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# taz.de -- Folgen des Wahlchaos in Berlin: Zurück an die Urnen
> Die Bundestagswahl in Berlin soll teilweise wiederholt werden. Darauf hat
> sich die Ampel geeinigt. Die endgültige Entscheidung fällt im Oktober.
Bild: Anstehen vor Abstimmen: Vielerorts bildeten sich bei der Wahl 2021 lange …
Berlin taz | Viele Berliner*innen dürfen in Kürze voraussichtlich noch
einmal wählen gehen. Die Ampel-Obleute im Wahlprüfungsausschuss des
Bundestags haben sich am Donnerstag darauf verständigt, dass die
Bundestagswahl in rund 400 der insgesamt 2.300 Berliner Wahllokale
wiederholt wird. Entsprechende Medienberichte bestätigte die
Ausschussvorsitzende Daniela Ludwig (CSU) am Freitag der taz auf Nachfrage.
Grund für die Wiederholung sind [1][die zahlreichen Pannen bei der
Abstimmung] am 26. September 2021.
Der Vorstoß der Koalition kam überraschend – eigentlich war nicht mehr mit
einer Einigung vor der Sommerpause gerechnet worden –, und er bleibt
deutlich hinter den Empfehlungen des Bundeswahlleiters zurück. Dieser hatte
nach einer Anhörung im Mai eine Wiederholung der Bundestagswahl in sechs
der zwölf Wahlkreise gefordert, also in etwa 1.200 Wahllokalen. Der
Ampel-Vorstoß unterscheidet sich zudem dadurch, dass offenbar Wahllokale in
allen zwölf Wahlkreisen betroffen sind.
Am 26. September durften die Berliner*innen gleich vier Mal abstimmen.
Die Wahlen zum Bundestag, zum Berliner Abgeordnetenhaus, zu den zwölf
Bezirksparlamenten sowie die Abstimmung über den Volksentscheid Deutsche
Wohnen und Co. enteignen fanden parallel statt – unter Pandemiebedingungen
und zeitgleich mit dem Berlin-Marathon in der Innenstadt mit zehntausenden
Teilnehmer*innen und noch mehr Zuschauer*innen.
In der Folge kam es [2][zu zahlreichen Pannen]: Stimmzettel wurden
fehlerhaft ausgeliefert oder gingen aus; vielfach bildeten sich lange
Schlangen vor den Wahllokalen mit Wartezeiten von bis zu zwei Stunden; auch
lange nach 18 Uhr wurden noch Stimmen abgegeben.
Erst am Mittwoch hatte eine vom Senat eingesetzte
Expert*innenkommission [3][der Berliner Politik schwere Vorwürfe
gemacht]: Die Komplexität der Vierfachwahl sei komplett unterschätzt
worden, ein Wirrwarr von Kompetenzen zwischen Land und Bezirken habe zu
folgenschweren Fehleinschätzungen geführt, der damalige Innen- und heutige
Bausenator Andreas Geisel (SPD) trage ein Mitschuld an dem Debakel.
Die Vorsitzende des Wahlprüfungsausschusses des Bundestag hält angesichts
dieser vielen Pannen die Pläne der Ampel-Obleute auch nicht für
ausreichend. Vielmehr versuche die rot-grün-gelbe Koalition im Bund, das
Wahldebakel kleinzureden, sagte Daniela Ludwig der taz. „Es muss, wie vom
Bundeswahlleiter gefordert, in über 1.200 Wahllokalen noch mal gewählt
werden. Alles andere ist ein mutloser minimalinvasiver Eingriff, der das
Vertrauen in demokratische Institutionen noch weiter erschüttert.“
Eine endgültige Entscheidung über eine partielle Wahlwiederholung ist in
der Ausschussitzung am Donnerstag noch nicht gefallen: Die muss der
Bundestag mit Mehrheit treffen. Laut Ludwig soll sich der Ausschuss Anfang
September noch mal mit der Thematik beschäftigen, im Oktober könnte das
Plenum dann darüber abstimmen.
## Noch keine Entscheidung über die Abgeordnetenhauswahl
Nicht betroffen von der Entscheidung im Bund ist eine eventuelle, zumindest
teilweise Wiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus. Über zahlreiche
Einsprüche gegen deren Ergebnis muss der Berliner Verfassungsgerichtshof
entscheiden. Die Verhandlung darüber ist für Ende September angesetzt, eine
Entscheidung dürfte also bis Ende des Jahres fallen.
Bei der amtierenden Berliner Landeswahlleiterin Ulrike Rockmann zeigte man
sich am Freitag ebenfalls überrascht von dem Vorstoß der Ampel-Koalition.
Doch Rockmann hält eine teilweise Wiederholung der Bundestagswahl weiterhin
für unnötig. Die zentrale Frage bleibe, ob die Pannen bei der Wahl im
vergangenen September Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundestags
gehabt hätten, sagte sie am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. „Ich
bleibe bei meiner Einschätzung, dass ich nicht die empirische Grundlage für
eine Wahlwiederholung sehe.“ Rockmann hatte diese Position schon Ende Mai
bei einer Anhörung des Wahlprüfungsausschusses des Bundestags vertreten.
Zudem hofft man im Hause Rockmann man auf baldige Verstärkung: Nach dem
Rücktritt von Landeswahlleiterin Petra Michaelis kurz nach den Wahlen
aufgrund der vielen Pannen führt Rockmann das Amt nur so lange, bis eine
Nachfolgerin benannt ist. Wann das passiert, ist unklar – in Rockmanns Büro
hofft man auf eine „baldige“ Entscheidung und Verstärkung.
Das wäre auch sinnvoll, schließlich ist mit dem Ampel-Vorstoß absehbar,
dass in Berlin früher als bisher wieder Wahlen stattfinden. Die nächsten
planmäßigen Wahlen wären die zum Europaparlament im Frühjahr 2024.
Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) wollte sich am
Freitag nicht zu dem Thema äußern. „Wir kommentieren das nicht“, teilte
eine Sprecherin der Senatskanzlei auf Anfrage der dpa mit.
8 Jul 2022
## LINKS
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## AUTOREN
Bert Schulz
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