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# taz.de -- Gesprengte Geldautomaten: Gekniffen ist der Kunde
> In Niedersachsen steigt die Zahl der Geldautomatensprengungen auf ein
> Rekordhoch. Ärgerlich ist, dass künftig die Kunden darunter leiden
> werden.
Bild: Die Banden sprengen weg, was im Weg ist – ohne Rücksicht auf Anwohner …
Mal wieder gibt es in Niedersachsen [1][Aufregung um
Geldautomaten-Sprengungen.] Das Phänomen ist schon länger bekannt: Weil
niederländische Banken ihre Geldautomaten mit Schutztechnik nachgerüstet
haben, treiben die auf dieses Geschäft spezialisierten Banden nun bevorzugt
in Niedersachsen ihr Unwesen.
Das ist über die Autobahnen gut zu erreichen und noch viel schneller wieder
zu verlassen, vor allem, wenn man sich nicht scheut, mit 300-PS-Karren
ordentlich Gas zu geben, während die Polizei nur noch hinterhergucken kann.
Für all dies hat der niedersächsische Innenminister Boris „Auch Sozis
können Law & Order“ Pistorius nun einmal mehr markige Worte gefunden.
Bei seiner jährlichen Pressekonferenz zum „Lagebild organisierte
Kriminalität“ geißelte er die Rücksichtslosigkeit dieser Banden – immerh…
nehmen die mit ihrem Plastiksprengstoff locker in Kauf, das angrenzende
Wohnhäuser beschädigt werden oder in Brand geraten, von der
Verletzungsgefahr für Passanten oder andere Verkehrsteilnehmer bei den
halsbrecherischen Fluchtfahrten einmal ganz zu schweigen.
Pistorius machte allerdings auch deutlich, dass er an dieser Stelle mehr
von den betroffenen Banken erwartet. Die sollten – nach niederländischem
Vorbild – ihre Geldautomaten nachrüsten und mit Farbbomben oder
Klebetechnik dafür sorgen, dass die Beute unbrauchbar wird.
## Die Banken sind beleidigt
Für den Fall, dass sie dies nicht in ausreichendem Maße tun, kündigte er
schon einmal eine Bundesratsinitiative an, mit der man die unwilligen
Banken in die Pflicht nehmen wolle. Das stößt nun wiederum einigen der
betroffenen Bankenverbände ziemlich sauer auf, [2][wie der Weser-Kurier
zuerst berichtete.]
Der zitiert aus einem Schreiben von Sparkassenverbands-Präsident Thomas
Mang und den Vorständen von zwei Genossenschaftsverbänden an Pistorius:
„Öffentlich verbreitete Pauschalvorwürfe und sachlich verkürzte
Darstellungen helfen allen Beteiligten an dieser Stelle sicher nicht
weiter.“
Immerhin sagen die Bänker, hätten sie bereits erhebliche Mittel investiert,
vor allem in die Reduzierung von Fluchtmöglichkeiten, Vernebelungsanlagen,
Einfärben der Geldkassetten und nächtliche Schließungen.
Im Übrigen gebe es ja schon lange Gespräche zu diesem Thema, eine
entsprechende Kooperationsvereinbarung zwischen Ermittlungsbehörden,
Kreditwirtschaft und Innenministerium sei aber bisher nicht unterzeichnet
worden.
## Maßnahme Nr. 1: Verkürzung der Öffnungszeiten
An der von Pistorius so gern hervorgehobenen Klebetechnik gebe es einen
Haken – die sei bisher nämlich gar nicht zugelassen. Sie scheitert
möglicherweise – das deutet zumindest [3][das Hintergrundmagazin
„Rundblick“] an – auch daran, dass die Bundesbank sich bisher weigere, die
auf diese Art und Weise unbrauchbar gemachten Geldscheine zu ersetzen. Für
die zerstörten Geldautomaten kommt dagegen in der Regel die Versicherung
auf.
Gekniffen ist bei alldem mal wieder der Kunde. Maßnahme Nr. 1 der Banken
ist nämlich häufig eine Verkürzung der Öffnungszeiten. Und wenn der
Unterhalt von Geldautomaten deutlich teurer wird, kann man sich ausrechnen,
dass dies ziemlich sicher den Abbau weiterer Standorte nach sich ziehen
wird. So kann man dem viel beklagten Bargeldfetisch der Deutschen natürlich
auch beikommen.
Die Frage ist nur, wer dabei nun wieder auf der Strecke bleibt: Vermutlich
vor allem die Senior*innen, die auf eine wohnortnahe Versorgung angewiesen
sind und solchen Dingen wie Kartenzahlungen und [4][Onlinebanking eher
skeptisch gegenüber] stehen.
Die müssen ihr Bargeld möglicherweise künftig an der Supermarktkasse oder
Tankstelle holen. Dieser Service wird immerhin immer weiter ausgebaut – bei
manchen sogar schon ohne Mindesteinkaufswert.
27 Dec 2022
## LINKS
[1] /Rekord-bei-Sprengungen-von-Geldautomaten/!5899979
[2] https://www.weser-kurier.de/niedersachsen/politik/ueberfaelle-auf-geldautom…
[3] /Infos-fuer-Insider/!5347161
[4] /Smartphone-Banking-boomt/!5858473
## AUTOREN
Nadine Conti
## TAGS
Organisierte Kriminalität
Kriminalität
Boris Pistorius
Niedersachsen
Verteidigungsminister
Organisierte Kriminalität
Bargeld
Smartphone
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