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# taz.de -- Bezahlen in Skandinavien: Renaissance des Bargelds
> Skandinavien war auf dem Weg in die bargeldlose Gesellschaft. Der Krieg
> in der Ukraine scheint das zu beenden.
Bild: In Schweden werden nur noch acht Prozent aller Transaktionen im Handel mi…
Berlin taz | Schweden ist auf dem Weg in eine bargeldlose Gesellschaft weit
vorangekommen. Im vergangenen Jahr hatten lediglich etwas mehr als ein
Drittel der SchwedInnen überhaupt noch Münzen oder Scheine bei sich. Im
Handel werden nur noch acht Prozent aller Transaktionen mit Bargeld
abgewickelt. Vor vier Jahren war dieser Anteil immerhin noch doppelt so
hoch gewesen. Als Folge dieser Entwicklung ist die Zahl der Geschäfte, die
mit dem Hinweis „kontantfri butik“ den Umgang mit Bargeld ganz ablehnen,
gewachsen. Auch die überwiegende Zahl der Bankfilialen sind schon seit
Jahren „kontantfria“.
Jetzt scheint ein Umdenken eingesetzt zu haben. Laut einer in der
vergangenen Woche veröffentlichten Untersuchung trugen im Mai 2022 44
Prozent der SchwedInnen wieder Bargeld bei sich. Eine Steigerung um 7
Prozentpunkte seit März 2021. Es sei wohl eine Kombination von
Geschehnissen in den letzten Monaten, die zu einem Anstieg des
Krisenbewusstseins geführt haben, meint Anna Teljfors von der staatlichen
Krisenbereitschaftsbehörde MSB. Die entsprechende Tendenz sei bereits vor
dem Krieg in der Ukraine sichtbar gewesen und offenbar auch dadurch
ausgelöst worden, dass sich in kurzer Zeit gleich mehrfach die Anfälligkeit
der digitalen Infrastruktur gezeigt habe.
Zum Beispiel hatte [1][im vergangenen Sommer ein Hackerangriff] die
Bezahlsysteme gleich mehrerer Ladenketten bis zu eine Woche lang
lahmgelegt. Alle paar Wochen müssen einzelne Banken melden, dass ihre
Kreditkarten oder digitalen Bezahlsysteme zeitweise ausgefallen sind. Erst
am Samstag waren bei den KundInnen der größten schwedischen Bank wegen
einer „Störung“ erneut sechs Stunden lang keine Transaktionen über die
Bezahl-App „Swish“ möglich. Und kommt es zu Stromausfällen, läuft sowieso
gar nichts mehr.
Da man offenbar davon ausgeht, dass viele Menschen mittlerweile den Umgang
mit Bargeld verlernt haben, sendete das öffentlich-rechtliche Fernsehen
kürzlich eine Anleitung: „So kommst du an 2.000 Kronen“. Und demonstrierte,
wie man es anstellt, Banknoten in den passenden Werten aus dem
Geldautomaten zu erhalten oder sich einzuwechseln.
## Einige halten Bargeld für unverzichtbar
Bei der finnischen Zentralbank sieht man einen ähnlichen Bargeld-Trend,
sagt Kari Takala, der dortige Abteilungsleiter für Bezahlsysteme. In der
Grenzregion zu Russland sei sie fast doppelt so hoch wie beispielsweise in
Helsinki. In einer Umfrage erklärte ein Drittel der FinnInnen, dass sie nun
mehr Bargeld zu Hause hätten als vor Beginn des Kriegs. In Schweden war
[2][zu Anfang des Kriegs] eine ähnliche Tendenz zu beobachten.
So ein vorübergehender Denkanstoß sei aber nicht ausreichend, um den Zugang
zu Bargeld wirklich auf Dauer zu sichern, sagt Anna Telfjors von MSB: „Aus
demokratischer Sicht ist es wichtig, dass Bargeld erhalten bleibt, es ist
[3][die einzige Zahlungsmöglichkeit, zu der jeder Zugang hat].“
27 Jul 2022
## LINKS
[1] /Knapp-800-Supermaerkte-in-Schweden-zu/!5784023
[2] /Bundestag-sagt-Ja-zu-Nato-Erweiterung/!5866397
[3] /Kryptowaehrungen-und-Cybercrime/!5837978
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Bargeld
Schweden
Finnland
Mobiles Bezahlen
Organisierte Kriminalität
Nordstream
Russland
9-Euro-Ticket
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