# taz.de -- Hasskommentare und Homöopathie: Goodbye, Mithulogie | |
> Es war großartig, Mithulogie zu betreiben. Es ist Zeit, über andere Wege | |
> der Kommunikation nachzudenken. Bis dahin: Danke! | |
Bild: Nach der Kolumne geht es erst mal auf die Therapeut*innen-Couch. Oder so … | |
Es ist so weit! Ich bin wegen euch in Therapie. Okay, das ist eine | |
Übertreibung, aber ich habe mir ernsthaft eine Supervision besorgt, weil | |
mich die Reaktionen auf nicht nur meine, sondern alle hier geäußerten | |
Meinungen echt verblüffen. Natürlich bilde ich mir nicht ein, dass ihr euch | |
an den Kopf schlagt und die Welt anders seht, bloß weil ich hier ein paar | |
mehr oder minder pointierte Zeilen hinschreibe. Ehrlich gesagt hatte ich | |
damit gerechnet, dass diese Kolumne weitgehend ignoriert wird. | |
Stattdessen führte etwa [1][die letzte zum Thema Homöopathie] dazu, dass | |
Twitter von erzürnten Kommentaren so überschwemmt wurde, dass ich es eine | |
Woche lang nicht nutzen konnte. Die zivileren Twitterati schrieben mich an | |
und verlangten Beweise für meine Aussagen. Also schickte ich ihnen die | |
betreffenden Studien. Interessanterweise machte das sie nur noch wütender. | |
Kann ja sein, dass die Studien Bullshit sind, aber ich hatte gar nicht | |
behauptet, sie seien heißer Scheiß, sondern schlicht, dass es sie gibt. Es | |
sollte doch möglich sein, sich auf so basale Dinge zu einigen. Anscheinend | |
nicht! | |
Vor Kurzem las ich den Satz: Fakten können keine Meinungen ändern. Nun ist | |
mein Ziel überhaupt nicht, irgendjemandes Meinung zu ändern, und erst recht | |
nicht eure oder Ihre. Aber es wäre interessant herauszufinden, womit wir | |
stattdessen so nahe an Ansichten herankommen, dass diese weich werden und | |
andere Sichtweisen zulassen. Die Antwort scheint zu sein: Gerüche! | |
Bei einem Experiment wurden Versuchspersonen politische Fragen gestellt, | |
während sie mit unangenehmen Gerüchen bedampft wurden – mit dem Ergebnis, | |
dass sie deutlich konservativere Antworten gaben als die Kontrollgruppe, | |
die in einem weniger miefigen Raum befragt wurde. Damit will ich nicht | |
sagen: Lüften Sie mal. Aber doch, dass wir uns breitere Gedanken machen | |
sollten, als nur weiterhin aufeinander einzureden. | |
Andere Wege der Kommunikation | |
Vielleicht sollten wir erst einmal dafür sorgen, dass Menschen sich sicher | |
und entspannt fühlen, bevor wir politische Diskussionen beginnen. Ich weiß | |
es nicht. Ich weiß nur, dass ich nicht weiter Meinungen raushauen will, bei | |
denen mir diejenigen zustimmen, die sowieso meiner Ansicht sind, und sich | |
die anderen vor den Kopf gestoßen fühlen. | |
Ich möchte über andere Wege zu kommunizieren nachdenken. Und da Schreiben | |
nun einmal das ist, was ich tue, werde ich das schreibend tun. Aber bis ich | |
eine Lösung gefunden habe, nicht mehr in Form dieser kurzen, | |
polarisierenden Kolumne. | |
Deshalb bleibt mir nur, die letzten 300 Zeichen dafür zu nutzen, trotz | |
allem Danke zu sagen für eure Wut. Danke für eure dadaistischen Gedichte. | |
Danke, dass ihr euch an mir gerieben und mir dadurch das Gefühl gegeben | |
habt, dass Journalismus wirklich etwas in Menschen auslöst. | |
Es war großartig, [2][Mithulogie zu betreiben]. And who knows: I might come | |
back. | |
12 Aug 2019 | |
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## AUTOREN | |
Mithu Sanyal | |
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