# taz.de -- Homophobie in der Türkei: Hass von der AKP | |
> Die türkische Religionsbehörde verbreitet homophobe Positionen – und | |
> selbst ein in Deutschland tätiger Arzt macht dabei mit. | |
Bild: Der türkische Präsident und der Chef seiner Religionsbehörde im vergan… | |
Im April hat das türkische Präsidium für Religionsangelegenheiten eine | |
Erklärung abgegeben, die Homosexuelle und Transsexuelle zum Ziel hatte. Der | |
Vorsitzende [1][Dr. Ali Erbaş erklärte in einer Ansprache], dass | |
Homosexualität dem islamischen Glauben nach Sünde sei. Im vergangenen Jahr | |
bezeichnete er in einer ähnlichen Rede Homosexualität als Perversität. | |
Dass diese Erklärungen von Erbaş meist zum ersten Freitagsgebet des Ramadan | |
abgegeben werden, ist sicherlich Zufall. Der Fastenmonat ist schließlich | |
heilig. Es sollte eine Zeit sein, in der die Reichen die Armen verstehen, | |
Verfeindete sich vertragen, Liebe und Toleranz an die Stelle von Hass | |
tritt. Allerdings denke ich nicht, dass das für diese neureichen Anhänger | |
des politischen Islams gilt. Es sind ganz klare Äußerungen des Hasses, die | |
Nährboden für Gewalt bieten. | |
Aber welche Absicht steckt eigentlich hinter diesen homophoben Äußerungen? | |
Die AKP weiß ganz genau, dass die feministische und LGBTI-Bewegung ihre | |
größte Gegner*in ist. Um diesen Gruppen Steine in den Weg zu legen, wurde | |
noch nie gezögert auch den Islam zu instrumentalisieren. Und dass Erdoğan | |
versucht eine neue Türkei zu schaffen, die einem zweiten Indonesien | |
gleicht, ist inzwischen unbestreitbar. | |
Kurz nach der letzten Erklärung im April hat ein türkischstämmiger Arzt | |
folgendes getweetet: “Als Mediziner will ich klarstellen, dass Homo- und | |
Transsexualität eine Krankheit ist.“ Dieser Dr. Metin Çakır hat in | |
Deutschland studiert und arbeitet seit 20 Jahren in der Helios Klinik für | |
Herzchirurgie in Karlsruhe. Nach dem Tweet dieses Doktors ging natürlich | |
einiges drunter und drüber. Von denjenigen, die nach 2015 aus der Türkei | |
nach Deutschland gekommenen, gab es viel Kritik: tausende Mails an die | |
Klinik, Anrufe, Beiträge in den sozialen Netzwerken in Türkisch, Deutsch | |
und Englisch usw. Die deutschen Journalist*innen, Politiker*innen und | |
LGBTI-Aktivist*innen konnten nur staunen. | |
Aber das eigentlich Interessante daran ist das Schweigen der “alten | |
Generation“ Türkeistämmiger. Nachdem der Vorfall in den deutschen Medien | |
publik wurde, [2][hat sich die Klinik schließlich von Dr. Çakır | |
verabschiedet]. Auch wenn die Stellungnahme der Klinik streitbar ist, ist | |
es doch eine erfreuliche Entwicklung. Ganz nebenbei ist es auch eine | |
schönes Detail, dass der deutsche Bundesgesundheitsminister Jens Spahn | |
schwul ist. Allerdings hat sich weder er noch das baden-württembergische | |
Ministerium zu dem Vorfall geäußert. | |
Auch die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalaycı ist eine von denen, | |
die schweigt. Und was wäre, wenn es ein antisemitischer Tweet gewesen wäre? | |
Wäre dann auch eine solche Stille möglich gewesen? Hass hat keine Form und | |
kein Geschlecht. Hass ist Hass. Egal woher Gewalt kommt, ihr sollte mit | |
aller Kraft etwas entgegengesetzt werden. | |
21 May 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Umstrittener-Kleriker-in-der-Tuerkei/!5678833 | |
[2] https://www.hurriyet.de/news_herzchirurg-aus-karlsruhe-tweetet-homophoben-i… | |
## AUTOREN | |
Michelle Demishevich | |
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