| # taz.de -- Hamburger Klimaplan wackelt: Der verschwiegene Umweltsenator | |
| > Dem Klimaschutzplan bricht ein Eckpfeiler weg: Ölheizungen dürfen | |
| > bleiben. Das war absehbar, passte aber nicht zum Wahlkampf. | |
| Bild: Nicht so einfach zu verbieten: alte Ölheizung | |
| Hamburg taz | [1][Hamburgs Klimaschutzplan] bröckelt. Seit bekannt wurde, | |
| dass das von Senat und Bürgerschaft beschlossene Verbot des Neu-Einbaus von | |
| Ölheizungen ab 2022 mit Bundesrecht nicht vereinbar ist, fehlt Hamburg ein | |
| „wesentlicher Baustein“ zur Erreichung seiner Klimaziele. Pikant daran: Die | |
| federführende, vom grünen Senator Jens Kerstan geleitete Umweltbehörde, | |
| wusste schon seit langem, dass das Ölheizungsverbot mit geplanten | |
| Bundesgesetzen nicht vereinbar sein würde, verschwieg dies aber der | |
| Öffentlichkeit. | |
| Stattdessen bauschte die rot-grüne Landesregierung ihr geplantes Klimapaket | |
| vergangenen Dezember zum Wahlkampfschlager auf – obwohl sie bereits wusste, | |
| dass die Bundesregierung Teile des Pakets obsolet machen könnte. Das belegt | |
| die [2][Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Stephan Gamm]. | |
| Dieser wirft Kerstan nun „Täuschungen, Halbwahrheiten“ und „Ignoranz“ … | |
| Ausgebremst wird das Hamburger Ölheizungsverbot durch das Anfang Juli vom | |
| Bundestag beschlossene [3][Gebäudeenergiegesetz]. Das sieht lediglich vor, | |
| dass ab 2026 einzubauende Ölheizungen anteilig auch erneuerbare Energien | |
| nutzen müssen. Sollte das jedoch technisch nicht machbar sein, ist der | |
| Einbau von Ölfeuerungsanlagen auch weiterhin ohne Zugabe erneuerbarer | |
| Energien möglich. | |
| Das Gesetz enthält ausdrücklich keine „Öffnungsklausel“, die es den | |
| Bundesländern ermöglicht, eigene weitergehende Maßnahmen für die | |
| Zurückdrängung von Ölfeuerungsanlagen zu beschließen. Für eine solche hatte | |
| sich Hamburg im Gesetzgebungsverfahren eingesetzt, war aber gescheitert. | |
| ## Die zu erwartenden Probleme verschwieg der Senator | |
| Sehenden Auges fuhr der rot-grüne Senat mit Kerstan am Steuer das | |
| Ölheizungsverbot gegen die Wand. „Mögliche Kollisionen waren bereits vor | |
| Verabschiedung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes bekannt“, gibt der | |
| Senat nun in seiner Antwort auf die CDU-Anfrage zu. | |
| Es ist nicht das erste Mal, dass Kerstan rechtliche Hürden mit der | |
| Umsetzung seiner Klimaschutzverordnungen verheimlicht. Kaum hatte er im | |
| anlaufenden Bürgerschaftswahlkampf Hamburgs Klimaschutzpläne zusammen mit | |
| Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) präsentiert, da musste er sein | |
| Maßnahmenpaket auch schon wieder aufschnüren. | |
| Kurz nach der Präsentation der Klimapläne musste Kerstan einräumen, was er | |
| bis dato der Öffentlichkeit verschwiegen hatte: Drei von 31 Paragraphen des | |
| Klimaschutzgesetzes – darunter auch der zum Einbauverbot von Ölheizungen – | |
| mussten zwingend von der EU geprüft und abgesegnet werden. | |
| Das Gesetz wurde deshalb im laufenden Wahlkampf als Torso verabschiedet. | |
| Erst im April konnten die von der EU nicht beanstandeten drei Paragraphen | |
| nachgetragen werden. Und wieder ließ sich Kerstan zu einer Falschaussage | |
| hinreißen: Durch den Nachtrag, beteuerte der Umweltsenator wörtlich, | |
| bestehe nun endlich „Rechts- und Planungssicherheit für alle Betroffenen. | |
| Das ist wichtig, weil das Verbot neuer Ölheizungen schon Ende 2021 wirksam | |
| wird“. | |
| Dass es aufgrund des geplanten Bundesgesetzes alles andere als Rechts- und | |
| Planungssicherheit gab, muss Kerstan gewusst haben. Erneut unterschlug er | |
| die absehbaren Probleme, wohl in der Hoffnung, noch eine Öffnungsklausel | |
| erreichen und sein Ölheizungsverbot so durchsetzen zu können. | |
| Wegen des gekippten Ölheizungsverbots forderte der Bund für Umwelt und | |
| Naturschutz (BUND) nun Nachbesserungen beim Klimaschutzplan. „Die | |
| Umweltbehörde muss offenlegen, wie die Einsparlücke von circa 400.000 | |
| Tonnen CO2 durch den Wegfall des Ölheizungsverbots aufgefangen werden | |
| kann“, erklärte Manfred Braasch, Geschäftsführer des BUND Hamburg. Schon | |
| bei der Präsentation des Klimaschutzplans hatte Braasch dem Senat | |
| vorgeworfen, dieser stehe „auf sehr wackligen Füßen“. | |
| Kerstan selbst reagierte, wie man es von ihm kennt: Attacke statt | |
| Selbstkritik. Konkrete Klimaschutzziele in den Kommunen auszubremsen sei | |
| „eine unverantwortliche Politik“, kritisiert er die fehlende | |
| Öffnungsklausel in dem Bundesgesetz. | |
| 24 Sep 2020 | |
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| [1] https://www.hamburg.de/klimaplan/ | |
| [2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/72512/schluss_mit_oelheizu… | |
| [3] https://www.bmi.bund.de/DE/themen/bauen-wohnen/bauen/energieeffizientes-bau… | |
| ## AUTOREN | |
| Marco Carini | |
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