# taz.de -- Forderung nach Lieferkettengesetz: Firmen wollen staatliche Vorgaben | |
> Ein Gesetz soll Zulieferer zu höheren Sozial- und Umweltstandards | |
> verpflichten. Ausgerechnet berüchtigte Firmen fordern das. | |
Bild: Zum Beispiel Modeketten: Wie sehen die Sozial- und Umweltstandards in der… | |
BERLIN taz | Noch mauern Wirtschaftsverbände wie der Bundesverband der | |
Deutschen Industrie (BDI) und die Vereinigung der Arbeitgeber (BDA). Doch | |
[1][große Unternehmen fordern mit Nachdruck ein Lieferkettengesetz], das | |
die weltweiten Arbeits- und Umweltbedingungen verbessern soll. | |
In einem Positionspapier, welches der taz vorliegt, sprechen sich unter | |
anderem Adidas, BMW, Bayer, Daimler, Deichmann, H&M, Mondelēz, Nestlé und | |
Philips „grundsätzlich für eine hinreichend klare und praktisch umsetzbare | |
EU-weite Rahmenordnung aus“. | |
Es geht um Probleme wie diese: Die Beschäftigten in den Fabriken Asiens | |
bekommen für das Nähen von T-Shirts, Jeans und Sportschuhen meist viel zu | |
niedrige Löhne. Der Nahrungsmittelkonzern Nestlé musste sich beispielsweise | |
mit dem Vorwurf der [2][Kinderarbeit] auf Kakaoplantagen in Westafrika | |
auseinandersetzen. Autohersteller haben Probleme mit Rohstoffen wie Leder | |
und Metall, die aus ökologisch und sozial bedenklicher Produktion stammen. | |
Das Positionspapier der Firmen liefert Unterstützung für | |
Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) und Arbeitsminister Hubertus Heil | |
(SPD), die am Entwurf eines Lieferkettengesetzes arbeiten. | |
## Paradox: Firmen für Regulierung | |
„Nestlé begrüßt eine gesetzliche Regulierung zur Definition der | |
menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten für Unternehmen“, sagt dagegen Achim | |
Drewes, Cheflobbyist des Konzerns in Deutschland. Auch der zunächst | |
nationale Ansatz, den Müller und Heil vorantreiben, sei in Ordnung. „Wir | |
können mit einer nationalen Regelung leben – in der Hoffnung, dass sie | |
Dynamik in die Debatten der EU bringt“, urteilt Drewes. „Dabei ist eine | |
europaweite Regulierung unser zentrales Anliegen.“ | |
[3][Verzögern wollen diesen Prozess hingegen sowohl der BDI als auch der | |
BDA.] Erst an diesem Montag veröffentlichte der BDI eine entsprechende | |
Erklärung. Die Situation erscheint paradox: Warum bitten Unternehmen um | |
Regulierung durch den Staat? Eine Antwort: Firmen wie Nestlé haben schon | |
selbst versucht, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, weil sie | |
beispielsweise Kinderarbeit als wirtschaftliches, juristisches und | |
Image-Risiko betrachten. Solche Bemühungen verursachen jedoch Kosten, die | |
sich Konkurrenten, die weitermachen wie früher, sparen. | |
Gäbe es ein deutsches oder europäisches Lieferkettengesetz, müssten es alle | |
Firmen anwenden. „Ein derartiges Gesetz würde die Kostennachteile der | |
Unternehmen reduzieren, die schon höhere menschenrechtliche Standards | |
umsetzen“, sagt Drewes. | |
4 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Arbeitsbedingungen-bei-Zulieferern/!5645051&s=lieferkettengesetz/ | |
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[3] /Verbaende-torpedieren-Lieferkettengesetz/!5663651&s=lieferkettengesetz/ | |
## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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