# taz.de -- Grünen-Politikerin Annalena Baerbock: Kanzlerkandidatin trotz Lebe… | |
> Hat die Kanzlerkandidatin ungenaue Daten zu Uniabschlüssen gemacht, oder | |
> gar falsche Mitgliedschaften angegeben? Lesen Sie hier den Überblick. | |
Bild: Lebenslauf hin oder her – 98,55 Prozent ihrer Partei wählten sie zur K… | |
BERLIN taz | Für die Grünen läuft’s gerade nicht so. Nach der souveränen | |
Nominierung und Bestätigung von Annalena Baerbock zur Kanzlerkandidatin der | |
Grünen und dem kurzen Höhenflug der Partei sinken die Umfragewerte wieder. | |
Neben der verspäteten Meldung von Partei-Sonderzahlungen an die | |
Bundestagsverwaltung dürften auch Baerbocks ungenaue Angaben in ihrem | |
Lebenslauf nicht ganz unschuldig daran sein. | |
Die Grünen-Kanzlerkandidatin steht seit Tagen für [1][vermeintliche | |
Beschönigungen ihrer Vita in der Kritik]. Aber was genau hat Baerbock | |
eigentlich angegeben – und was wurde korrigiert? | |
In sozialen Netzwerken kursieren dazu viele Vorwürfe, viele davon sind | |
falsch. Tatsächlich tauchten jedoch an verschiedenen Stellen im Netz | |
ungenaue und falsche Angaben zu Baerbocks Lebenslauf auf, die inzwischen | |
korrigiert wurden. Im Kern ging es um drei Angaben: zu Baerbocks | |
akademischer Laufbahn, zu ihren Mitgliedschaften und ihrem Arbeitsort | |
während einer Tätigkeit für die damalige Europaabgeordnete Elisabeth | |
Schroedter. | |
Im Mai verwies die Süddeutsche Zeitung in einer Selbstkorrektur darauf, | |
dass Baerbock – anders als vorher angegeben – keinen Bachelorabschluss | |
habe. Daraufhin wurde auch der Lebenslauf auf Baerbocks Webseite | |
präzisiert. Vorher hieß es noch, Baerbock habe von 2000 bis 2004 | |
„Politikwissenschaften“ und „öffentliches Recht“ in Hamburg studiert, … | |
dass näher auf den Abschluss eingegangen wurde. Die Heinrich-Böll-Stiftung | |
hatte einen Bachelorabschluss auf ihrer Webseite vermerkt. | |
## Vordiplom ist kein Bachelor | |
In der neuen Version ihres Lebenslaufs wurde explizit ergänzt, dass sie in | |
Hamburg nur ein „Vordiplom“ erworben und öffentliches Recht lediglich im | |
„Nebenfach“ studiert habe. Ein Vordiplom ist nicht gleichwertig mit einem | |
Bachelorabschluss, sondern gar kein Abschluss. | |
Aber um ein Masterstudium an der London School of Economics zu beginnen, | |
reichte es damals. In Bezug auf dieses Masterstudium wurde auch ein anderer | |
Aspekt überarbeitet: Während vorher angegeben war, dass sie einen | |
Masterabschluss in „Völkerrecht“ an der LSE erworben habe, wurde das Fach | |
nun als „Public International Law“ bezeichnet. „Völkerrecht“ ist hierf… | |
eine gängige Übersetzung. Außerdem wurde der englische Titel des | |
Abschlusses ergänzt: „Abschluss: Master of Laws (LL.M.)“. | |
Weil im Netz unter dem Hashtag „Studieren wie Baerbock“ vielfach | |
angezweifelt wurde, dass sie überhaupt studiert habe, postete | |
Grünen-Sprecher Andreas Kappler sogar ihr Zeugnis auf Twitter. Übrigens | |
darf sich Baerbock auch Völkerrechtlerin nennen. Juristin ist sie aber | |
nicht, denn dafür wäre mindestens ein juristisches Staatsexamen notwendig | |
gewesen. Das behauptet Baerbock aber auch gar nicht. | |
Am 4. Juni machte der FAZ-Journalist Philip Plickert in einem Tweet auf | |
Unstimmigkeiten in anderen Bereichen von Baerbocks Lebenslauf aufmerksam. | |
Plickert kritisierte, dass Baerbock kein Mitglied des German Marshall Funds | |
war, sondern nur Alumna eines Fellowship Programms des Funds sei. | |
## Mitgliedschaft beim UNHCR? Nein. | |
Außerdem sei die von Baerbock angegebene Mitgliedschaft im | |
Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) gar nicht möglich. Und | |
er verwies darauf, dass Baerbock auf der Webseite der | |
Heinrich-Böll-Stiftung nicht als Mitglied des Beirates Transatlantik/Europa | |
aufgeführt sei, obwohl sie es angegeben habe. | |
Auch hier justierte Baerbock nach: Der vorher mit „Mitgliedschaften“ | |
überschriebene Teil ihres Lebenslaufs wurde in „Beiräte, | |
(Förder-)Mitgliedschaften, regelmäßige Unterstützung“ umbenannt. Zum Beir… | |
der Böll-Stiftung wurde in der aktualisierten Version vermerkt, dass sie | |
bereits „ausgeschieden“ sei. | |
Die Angabe zum German Marshall Fund wurde korrigiert. Statt dem UNHCR wird | |
in der Rubrik nun die UNO-Flüchtlingshilfe angegeben. Dieser Verein ist der | |
deutsche Spendenpartner des UNHCR. Laut Tagesschau sagte ein | |
Grünen-Sprecher, Baerbock spende seit 2013 regelmäßig an die Organisation. | |
Die Welt ist einige Tage später noch auf einen weiteren Aspekt gestoßen. | |
Auf der Webseite der Grünen wurde „Brüssel“ als Einsatzort während einer | |
Tätigkeit Baerbocks von 2005 bis 2008 für die damalige grüne | |
Europaabgeordnete Elisabeth Schroedter angegeben. Eigentlich leitete | |
Baerbock jedoch bis August 2007 die Büros in Berlin und Potsdam. Erst | |
danach war sie in Brüssel und Straßburg tätig. Die Grünen reagierten und | |
strichen die Ortsangabe. | |
## Jetzt stimmt alles, sagt Baerbock | |
Was von diesen Ungenauigkeiten zu halten ist, muss jeder und jede selbst | |
entscheiden. Baerbock hat sich jedenfalls mehrfach entschuldigt und | |
beteuert, es habe sich nicht um willentliche Beschönigungen gehandelt. | |
Am Donnerstagabend sagte sie in der ARD-Sendung Farbe bekennen: „Ich habe | |
da offensichtlich einen Fehler gemacht und das tut mir sehr, sehr leid, | |
weil es ja eigentlich in diesen Momenten um große andere Fragen gerade in | |
unserem Land geht.“ Außerdem versicherte Baerbock, es seien keine weiteren | |
Änderungen ihres Lebenslaufs notwendig. | |
12 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Julian Jestadt | |
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