# taz.de -- Hauptversammlungen während Pandemie: Protest braucht Präsenz | |
> Seit Corona halten Firmen ihre Hauptversammlungen online ab. | |
> Aktionärsvertreter:innen beklagen nun: Das schränke | |
> Kritikmöglichkeiten ein. | |
Bild: Noch vor Corona: Klimaproteste bei der RWE-Hauptversammlung im Mai 2019 | |
BERLIN taz | Seit der Pandemie halten fast alle Konzerne ihre | |
Hauptversammlungen online ab, oft ohne Rederecht der Anteilseigner:innen. | |
Darüber regt sich nun Widerstand bei Aktionärsschützern und Investoren. | |
„Ohne Nachfragen und Interaktion stellt sich schon die Sinnfrage“, sagt | |
Tilman Massa vom Dachverband Kritische Aktionäre. | |
Laut einer Studie des Branchenverbands BVI ließen lediglich 5 Prozent der | |
Unternehmen aus DAX, MDAX und TecDAX ihre Aktionär:innen bei den | |
digitalen Hauptversammlungen 2020 zu Wort kommen. Grundlage dafür sind die | |
Pandemieregeln für Hauptversammlungen, die der Bundestag Anfang September | |
bis August 2022 verlängert hat. | |
Das passt den [1][Kritischen Aktionären] nicht. Die | |
Onlinehauptversammlungen drohten zu einer reinen Werbeshow zu verkommen, | |
sagt Massa. Vorab Fragen einzureichen sei zwar möglich, Nachfragen seien | |
aber meist nicht gestattet. Die Kritischen Aktionäre fordern, dass Vorstand | |
und Aufsichtsrat im Gegenzug zumindest ihre Reden vorab veröffentlichen. | |
Für die Konzerne gibt es gute Gründe, beim Onlineformat zu bleiben: Sie | |
sparen Kosten, Siemens etwa lädt sonst 10.000 Menschen in die Münchener | |
Olympiahalle. [2][Und Firmen wie RWE], Rheinmetall oder Bayer bleiben so | |
von öffentlichkeitswirksamen Protesten verschont. „Man muss den Konzernen | |
aber auch das bittere Ende ihrer Lieferketten vor Augen führen können“, so | |
Massa. | |
## Nur eine Übergangslösung? | |
Für Hybridlösungen fordern die Kritischen Aktionäre klare gesetzliche | |
Regelungen, die das Rederecht der Aktionär:innen wahren, gleich ob | |
online oder in der Halle. Zurzeit bestehe die Gefahr, dass ein technisches | |
Problem die gesamte Hauptversammlung anfechtbar mache. | |
Die Konzerne versuchen aktuell, aus der Corona-Übergangslösung eine | |
dauerhafte zu schaffen. „Das ist schlecht für die Aktionärsdemokratie“, | |
sagt ein Sprecher des BVI. Der Aktionärsverband fordert, schnell wieder | |
Hauptversammlungen in Präsenz abzuhalten. | |
Bei der Telekom soll das im April im nächsten Jahr mit Hygienekonzept der | |
Fall sein. „Die einstweilige Rückkehr zur Präsenz-Hauptversammlung ist | |
erstmal kein Rückschritt, und nun sollten sich Unternehmen gemeinsam mit | |
den Aktionären in Ruhe anschauen, wie man die Hauptversammlungen sinnvoll | |
modernisieren könnte“, sagt der BVI-Sprecher. Der Dialog zwischen | |
Aktionären und Unternehmen müsse dabei eine zentrale Rolle spielen und | |
erhalten bleiben. Sonst drohe wieder ein „Vorstandsfernsehen“ ohne Debatte. | |
19 Oct 2021 | |
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## AUTOREN | |
Nathanael Häfner | |
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