rand von Sankt Petersburg geht, | |
spricht er von der Gesetzlosigkeit, die in Russland herrsche. Er spricht | |
von der Wut auf den Rest der Welt, die jedem Russen eingeimpft werde, und | |
auch davon, wie er zum Putinkritiker geworden sei. Das war er nicht immer. | |
Er sei früher immer auf die Härte und Kraft des russischen Präsidenten | |
angesprochen worden und sei selbst lange mit stolzgeschwellter Brust durch | |
die Welt marschiert und habe geglaubt, es sei toll, wenn alle Welt Angst | |
vor den Russen hätte. | |
Seit er regierungskritische Medien wie Echo Moskaus, TV Rain oder die | |
Kanäle von Nawalny konsumiert, hat sich das geändert. „Da habe ich | |
verstanden, welche Art von Schrecken im Land herrscht“ sagt er. Nun hat er | |
seinen über 500.000 Followern auf Instagram [4][am Wochenende ein Bild] von | |
Nawalny mit dessen Frau und Kindern in die Timeline gesendet– darunter ein | |
russischsprachiger Hashtag mit der Botschaft: „Freiheit für Nawalny“. | |
Seitdem sammeln russische Medien Statements anderer Sportler, die Panarin | |
verurteilen. Der zweifache Eishockeyolympiasieger Boris Michailow meinte | |
etwa, auf dem Eis brauche man jeden, „aber mal sehen, was passiert, wenn | |
das Spiel aus ist.“ | |
Derweil sorgt [5][ein Video für Aufsehen] in der russischen Sportwelt, das | |
der Fußballer Igor Denisow an sports.ru geschickt hat. „Hallo Freunde, ich | |
bin Igor Denisow, ehemaliger Kapitän von Lokomotive, Zenit, Dynamo und der | |
russischen Nationalmannschaft“, stellt er sich vor und macht klar, dass er | |
sich eigentlich nie für Politik interessiert hat. Aber: „Ich möchte Alexei | |
Nawalny unterstützen. Er muss freigelassen werden.“ | |
Spitzensportler aus Russland sind in der Vergangenheit selten mit | |
regierungskritischen Äußerungen aufgefallen. Viele ließen sich für die | |
Sache Putins instrumentalisieren. Alexander Owetschkin, der gefeierte | |
Kapitän des NHL-Teams Washington Capitals, hat 2017 gar eine Bewegung | |
gegründet, die sich „Putinteam“ nennt. „Wir wollen, dass Wladimir Putin | |
weiß, dass wir ihn unterstützen“, sagte Owetschkin damals. Jetzt weiß der | |
Präsident auch, wer ihn nicht unterstützt. | |
27 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Nawalny-Proteste-in-Moskau/!5745996 | |
[2] /Kolumne-Russisch-Brot/!5576647 | |
[3] https://www.youtube.com/watch?v=4MS98y6fY0I | |
[4] https://www.instagram.com/p/CKTySKujt2N/ | |
[5] https://twitter.com/sportsru/status/1352220867833470976?ref_src=twsrc%5Etfw… | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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