# taz.de -- Kolumne Das Tuch: Die deutschen Haustürken | |
> Wir haben die Deutungshoheit über unsere Leute. Ich könnte jeden | |
> Schwachsinn erzählen, ich würde immer Menschen finden, die ihn | |
> bereitwillig glauben. | |
Bild: Necla Kelek und Thilo Sarrazin bei der Präsentation von „Deutschland s… | |
Auch als Minderheit hat man Privilegien. Beispielsweise dann, wenn man sich | |
in der Öffentlichkeit bewegt. Dort haben wir eine Deutungs- und | |
Meinungshoheit über unsere Leute, unsere Minderheit. Das ist unsere | |
Geldmaschine. Unsere Macht. | |
Ich könnte jeden Schwachsinn erzählen, ich würde immer irgendwo Menschen | |
finden, die ihn bereitwillig glauben. Denn wenn ich es sage, „die Türkin“, | |
„die Muslimin“, dann wird es schon stimmen. Ich muss nichts beweisen. Das | |
fängt an bei ironischen Märchen wie: „Na klar duschen wir mit dem Kopftuch�… | |
(schon passiert). Und hört tatsächlich nirgendwo auf. Er geht so weit, wie | |
„der Türke“ oder „die Türkin“ ihn gerne treiben mag. | |
„Die Menschen haben nicht die Fähigkeit, ihre Sexualität zu kontrollieren�… | |
sagte Necla Kelek im ZDF und fuhr fort: „Besonders der Mann nicht, und der | |
ist ständig eigentlich herausgefordert und muss auch der Sexualität | |
nachgehen. Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, | |
dann eben ein Tier […].“ | |
Tja, wenn selbst „die Türkin“ Kelek erzählt, dass Männer ihre Sexualitä… | |
Tieren entleeren, dann muss es halt stimmen. Und ganz egal, was die UNO | |
kürzlich dazu sagte – Thilo Sarrazin kann kein Rassist sein, weil „die | |
Türkin“ Kelek doch eifrig nickte, bei seiner Buchveröffentlichung mit am | |
Tisch saß. Wenn selbst „die Türkin“ ihm zustimmt, dann hat er sicher rech… | |
## Der Multikulti-Verharmloser | |
Eine andere „die Türkin“ lief mit Sarrazin durch Kreuzberg und erzählte | |
später vom „Kreuzberger Mob“, den aggressiven Reaktionen dieser | |
unzivilisierten Multikulti-Verharmloser und verschwieg die Beleidigungen, | |
die sich der „Mob“ von ihrem Begleiter anhören musste. | |
Jüngst schrieb „der Türke“ Akif Pirincci vom schleichenden Genozid an den | |
Deutschen durch die türkischen und muslimischen Männer: „Wie wird die | |
Zukunft aussehen? Diese sich steigernde Deutsche-Totschlägerei wird medial | |
sukzessive an ihrer Brisanz verlieren, so sehr, dass nur noch die | |
allerschlimmsten Fälle in der Gewichtung von schweren Autounfällen | |
Erwähnung finden werden.“ | |
„Der Türke“ darf alles über seine Leute sagen und schreiben. Er darf sie | |
beleidigen und rassistischer sein als der leidenschaftlichste Rassist. „Ihr | |
kopfbetuchten und verschleierten Frauen, ich appelliere an euer Mutterherz | |
und an euren Mutterstolz. Nicht nur, dass ihr in dieser Aufmachung wirklich | |
widerlich ausseht, nein, dadurch bekommt ihr auch total hässliche, doofe | |
und im schlimmsten Fall missgebildete Kinder“, so Pirincci zuletzt. | |
## Haussklaven und Feldsklaven | |
Vor vielen Jahren unterschied ein kluger Mann in den USA zwischen | |
Haussklaven und Feldsklaven (im Original wurde damals das N-Wort | |
verwendet). Der schwarze Haussklave identifiziere sich mit seinem weißen | |
Herrn, er spreche wie er und denke wie er. Und beizeiten ist er gar | |
erbarmungsloser und brutaler gegenüber seinesgleichen, den Feldsklaven. Und | |
diese Haus- und Feldmentalität gebe es in ihrer modernen Form noch immer in | |
den USA. | |
Deutschtürken waren in Deutschland beileibe keine Sklaven. Aber auch hier | |
können Minderheiten rassistisch sein. Gegenüber anderen Minderheiten und | |
gegenüber sich selbst. Wenn ich Onkel Akif und Tante Necla lese, dann kann | |
ich nicht mehr anders, als zu denken: Das sind sie, Deutschlands | |
Haustürken. | |
Klarstellung: | |
Wir haben in dem Text ursprünglich von „islamisch Erzogenen“ bzw. | |
„muslimischen Männern“ geschrieben. Wir stellen klar: Frau Kelek hat | |
wörtlich gesagt: | |
„Ich sehe nach diesem Menschenbild, von dem ich vorhin gesprochen habe, – | |
was der Islam übrigens auch vorgibt in der Erziehung – da gibt es ein | |
Menschenbild, was konstruiert ist: Die Menschen haben nicht die Fähigkeit | |
ihre Sexualität zu kontrollieren und besonders der Mann nicht, der ist | |
ständig eigentlich herausgefordert und muss auch der Sexualität nachgehen. | |
Er muss sich entleeren, heißt es, und wenn er keine Frau findet, eben dann | |
ein Tier oder eine andere Möglichkeit, wo er auch dem nachgehen muss. Und | |
das hat sich im Volk so durchgesetzt, das ist ein Konsens, wo auch die | |
älteren Damen, Frauen immer davon sprechen: ‚Ja, wenn du dich jetzt so | |
kleidest, er muss ja, er kann ja nicht anders.‘ ich gehe also dieser Frage | |
sehr genau nach und sehe sogar große Zusammenhänge darin, warum große | |
wissenschaftliche Erfindungen in arabischen Ländern, in muslimischen | |
Ländern nicht stattfindet. Wenn natürlich der Mann permanent der Meinung | |
ist, erstmal seine eigenen Frauen kontrollieren zu müssen, weil er kein | |
Vertrauen und Misstrauen gegenüber anderen Männern hat, die ja nur an Sex | |
denken, und er sich selbst ständig überprüfen muss und schauen muss, wo er | |
halt wieder seinen Trieb nachgehen kann, dann kann ich ja auch nicht | |
ausschließlich meinem Ratio oder mit meinem Ration eigentlich leben. Das | |
sind vielleicht zwar sehr, sehr große Zusammenhänge, die ich da herstellen, | |
aber ich bin diesen Fragen so nachgegangen“. | |
1 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Kübra Gümüsay | |
## TAGS | |
Das Tuch | |
Migration | |
Türken | |
Migranten | |
Deutschtürken | |
Islam | |
Kopftuch | |
Integration | |
Schwerpunkt Rassismus | |
taz.gazete | |
Femen | |
Talkshow | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Familie | |
taz.gazete | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Veranstaltung in Berlin: Kein #Aufschrei auf Papier | |
„Rassismus und Sexismus abbloggen“: Bei einer Veranstaltung der Friedrich | |
Ebert Stiftung kamen die alten Medien schlecht weg. | |
Kolumne Das Tuch: Es war schön mit dir, liebe Kolumne | |
Ich bin mit dieser Kolumne gewachsen, mehr als drei Jahre lang. Ich zog mit | |
ihr um, war mal wild, mal lustig, mal sentimental. Tschüs, ahoi und liebe | |
Salams! | |
Femen und die muslimische Frau: Gut gemeint | |
Die Aktivistinnen von Femen wollen die muslimische Frau befreien. Was die | |
dazu sagt, spielt dabei keine Rolle. Wie aus einer guten Sache eine | |
hässliche wird. | |
Kolumne Das Tuch: Wenn die Kameras aus sind | |
Sind alle Deutschen krank? Warum kann man mit Dauergästen aus Talkshows nur | |
nach der Sendung vernünftig reden? | |
Kolumne Das Tuch: Rassistin? Ich? | |
Die Kritik an Wörtern wie „Neger“ ist im Internet oft nicht sehr | |
freundlich. Die Kolumnistin hat das zunächst verletzt. Heute findet sie es | |
richtig. | |
Kolumne Das Tuch: Erbarmungslose Nacktfotos | |
Handys und Laptops, Skype und verschickte Fotos sind mittlerweile ein | |
fester Bestandteil unserer Familientreffen. Hauptfigur ist dabei ein | |
zweijähriger Junge. | |
Kolumne Das Tuch: Blind vor lauter Ärger | |
Ich spüre kein dringendes Verlangen mehr, alles und jeden zu überzeugen, | |
mich zu verteidigen. Ich bin keine Wutbürgerin mehr. Ich bin jetzt | |
gelassen. | |
Kolumne Das Tuch: Mein Leben in der Fremde | |
Es gibt Worte, die lassen sich kaum in eine andere Sprache übersetzen – | |
deswegen bleiben manche Gefühle unausgesprochen. |